Kenjis Tempel
Dieser Tempel enthält Informationen, die vorerst nur für Kenji bestimmt sind.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Kenjis Traum über das unbekannte Opfer von Ilmors Ritual
- 2 Kenjis Träume in L'yreh
- 3 Die Erinnerung des Geistes
- 4 Kenjis mögliche Erkenntnisse aus seinen Beobachtungen von Octavia
- 5 Ignus Abmachung und Iobis Manipulation
- 6 Checkliste für Kenjis Pläne
- 7 Ein Erlebnis aus Kenjis Vergangenheit
- 8 Iustus Informationen für Kenji
- 9 Kenjis Epiphanien und Visionen
- 9.1 Kenjis Epiphanie im Gebet mit Roana (14. Nauloar 351 i.J.P.)
- 9.2 Hjorts Traum (17. Nauloar 351 i.J.P.)
- 9.3 Kenjis Epiphanie im Gebet mit Hjort (17. Nauloar 351 i.J.P.)
- 9.4 Kenjis Vision im Gebet (25. Nauloar 351 i.J.P.)
- 9.5 Kenjis Trance (8. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.6 Kenjis kurze Gebetsvision (11. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.7 Kenjis apokalyptische Vision (12. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.8 Kenjis Traum (15. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.9 Kenjis Reaktionen auf Feuerzauber (16. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.10 Kenjis Traumvision in der Schlammkammer (17. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.11 Kenjis Vision in der Wasserkammer (18. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.12 Kenjis Traum in der Roten Festung (18. Astoar 351 i.J.P.)
- 9.13 Kenjis Sichtungen in der Roten Festung (18. Astoar 351 i.J.P.)
- 10 Kenjis Wissen über Derian
- 11 Pyrrhons Brief
- 12 Großes Passionengebet
- 13 Kenjis kronstädter Kontakte
- 14 Die Villa des Aequus
- 15 Kenjis Hintergrundwissen über die letzten Jahre in Kronstadt
- 16 Kenjis Gebet in der Nacht zum 22. Loar 351 i.J.P.
- 17 Geschichte von Kenjiro Asai
- 18 Informationen für Kenjis Biografie
- 19 Information Mamercus Porcius Mucus
- 20 Letzte Nacht
- 21 Depesche an den Bund des Lichtes
- 22 Links
Kenjis Traum über das unbekannte Opfer von Ilmors Ritual
Du befindest dich in einem dunklen Nichts und nimmst wahr, dass du von einer hell leuchtenden Biene umkreist wirst, deren Flügel in einem schillernden Glanz erstrahlen, als wären sie aus den kostbarsten Edelsteinen geformt. Nachdem sie einige Kreise um dich gezogen hat, setzt sich das funkelnde Geschöpf schließlich mit anmutiger Eleganz auf deine Handfläche und vollführt einen Stich. Es schmerzt nicht, als ihr kristalliner Stachel deine Haut durchbohrt, doch du spürst, wie ein geheimnisvolles Elixier deinen Leib durchflutet und eine unerwartete Metamorphose einleitet:
„Du bist nicht länger Kenji, sondern ein junger Mann aus dem Süden von Barsaive, der in den tiefen Wäldern arbeitet und mächtige Bäume zu Fall bringt. Du bist im Begriff, deine Axt zu schwingen, um dem massiven Stamm vor dir einen entscheidenden Schlag zu versetzen, als plötzlich unheilvolles Grunzen und das Echo schwerer Schritte durch den Wald hallen.Du wirfst einen Blick umher und siehst eine Schar von Orks, die auf dich zustürmen. Sie wirken gespenstisch, denn ihr Fleisch scheint ihnen von den Knochen zu hängen, als gehörten sie bereits dem Reich der Toten an. Sie ergreifen dich und werfen dich in einen finsteren Käfig. Dort findest du bereits andere Männer aus deiner Heimat, zusammengepfercht wie Vieh, und ihr werdet als Gefangene auf ein Schiff verfrachtet. Die Zustände im überbelegten Verlies sind erbärmlich, und einige deiner Leidensgenossen scheiden dahin, noch bevor die Reise beginnt. Weitere verlieren ihr Leben auf der endlos erscheinenden Seefahrt.
Als das Schiff schließlich anlegt, zwingen euch düstere Kultisten, in eine eiserne Kutsche zu steigen, die auf dem Rücken einer gigantischen Seeschlange ruht und von einem Mann mit Tentakeln im Gesicht gesteuert wird. Diese bringt euch in die Tiefen des Meeres zu einem Ort, der grausamer ist als alles, was du dir je hättest ausmalen können.
Nachdem du die Qualen dieser entsetzlichen Gefangenschaft über Wochen ertragen hast, wird dir schließlich offenbart, dass du letztlich als Opfergabe in einem finsteren Zeremoniell enden sollst. Doch dann nimmt das Schicksal eine unerwartete Wendung.
Wie durch ein Wunder überlebst du das Ritual, da der Schnitt des Kultisten in deinem Hals nicht tief genug war, um vollständig zu verbluten. In dem Moment, in dem du dir wünschst, er hätte gründlicher gehandelt, um deine Pein zu beenden, erblickst du unerwartet eine Gruppe von legendären Helden, die du aus den Sagen deiner Heimat kennst. Du traust deinen angeschwollenen Augen kaum, aber sie nehmen den Kampf gegen die grausamen Kultisten und ihre dämonischen Verbündeten auf, welche gerade versucht haben, dich für ihre finsteren Zwecke zu opfern.
Die Helden erweisen sich ihrer Legende würdig und kämpfen unerschrocken. Als sie die Feinde glorreich überwinden, denkst du nur: „Errettet! Das Gute hat triumphiert! Die Passionen seien gepriesen!“
Mit deiner letzten Kraft gelingt es dir, einen schwachen Hilferuf zu äußern.
Als daraufhin ein blonder Krieger in leuchtender Rüstung auf dich zugeht, keimt Hoffnung in dir auf, dieser Hölle lebend zu entfliehen. Doch deine freudige Erwartung weicht unerklärlicher Bestürzung, als der blonde Krieger statt dich zu befreien, seinen Dolch zieht und ihn gegen deine Brust richtet.
„WARUM?!“
Dieses Wort hallt in deinem Geist wider, während die eisige Klinge dein Herz durchbohrt. Du schaust voller Entsetzen in die kühlen und unbarmherzigen Augen des Kriegers, als du deinen letzten Atemzug tust.“
Und dann bist du wieder Kenji. Die leuchtende Biene ist nicht mehr da, und du stehst allein und verlassen in einem unermesslichen Dunkel. Du erwachst...
Kenjis Träume in L'yreh
15.
Du wendest den Blick von der brennenden Hütte ab, nur um zu sehen, wie eine blonde Theranerin von einem weiteren Angreifer mit einem Schwerthieb brutal geköpft wird. Bei diesem Anblick durchfährt dich ein großer Schmerz, der sich in einer gewaltigen Feuerexplosion entlädt. Die Hütte hinter dir wird dabei in Stücke gerissen. Du hörst noch, wie zuvor zwei Personen schreiend aus dem Haus flüchten.
14.
Du hörst eine eisige Brise durch die dunklen Tannen fegen und fröstelst leicht. Du musst daran denken, was es für deinen Bruder in der fernen Heimat bedeuten würde, wenn alle erfahren, dass dein vorgetäuschter Tod lediglich ein politischer Schachzug war. Plötzlich explodieren deine Hände und setzen die Decke eines deiner Gefährten in Brand. Dieser schreckt daraufhin hoch und muss sich die Flammen am Körper ausklopfen.
13.
Du blickst zu einem blonden Knaben und zeigst wütend mit dem Finger auf ihn. Gerade, als du ihm verärgert etwas vorwerfen wolltest, entlädt sich plötzlich eine Flamme aus deinem Finger. Du siehst einen berennenden Umhang und rennst dann davon.
12.
Du stehst vor einem durchnässten Mann, der einen Dolch in der Hand hat. Du stellst ihn zur Rede und fragst immer wieder verzweifelt: „Wo ist er? Was hast du mit ihm gemacht? Was hast du getan?“ Mit jeder Frage merkst du, wie deine Wut zu einer unbeherrschbaren, explosiven Gewalt heranwächst.
11.
Du betrittst eine tiefe, dunkle Schlucht und spürst sofort eine große Gefahr. Dein Gefährte, ein großer, starker Mann hat sich verändert. Du spürst, dass er gerade nicht er selbst ist. Auch du spürst, dass etwas deine Sinne vernebelt und du hast das Gefühl, das sich die Gestalt deines Gefährten verändert.
10.
Du hältst Stroh in deinen Händen und beginnst dieses wütend mit deinen Händen zu zerreißen und es durch die Gegend zu werfen. Dabei bemerkst du plötzlich einen verkokelten Geruch, der von deinen Händen ausgeht. Das Stroh hat Feuer gefangen.
9.
Du siehst vor dir ein kleines Mädchen mit einem aufwändig besticktem Kleid. Sie fragt spöttisch: „Und wo ist eigentlich dein Bruder? Wenn du ihm etwas bedeuten würdest, wäre er doch sicher zu deinem Geburtstag gekommen. Dann könnte er dir vielleicht auch gleich das Laufen beibringen!“ Sie deutet auf dein beflecktes Kleid und du hörst das laute Kichern von mehreren, schrillen Mädchenstimmen.
8.
Du hältst deinem Angreifer die Hände entgegen und plötzlich schießen Flammen aus diesen hervor. Sie entfachen den Feind, welcher daraufhin brennend durch das hölzerne Zimmer rennt und dieses in Brand steckt. Du läufst an ihm vorbei und entkommst nach draußen.
7.
Du blickst zu einem blonden Knaben und schreist diesen verärgert an: „Unser Onkel! Immer dreht sich alles nur um ihn! Du hast mich im Stich gelassen und bist fortgegangen! Nun bin ich hier ganz allein in diesem fremden Land, wo alle Menschen uns hassen!
6.
Du hältst deine Lyra in der Hand und möchtest dein neu erlerntes Lied vorspielen. Eine ernst blickende, blonde Frau sagt: „Mein Kind, wir haben wirklich keine Zeit für dich! Dein Onkel sorgt hier gerade für allerlei Veränderungen, die uns derzeit sehr beschäftigen. Es tut mir leid, dass dein Bruder fortgehen musste, aber nun musst du dich allein beschäftigen."
5.
Du ziehst deine Decke bei der eisigen Kälte etwas höher, während du ein Käuzchen in den Baumwipfeln schreien hörst. Du denkst immer wieder daran, was du getan hast. Wie du alle mit deinem Tod belogen hast. Du hättest dich nie auf all die Lügen einlassen sollen. Insbesondere aus der Politik hattest du dich heraushalten sollen.
4.
Du stehst vor einer Steinwand und blickst in ein Loch. Neben dir hörst du Wasser plätschern. Plötzlich spürst du an der Seite deines Brustkorbes einen schmerzhaften Stich. Du bist besorgt und weißt, dass gerade etwas Schreckliches geschehen ist.
3.
Du siehst vor dir einen reich gedeckten Tisch mit süßem Gebäck. Mehrere hohe Mädchenstimmen kichern in der Umgebung und scheinen sich zu amüsieren. Eine der Stimmen sagt: „Mein Vater sagt, dass Theraner eigentlich unsere Feinde sind!“
2.
Du siehst einen steinigen Pfad vor dir, den du neugierig folgst. Hinter dir geht ein großer, muskulöser Mann, welcher dir sagt: „Wir sollten umkehren, bevor wir uns hier verlaufen! Du weißt doch, dass die Königin uns vor dieser Gegend gewarnt hat.“ Du winkst ab und sagst: „Dieser Ort ist einzigartig und voller Magie. Ich will noch nicht umkehren!“
1.
Du blickst in ein dunkles Zimmer. Von der Tür hörst du ein knarzendes Geräusch. Du spürst ein große Gefahr.
Die Erinnerung des Geistes
Der Elben-Geist dringt in deine Gedanken vor und übermittelt dir traumhafte Bilder. Du fühlst dich dabei nicht wie du selbst und – ähnlich wie bei Uselias Visionen – hast du das Gefühl, die Erinnerung von jemand anderem zu erleben:
„Du befindest dich in einem wunderschönen Wald, der dich an Dogeons Zuflucht erinnert. Zwischen den goldenen Bäumen strömen jedoch zahlreiche, schlangenartige Dämonen hervor und tauchen einen Teil der idyllischen Kulisse in eine tiefe Dunkelheit.
Du ziehst ein goldenes Schwert und beginnst gegen diese grauenhaften Eindringlinge mit eleganten und präzisen Hieben anzukämpfen. Neben dir siehst du zahlreiche, gerüstete Elben, welche es dir gleichtun und sich in den Kampf gegen die finsteren Feinde stürzen. Du weißt, dass es sich bei ihnen um deine treuen Brüder handelt.
Du blickst dich dann kurz in die Mitte des Kreises um, welchen du und deine Kampfgefährten Rücken an Rücken gebildet haben, um jemanden zu beschützen. Dort erblickst du einen sehr jungen, kindlich wirkenden Elb, der auf dem Boden kniet. Als einziger ist er nicht gerüstet und trägt eine lange, grün-funkelnde Robe, welche mit Eschenblättern verziert ist. Mit seinen Händen drückt er einen kleinen Gegenstand schützend an seine Brust. Von seiner Stirn tropft frisches Blut herab. Du spürst, dass dieser Knabe dir sehr nah steht und dass du alles für ihn tun würdest. Du erinnerst dich sogar, dass du und deine Brüder geschworen haben, dass ihr diesen jungen Elb mit Leib und Seele beschützen werdet. Dieser Eid ist gerade alles, was für dich von Bedeutung ist!
Als du dich jedoch wieder nach vorne umdrehen willst, erhältst du plötzlich einen sehr harten Schlag auf den Kopf und verlierst dein Bewusstsein.
--- Szenenwechsel ---
Du befindest dich in einer großen, unterirdischen Kammer, welche du als den gleichen Ort identifizieren kannst, an welchen sich auch gerade der „echte Kenji“ befindet. Die Wände sind noch nicht mit Blasentang bewachsen, aber du kannst den Raum an seiner eigentümlichen Form wiedererkennen.
Du liegst bäuchlings neben einigen deiner elbischen Gefährten auf dem Boden und ihr alle seid gefesselt. Du blickst dich um und siehst, dass der Raum mit Folterbänken und den unterschiedlichsten Folterwerkzeugen ausgestattet ist. Von den Seiten hörst du überall schmerzerfüllte Schreie und Leichenberge türmen sich an den Seiten der Wände hoch. Es stinkt bestialisch nach verrottendem Fleisch und Verwesung. Dein Kopf schmerzt und du spürst, dass du schwer verletzt zu sein scheinst.
Trotz der furchtbaren Umstände und deiner Schmerzen liegt deine Aufmerksamkeit jedoch auf einer Gruppe von drei hochgewachsenen, dunkelhäutigen Dämonen, die einige Meter neben dir stehen. Diese besitzen seltsam langgezogene Tierkopfe und liefern mit ihren schwarzen Hörnern und spitzen Zähnen einen sehr angsteinflößenden Anblick. Sie tragen eine Art Lendenschurz, der bis zum Boden hinabwallt. Ein Dämon trägt einen davon in Grün, einer einen in Schwarz und einer einen in Rot.
Der Dämon mit dem schwarzen Schurz geht schließlich auf dich und deine Gefährten zu und zieht einen Elben aus eurer Gruppe zu sich nach oben. Es handelt sich um den Jüngling in der grünen Blätter-Robe. Du siehst nun, dass dieser etwas gold-reflektierendes um seinen Hals trägt, wo er zuvor schützend seine Hände vorgehalten hatte. Der Dämon packt ihn brutal mit seinen schwarzen Krallen und nimmt ihn mit zu einem großen, fünfeckigen Tor, welches sich im gleichen Raum zwischen zwei hohen, schwarzen Säulen befindet. Um dieses zu öffnen, betätigt er einen langen Hebel an der Wand. Dann verschwindet er mit dem jungen Elb in dem dahinterliegenden Raum und du fühlst dich in dem Moment als entsetzlicher Versager, denn du realisierst, dass du deinen Schwur, nicht einhalten konntest. Dieser Knabe, dem du geschworen hattest, ihn mit aller Macht zu schützen, ist nun hoffnungslos verloren!
Die kurze Trauer über deinen Eidbruch wird dann jedoch gewaltvoll unterbrochen, da auch du und deine verbliebenen Gefährten von anderen, kleineren Dämonen gepackt, hochgezogen und auf ein großes, rundes Gitterrost gezogen werden. Dort werdet ihr mit den Armen an dicken, kalten Eisenketten gefesselt und zur Decke hochgezogen. Dann spürst du nur noch, wie dir eine Spitze Klinge in die Eingeweide gerammt wird. Der Schmerz ist unerträglich und du spürst, dass du gerade langsam ausblutest, während dir von gierigen Klauen deine Gedärme aus dem Unterleib gezogen werden. Während du dann noch ein lautes Schmatzen von unten vernehmen kannst, geht dir trotz deiner Qualen ein letzter Gedanke durch den Kopf. Dieser lautet:
„Wir haben ihn im Stich gelassen! Wir haben versagt!“.
Dann wird alles schwarz und der Traum endet.
Kenjis mögliche Erkenntnisse aus seinen Beobachtungen von Octavia
Kenjis Vermutungen zu Octavias allgemeiner Einstellung zum anderen Geschlecht
Wer Octavia besser kennt, weiß, dass sie ein Mensch ist, der sich hauptsächlich nur um eine Beziehung in ihrem Leben wirklich bemüht, da diese bei ihr besonders herausfordernd ist: nämlich die zu sich selbst. Da es immer schon ihr oberstes Ziel war, irgendwann die volle Kontrolle über ihre Emotionen und damit gleichzeitig auch über ihre Magie zu erlangen, spielten Männer in ihrem Leben allgemein noch nie eine große Rolle. Sie ist stets auf sich selbst konzentriert und dieser Tunnelblick hält sie davon ab, sich auf andere Menschen einzulassen.
Sie weiß nämlich, dass ihre magischen Fähigkeiten sehr gefährlich sind und hat mit Sicherheit große Angst davor, jemanden zu verletzen, wenn sie einen Menschen emotional näher an sich heranlassen würde. Kenji wird bemerkt haben, dass Octavia die Verletzung seines Arms sehr zu schaffen gemacht hat und sie seit diesem Vorfall sich ihm gegenüber etwas distanzierter verhält. Kenji könnte spüren, dass sie sich sogar immer noch mit einem schlechten Gewissen wegen dieses Unfalls herumplagt.
Noch nie konnte Kenji beobachten, dass Octavia sich bewusst nach Männern umschaut und sie hat noch nie geäußert, dass es für sie ein erstrebenswertes Ziel sei, ihr Leben mit jemanden zu teilen. Romantische Vorstellungen von Liebe scheinen ihr sehr fremd zu sein. Sie bindet auch ihr Seelenheil oder ihre Vorstellungen von einem erfüllten Leben oder einer erfüllten Zukunft nicht an eine andere Person, sondern scheint es vorzuziehen, sich selbst zu genügen.
Ähnlich wie Henk glaubt sie auch nicht unbedingt daran, dass es nach Abschluss ihrer Abenteuer ein „Danach“ für sie geben könnte und sie sieht ihr Schicksal eher in der Erfüllung ihrer Aufgabe, oder - wie sie nun offen eingestanden hat – in dem Abschluss ihrer Rache an Sabaoth Immortalis. Dieser ist der einzige Mann, der nun seit über drei Jahren Octavias Leben bestimmt und solange dieser lebt, wird es wohl kaum Platz für einen anderen an ihrer Seite geben. Wie es mit ihrem Leben nach einem möglichen Sieg über diesen Erzfeind weiter gehen würde, hat Octavia vermutlich noch nie nachgedacht.
Octavias allgemeines Desinteresse an Liebesbeziehungen und ihr Streben nach Selbstbeherrschung und Rache bedeutet jedoch nicht, dass sie sich nicht insgeheim nach einen Mann an ihrer Seite sehnt. Immerhin ist auch Octavia ein sexuelles Wesen und kennt Lust und Verlangen, auch wenn sie diese für gewöhnlich nur sehr selten auslebt. Sie lehnt diese Dinge aber keinesfalls ab und als Theranerin stammt sie aus einer sehr freizügigen Kultur, in welcher Sexualität eine hohe, göttliche Bedeutung besitzt (vornehmlich natürlich im ehelichen Rahmen). Prüderie, Körperverachtung und Abwertung von Sinnlichkeit (wie man sie z.B. aus Olburg kennt) sind ihr als Theranerin unbekannt und sexuelle Genüsse werden von ihr grundsätzlich hochgeschätzt. Promiskuität, Sittenlosigkeit oder Ausschweifungen sind ihr aber zuwider und z.B. das Treiben auf Fuselfels empfand Octavia einfach als abartig und widerlich. Auch wenn Octavia also sinnliche Freunden zu schätzen weiß, ist sie jedoch darauf bedacht, nicht von ihren Trieben gesteuert zu werden.
Kenjis Vermutungen über Octavias Einstellung zu Sittlichkeit und Tradition
Kenji weiß, dass Octavia sich im Allgemeinen an die moralischen Vorstellungen und Vorschriften ihres Volkes hält, da sie durch ihre Erziehung felsenfest davon überzeugt ist, dass der Kaiser und die Götter wichtige Tugenden für die Menschen aufgestellt haben, durch welche das friedvolle Zusammenleben im Theranischen Imperium gesichert wird. Durch ihre kulturellen Prägungen und ihre Erziehung glaubt sie aus tiefster Überzeugung daran, dass sittliches Verhalten die Voraussetzung für eine gute Ehe, eine glückliche Familie und somit auch eines funktionstüchtigen Staat sind, denn nur wenn die kleinste Einheit einer Gemeinschaft – die Zweisamkeit - harmonisch verläuft, könne auch das Große und Ganze in Eintracht gedeihen.
Da Octavia den Traditionen ihres Volkes vertraut, war sie auch aus freiem Willen bereit, die Ehe mit Elatus einzugehen und empfand es sogar als große Ehre, in eine der angesehensten Familien Theras einheiraten zu können. Sie sah die Hochzeit auch nicht als Zwangsehe oder Ähnliches an, da sie darauf vertraute, dass ihr Bruder einen guten Mann für sie zum Heiraten ausgewählt hatte. Auch wenn sie sich also von Elatus in sexueller Hinsicht nicht unbedingt auf den ersten Blick angezogen fühlte, wäre sie jedoch bereit gewesen, sich mit diesem als Gatten zu arrangieren, da sie seinen tugendhaften Charakter sehr schätzte und froh war, einen so anständigen Ehemann abzubekommen. Da die Ehe in Thera etwas sehr Pragmatisches ist und es dabei vor allen um Politik geht, hat sie von Kindheit an nie die Erwartung gehabt, jemanden aus Liebe zu heiraten. Dieses Konzept ist ihr aus ihrem kulturellen Umfeld nicht bekannt und sie empfindet Liebeshochzeiten eher als eine selbstsüchtige Besonderheit, die z.B. in Barsaive oder in den Provinzen vorkommt und sich für sie durch die barbarischen Sitten dieser unkultivierten Völker erklären lässt. Ob sie auf diese fremden Freiheiten insgeheim ein wenig neidisch ist, lässt sich jedoch nicht ganz ausschließen.
Dass die Ehe mit Elatus zweimal gescheitert ist und sie letztendlich von der Drachenpriesterin von ihm geschieden und zur Gesandten des Kaiser ernannt wurde, war für sie weniger ein Befreiungsschlag als eine persönliche Niederlage. Dieser Umstand muss auch Kenji aufgefallen sein. Sie wusste nämlich, dass Elatus ihr möglicher Ausstieg aus dem eher verhassten Abenteuerdasein war und sie durch ihn ein luxuriöses und sicheres Leben hätte führen können. Seit ihrer Flucht nach der Ermordung ihrer Eltern war diese Ehe also Octavias einzige Hoffnung, zu ihrem alten, sorglosen Leben zurückkehren zu können. Mit dem Scheitern dieser Ehe platze also die Seifenblase von ihrem Traum, endlich einem Leben in ständiger Gefahr entkommen zu können.
Auch wenn Octavia grundsätzlich bemüht ist, den Traditionen ihres Volkes treu zu bleiben, hat sie jedoch auch noch zusätzlich ihre eigene Moral, die auch Kenji bereits aufgefallen seien sollte. Da sie manchmal damit hadert, dass ihr ein gutes Leben in Thera wegen ihrer Aufgabe verwehrt bleibt, gönnt sie sich zum Ausgleich auch eigene Freiheiten und scheint die Regeln ihres Volkes hin und wieder zu brechen. Vielleicht betrachtet sie diese Freiheiten als etwas, dass ihr zusteht, weil sie durch ihre Aufgabe so viel für das Wohl ihres Volkes aufgegeben musste, und diese stellen somit eine Art Wiedergutmachung für ihr verpfuschtes Leben dar. Deshalb war es für sie auch kein moralisches Problem, sich mit Ignus einzulassen. Auch im Nachhinein hat Kenji kein Wort des Bedauerns von ihr darüber gehört, dass sie die theranischen Sitten gebrochen und sich mit einem Gauner aus der Gosse von Barsaive eingelassen hat.
Kenji könnte aus diesem Verhalten erkennen, dass Octavia insgeheim eher ein Herzensmensch ist und trotz aller Selbstdisziplin und Sittenstrenge auch hin und wieder ihre gute Erziehung vergisst und bereit ist, ihrem Verlangen zu folgen. Eventuell hat er auch von Adarian erfahren, dass Octavia früher auf ihrer Reise bereits einmal eine kurze Affäre mit einem Barden aus Trosk eingegangen ist. Adarian hat sie immer wieder Mal damit aufgezogen und seine Scherze über diese Beziehung gemacht. Bei dem Barden handelte es sich um einen Elfen (Halbelb) namens „Tarula Tingeltang“, der ein eher kriminelles Leben (Ähnlichkeiten zu Ignus sind vorhanden) führte und das Gegenteil von dem darstellte, was für eine anständige Theranerin als Umgang eigentlich erlaubt ist. Sie fühlte sich jedoch sehr stark zu diesem Gesetzlosen hingezogen, denn wie alle Mädchen aus gutem Hause, hat auch Octavia scheinbar eine Schwäche für „böse Jungs“. Jedoch beendete sie diese Affäre, da ihr damals die Suche nach ihrem Bruder wichtiger war.
Insgesamt ehrt Octavia also die Sitten und Traditionen ihres Volkes, aber die moralischen Vorschriften und Gebote haben sie nie davon abgehalten, eigene Entscheidungen zu treffen und auch die damit verbundenen Konsequenzen in Kauf zu nehmen, welche ihr immer sehr wohl bewusst waren. Sie ist kein rechtschaffender Mensch, der sich dogmatisch an Gebote hält oder sich ständig fragt, ob sie denn auch das „Richtige“ tut, sondern neigt eher dazu, etwas zu riskieren, wenn sie das Gefühl hat, dass sie etwas wirklich will und es die Sache wert ist (so wie sie es auch bei Ignus dachte). Nachteile und Probleme, die aus dieser bewusst gelebten Unvernunft dann für sie resultieren könnten, nimmt sie bereitwillig in Kauf und hätte sich deshalb vermutlich auch nicht beschwert, wenn die Elben sie wegen ihrer jüngsten Untaten zum Tode verurteilt hätte. Sie hat auch offen zugegeben, dass sie wusste, dass sie schreckliche Dinge tat, als sie Dogeons Zuflucht bombardierte, den Feuerfürsten verspeiste und den Dämon befreite, weshalb sie auch kein bisschen verwundert wirkte, als die Elben sie mit dieser Schuld konfrontierten.
Octavias allgemeines Motto zu diesem ganzen Thema könnte also lauten: Gesetze sind gut und notwendig, aber auch dazu da, um hin und wieder gebrochen zu werden.
Kenjis mögliche Erkenntnisse aus Octavias Beziehung zu Ignus
Auch wenn Octavia von Henk sehr schnell zu Ignus „Marionette“ erklärt wurde, wird Kenjis sich mit seiner guten Menschenkenntnis niemals dagegen gewehrt haben können, dass Octavias Verhalten eine sichtbare Vorsätzlichkeit besaß. Natürlich trugen auch der Fluch von Iobis und Ignus Machtversprechen dazu bei, dass sie diesem bereitwillig in die Arme fiel, aber Kenji könnten noch andere Gründe aufgefallen sein, warum Octavia sich scheinbar wirklich in diesen zwielichtigen und wahnsinnigen Egoisten verliebt zu haben scheint.
Erstens kann er bemerkt haben, dass Octavia sich in Ignus Gegenwart (auch bereits bei ihrem ersten Treffen im Norden) so entspannt und gelassen wie noch nie gezeigt hat, denn scheinbar hat seine dominante und übersteigert selbstsichere Art dazu geführt, dass Octavia, die sonst immer die starke Frau und Heldin darstellen muss, einfach mal die Schwache an seiner Seite sein durfte. So konnte sie ihren ganzen Stress loslassen, die Führung abgeben und sich in die Arme eines starken Mannes fallen lassen, der ihr das Gefühl gab, dass er alles unter Kontrolle hat und sie sich keine Sorgen mehr über nichts und niemanden zu machen braucht, da er schon alles für sie regeln wird. Dieses sichere, geborgene und behütete Gefühl hat Octavia scheinbar von Anfang an bei Ignus angezogen und auch Kenji kann bemerkt haben, dass sie es aus tiefstem Herzen genossen hat, sich in dieser passiven Rolle von ihrem ansonsten anstrengenden und herausfordernden Leben ausruhen zu können.
Kenji wird sich auch zusammenreimen können, dass die Attraktivität von Ignus auf Octavia auch damit zusammenhängen könnte, dass dieser der erste Mensch ist, dem sie sich gegenüber vollkommen frei und authentisch zeigen konnte, ohne dass sie befürchten musste, dass ihre Magie für diesen zur Gefahr werden könnte. Da Ignus unverletzbar für sie ist, hat sie bei ihm auch keine Angst, ihm schaden zu können, und sie hat sich vermutlich so unbefangen in seiner Gegenwart gefühlt wie noch nie in ihrem Leben zuvor.
Es war auch offensichtlich, dass Octavia stark von Ignus direkter, fast schon unverschämter Dreistigkeit begeistert war. Kenji wird beobachtet haben, dass Octavia enorm davon beeindruckt war, dass Ignus ihr offen und ohne Umschweife sagte, dass er sie begehrt und mit ihr zusammen sein will und ihm alles andere vollkommen egal sei. Diese Direktheit hat ihr vermutlich am meisten imponiert und war die Voraussetzung dafür, dass er sie überhaupt erobern konnte. Daraus könnte Kenji bewusst geworden sein, dass Octavia einen gigantischen Wert auf Ehrlichkeit und Offenheit legt und dass diese Eigenschaften für sie bei einem Mann wichtiger sind als die Herkunft, der Stand, das Können, die Macht oder sonstige oberflächliche Dinge. Dies wurde auch ersichtlich, als Octavia sich umgehend und ohne zu zögern von Ignus trennte, als sie erfuhr, dass sie von diesem belogen worden war.
Kenjis Beobachtungen von Octavias Verhältnis zu ihm
Falls Kenji im Alltag jemals nach Hinweisen (kleinen Gesten, Blicke, subtiles Verhalten etc.) dafür gesucht hat, was Octavia für ihn empfindet, würde er auf den ersten Blick vermuten, dass sie ein freundschaftliches bis familiäres Verhältnis mit ihm verbindet. Er wird spüren, dass Octavia ihm vertraut und auch Wert auf sein Urteil legt. Ob sich hinter diesen offensichtlichen Sympathien auch noch ein leidenschaftliches Interesse oder eine Art von Verliebtheit verbirgt, ist für ihn trotz seiner guten Menschenkenntnis sehr schwer einzuschätzen. Kenji könnte sich diese Schwierigkeit aber so erklären, dass es daran liegt, dass Octavia sich selbst ihrer Gefühle (noch) nicht bewusst ist und er sie dementsprechend auch nicht so einfach einschätzen kann.
Im Allgemeinen verhält sich Octavia gegenüber Kenji nicht anders als z.B. Henk oder Adarian, aber es ist offensichtlich, dass sie mit ihm die meisten gemeinsamen Interessen von all ihren bisherigen Reisegefährten teilt und Octavia gern ihre Zeit mit ihm verbringt. Kenji hatte immer das Gefühl, dass sie sich in seiner Gegenwart wohl fühlt und seine Gesellschaft genießt. Auch die gemeinsame Vergangenheit und die Verbindungen zu ihrer Familie sind für Octavia eindeutig von großer Bedeutung und Kenji besitzt dadurch bei ihr einen ganz besonderen Platz unter ihren Freunden.
Kenji kann spüren, dass Octavia zu ihm persönlich immer ein wenig auf Distanz bleibt, was daran liegen könnte, dass sein Amt als Questor ihn als „Mann“ eher unsichtbar für sie macht. Sie respektiert seine Aufgabe als Diener der Götter (auch wenn es nicht ihre Götter sind), aber Kenji könnte zu der Einsicht kommen, dass Octavia vermutlich eher an dem authentischen „Mann“ interessiert wäre, der sich eventuell noch hinter der Maske des „Questors“ versteckt.
Da Kenji noch nie einen Annäherungsversuch unternommen oder Octavia seine Gefühle gestanden hat, ist Octavia sich über dessen Empfindungen noch weitestgehend im Unklaren. Außer ein paar dumme Scherze von Henk oder Adarian, die hin und wieder angedeutet haben, dass Kenji angeblich in Octavia verliebt sei, hat sie keine Hinweise, aus denen sie diese Tatsache schlussfolgern könnte. Zwar hat Kenji ihr nun gestanden, dass die Sukkuba in Kronstadt ihn in Octavias Gestalt verführte, aber auch dies ist kein echter Hinweis darauf, dass Kenji mit Octavia zusammen sein will, sondern nur mit dem Geständnis vergleichbar, dass er eine harmlose erotische Fantasie um sie hatte.
Insgesamt könnte Kenji inzwischen bemerkt haben, dass Octavia seine Gefühle scheinbar nicht so erwidert, wie er sich dies vielleicht wünscht. Ihm könnte jedoch dämmern, dass es nicht vollkommen unmöglich wäre, das sich dies ändert, da er auch spürt, dass eine gewisse Grundchemie zwischen ihnen durchaus besteht. So wie er Octavia einschätzt, würde diese jedoch niemals den ersten Schritt unternehmen, da sie sich erstens zu sehr auf andere Dinge konzentriert, um sich von selbst auf einen Mann einzulassen und zweitens eine sehr, sehr stolze Frau ist, für die es von großem Wert ist, erobert zu werden.
Ignus Abmachung und Iobis Manipulation
Iobis Gespräch mit Ignus
Als Henk und Kenji vor dem Tor an Pfähle gefesselt sind, fällt ihnen auf, dass Marledigma in der Nähe steht. Sie hat keine Maske mehr auf ihrem Gesicht und alle können sofort erkennen, dass sie ihnen sehr bekannt vorkommt. Es handelt sich um Iobis Galdimmera, von welcher sie dachten, dass sie sie im Norden in ihrem Traum getötet hatten. Iobis ist allerdings nicht allein und es steht noch jemand hinter ihr - es ist Ignus! Dieser wirkt magisch noch aufgeladener, als nach seiner Mahlzeit in der Feuerkammer und seine Augen glühen in einem lodernden rot. Er redet gerade mit Iobis, während beide auf die Helden zukommen und diese zufrieden mustern.
Iobis (anerkennend):
„Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du dein Wort halten würdest, Phosphorius. Schließlich bist du nicht gerade für deine Loyalität bekannt. “
Ignus (überheblich arrogant):
„Auch du kannst dich irren, Schätzchen. Also, alle Vereinbarungen wurden von meiner Seite aus erfüllt: (er zählt es an seinen Fingern ab) der Feuerfürst ist vernichtet, ich habe eurem dreckigen Kult diese beiden Wichtigtuer hierhergebracht (deutet auf Henk und Kenji), und die Drachenträne ist endgültig zerstört. Es wird also Zeit, dass du beginnst, euren Teil der Abmachung zu erfüllen und Octavia als erstes von deinem albernen Fluch befreist! “
Iobis (beruhigend):
„Nun gut, so soll es sein: Du und deine kleine Freundin haben nichts mehr von mir oder meinen Brüdern zu befürchten. Utukk’Xul wird sein Wort halten! “
Sie nimmt einen von drei Beuteln, welche an ihrem Gürtel hängen, ab und hebt eine Hand darüber. Dann spricht sie einen Zauber und ein grünes Licht entweicht dem Beutel und verflüchtigt sich in der Luft darüber. Dann reicht sie den Beutel Ignus. Dieser öffnet ihn und holt eine Haarbürste mit blonden Haaren, ein paar Fingernägeln und ein besticktes Taschentuch heraus. Es handelt sich eindeutig um Octavias Gegenstände. Dann steckt er die Dinge zurück und lässt den Beutel in seinen Händen zu Asche verglühen, welche er dann mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Boden zerstreut.
Ignus (drohend):
„Dir sollte klar sein, dass ich diesen Fluch auch selbst aufheben kann, falls du mich belogen hast. Spätestens dein Tod wird nämlich all deine Zauber brechen. Also, von jetzt an wirst du dich von ihrem Verstand fernhalten und das sage ich dir nur einmal! Ansonsten wirst du wie deine Zauberutensilien hier enden! (deutet auf die Asche auf dem Boden) “
Iobis (beschwichtigend):
„Schon gut, du musst dich nicht so aufspielen, mein feuriger Freund. Und wage es nicht, mir zu drohen, oder ich gehe zu deiner neuen Gefährtin und erzähle ihr, wie du sie belogen und ihre Freunde ausgeliefert hast. Mal sehen, ob sie dann noch viel Verständnis für dich und deine Taten übrighat. Außerdem hat mein Fluch bei ihr ohnehin kaum Wirkung gezeigt. Im Gegensatz zu den beiden Schwachköpfen hier (deutet auf Henk und Kenji) hat deine Kleine eine bemerkenswerte Willenskraft gezeigt. “
Ignus (leicht genervt):
„Ich habe dir bereits in Olburg gesagt, dass ich sie auch ohne deine Flüche auf meine Seite gezogen hätte. Octavia hätte sich mir auch aus freiem Willen angeschlossen. Ihre Manipulation war also überflüssig. “
Iobis (beschwichtigend):
„Aber meine Magie hat dir bei deinen Zielen auch nicht geschadet, denn du hast nun die Gespielin, die du haben wolltest und bist ihre lästigen Gefährten endgültig los. Du kannst also zufrieden sein. “
Ignus (abwimmelnd):
„Also gut, dann war es das jetzt! Unsere Abmachung ist erfüllt und wir sind von nun an getrennte Leute! “
Iobis kommt näher und schmiegt sich verführerisch an Ignus an (sie spricht gehaucht):
„Es ist sehr schade, dass so ein talentierter Mann wie du nicht nach einer höheren Bestimmung sucht. Utukk’Xul könnte jemanden wie dich in seinem Kult gut brauchen. Und mir könntest du auch gefallen... Ich könnte dir Genüsse bereiten, die dir nicht einmal in deinen wildesten Träumen einfallen würden. “
Ignus schubst Iobis angewidert fort (verächtlich):
„Vergiss es! Du hast mir nichts zu bieten! Auch euer Kult ist mit zuwider! Es ist nicht das erste Mal, dass ich eins eurer Angebote ausgeschlagen habe, also merkt es euch jetzt endlich: Ich bin ein Mann der Freiheit und werde mich niemals irgendjemanden unterordnen! “
Iobis (etwas beleidigt):
„Zu schade… dann gibt es jetzt nichts mehr zu sagen. “
Ignus:
„Halt! Eine Sache gibt es noch! Ich will mich nämlich noch von den beiden Trotteln da verabschieden. (deutet auf Henk und Kenji) “
Iobis nickt und hält sich dann im Hintergrund, während Ignus mit dem breitesten Grinsen, welches man jemals bei ihm gesehen hat, auf die beiden zugeht.
Ignus (ironisch):
„Für gewöhnlich mag ich keine langen Abschiedsszenen, aber einfach so zu verschwinden, wäre nach all der schönen Zeit, die wir zusammen hatten, ein wenig unhöflich. Außerdem werde ich euch vielleicht sogar vermissen, denn immerhin habt ihr stets zu meiner Belustigung beigetragen und mir sehr dabei geholfen, Octavia für mich zu gewinnen. Deshalb möchte ich euch nochmal für eure Hilfe danken, durch welche ich letztendlich bekommen habe, was ich haben wollte. “
Ignus blickt dann zu dem Dämonenfürsten hoch, der gerade von Heriotza und dem Gesichtslosen mit magischer Energie versorgt wird.
„Tja, lange werdet ihr nun nicht mehr haben und um euren baldigen Tod werde ich euch wahrlich nicht beneiden. Vermutlich wird sich dieses widerliche Vieh dort oben nämlich etwas sehr Schmerzhaftes für euch ausdenken. Ich bin ganz froh, dass ich dann nicht mehr hier sein werde, um euer Ende miterleben zu müssen, denn vermutlich würde selbst mir bei diesem Anblick ziemlich übel werden. Ich hatte noch nie viel übrig für diese verdammten Dämonen, deshalb kehre ich lieber schnell zu Octavia zurück. Dann kann ich ihr endlich berichten, dass ihr im Kampf gefallen seid und ich euch bedauerlicherweise nicht mehr helfen konnte. Ich wünsche euch auf jeden Fall noch viel Vergnügen mit diesem abyssischen Scheusal! “
Ignus verbeugt sich breit grinsend vor den beiden, kehrt dann zu Iobis zurück und sagt:
„Das wars dann! Wir werden noch eine Weile in dieser netten Umgebung verbleiben und ich rate dir und deinen Leuten, sich von uns fernzuhalten. “
Iobis nickt nur und deutet eine Verbeugung an. Ignus verwandet sich daraufhin in seine Feuergestalt und fliegt hoch über den Vulkan, wo er dann in dessen Krater verschwindet.
Gespräch mit Iobis
Sobald Ignus fort ist, wendet sich Iobis Henk und Kenji zu. Sie wirkt nicht so triumphierend, wie Ignus, sondern mustert die beiden sehr interessiert. Sie befiehlt einem Schergen, die Knebel der beiden zu entfernen, und beginnt dann ein Gespräch.
„Endlich stehe ich euch beiden zum ersten Mal persönlich gegenüber! Dabei habe ich bei all dem Wissen, welches ich über euch erworben habe, das Gefühl, euch besser zu kennen, als ihr selbst es könntet. “
Sie geht auf Henk zu und streichelt ihm zärtlich über die Wange.
„Nachdem ich euch im Norden nicht bezwingen konnte, war es erstaunlich, wie einfach es diesmal war, euch mit euren Wünschen und Ängsten zu lenken. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir bereits in Kronstadt gelingen könnte, euren dümmlichen Krieger soweit zu bringen, dass er sich freiwillig ins Meer stürzt, aber, nachdem er meine Hand genommen hatte, war er ein leichtes Opfer! Erinnert ihr euch an den kleinen, weißen Hund, den ich euch geschickt habe? “
(GEDÄCHTNIS: Die beiden können sich erinnern, dass sie den Hund bei Pyrrhons Kapelle gefunden haben und mit zu Octavias Anwesen gebracht haben (vgl. Episode 20.12). Schließlich kam eine Magd, welche den Hund angeblich aus dem Stall hat laufen entlassen und Adarian gab ihr diesen zurück und verabschiedete sich per Handschlag (vgl. Episode 20.15). Kurze Zeit später fanden sie einen halbtoten Tiermeister, der erzählte, dass er von einer bösen Frau gezwungen wurde, die Helden durch den Hund mit seinen magischen Fähigkeiten auszuspionieren (vgl. Episode 20.15).)
Henk und Kanji wollen ihr nicht die Genugtuung geben, dass sie sich erinnern, und schweigen. Doch Iobis erkennt ihr Erinnern in ihren Augen.
„Schön, dass ihr euch erinnert. Ich wollte euch auch schon immer fragen, wie euch denn der Wein von Erion von Beslar geschmeckt hat? “
(GEDÄCHTNIS: Zur Bibliothekseinweihung erhielten Octavia und Kenji einen Rotwein als Präsent von einem Adeligen, der nicht selbst zu den Feierlichkeiten kam. Alle haben davon getrunken (vgl. Episode 20.15).)
„Dieser Wein hat mich tief mit euch verbunden. Die ganze Reise war ich stehst bei euch und ihr habt es nicht einmal gemerkt. Leider habt ihr meinen Spitzel entlarvt, welchen ich auf eurem Schiff eingeschleust hatte. Der gute Mann war Schlafwandler und nach einer wilden Nacht im Stall der Grünen Rast eignete er sich als perfekte Marionette. Zu schade, dass ihr mein Zeichen zwischen seinen Beinen fandet und er es nicht mehr schaffte, euren lästigen Magus auszuschalten. Zum Glück hatte der gute Turmen mir aber per Möwe bereits genügend von euren persönlichen Gegenständen geschickt, um zumindest meinen Einfluss auf euch noch zu vertiefen. “
(GEDACHTNIS: Ekki berichtet von einer Möwe, welche ein Bündel vom Kanonendeck abgeholt habe, und es wurde ein Beutel gefunden, in welchem sich Haare etc. befanden. (vgl. Episode 21.21)), der Mordfall auf dem Schiff und Verdacht, dass Augustus Schuld ist.)
„Es macht mich fast traurig, dass ihr nicht mehr lange leben werdet, denn es war ein wunderbares Gefühl, euch nach meiner Pfeife tanzen zu lassen. Besonders du, Questor, hast dich fast freiwillig meinen Manipulationen hingegeben. Scheinbar war diesmal meine Geschichte ansprechender als im Norden, denn du hättest wohl alles getan, was dein geliebter „Sohn“ dir gesagt hätte. Zum Glück wusste ich diesmal von eurem Schergen Wolfhardt, dass du unsterblich in diese kleine Feuerhexe verliebt bist. “
(GEDÄCHTNIS KENJI: Konfrontation mit dem Schwarzmagier auf Onkel Egeils Anwesen in Trosk (vgl. Episode 18.08 und Verführungen))
Iobis tritt näher an Kenji heran und verwandet sich vor seinen Augen plötzlich in den „Sohn“. Kenji merkt, wie er sich diesem Anblick nicht entziehen kann und etwas in ihm glaubt immer noch daran, dass dieses Trugbild sein Sohn aus der Zukunft ist. Er wird sich der Illusion nicht entziehen können und sie immer noch als echt empfinden. Auch wenn Kenji der Trug nun bewusster ist, hat der Zauber seine Kraft noch nicht verloren und er wird in ihren Bann gezogen.
„Vater, erkennst du mich? Wo ist bloß meine Mutter? Warum hast du ihr nicht geholfen? “
Dann tritt sie ein Stück zurück, lacht und Kenji sieht plötzlich wieder Iobis vor sich. Diese wendet sich dann Henk zu.
„Und du? Bei dir war es nicht ganz so leicht, aber glücklicherweise bemerkte ich, wie schwer dich der Verlust deines Freundes Adarian getroffen hat. Scheinbar hast du dir so gewünscht, dass dieser wieder an deiner Seite kämpft, dass du ihm alles abgekauft hättest. “
Sie verwandet sich in Adarian und geht auf Henk zu. Henk hat wirklich das Gefühl, dass es sich um Adarian handelt, obwohl er eben noch wusste, dass es Iobis ist.
„Henk, die Verantwortung liegt allein bei dir! Die anderen werden dich ablenken! “
Dann verwandelt sie sich auch lachend zurück.
„Auch jetzt seid ihr noch meine willenlosen Puppen, aber nun hat Utukk’Xul keine Verwendung mehr für euch. Also, lebt wohl! “
Sie gibt jedem zum Abschied einen Kuss auf die Wange und geht dann fort. Sie gibt im Davongehen noch einem Schergen ein Handzeichen und dieser knebelt Henk und Kenji erneut.
Checkliste für Kenjis Pläne
- 1. Kenji weiß, dass es nur drei Möglichkeiten gibt, wie man die magische Verbindung zwischen Ignus und Octavia beenden könnte: 1. Sie wird freiwillig gelöst. 2. Octavia stirbt. 3. Ignus stirbt.
- 2. Sobald die magische Verbindung getrennt ist, wird sich nach Iustus Vermutung Octavias eigentlicher Gesundheitszustand wieder herstellen. Laut Abdrushin könnte sie dann durch die Wirkung der Glühanemone wieder vollständig geheilt werden.
- 3. Kenji hat einen Feuerschutztrank von Abdrushin. Dieser verleiht ihm für wenige Sekunden (!) vollständige Immunität vor dem Schaden von elementaren Feuer. Diese kurze Zeitspanne könnte genügen, um Ignus ins Wasser zu schubsen etc.
- 4. Aus Iustus Büchern weiß Kenji, dass Ignus vermutlich keine Metamorphose vollziehen können wird, solange sich sein Körper komplett in elementarem Wasser befindet. Ein Angriff sollte also nur im Wasser erfolgen! Ob sich diese magische Beeinträchtigung auch auf Feuerzauber bezieht, ist Kenji nicht bekannt.
- 5. Da Ignus laut Iustus Büchern inzwischen als astrales Wesen definiert wird, benötigt man vermutlich eine magische Waffe, wenn man ihn angreifen möchte. Da für einen Angriff wahrscheinlich nur wenig Zeit bleiben wird, sollte Kenji eine „schnelle“ Waffe benutzen.
- 6. Es könnte eventuell hilfreich sein, den wahren Namen des Hexenmeisters zu kennen, wenn man diesen zu Fall bringen will.
- 7. Durch seine Visionen hat Kenji das Gefühl, dass die Götter (und sein zukünftiger Sohn!) bei einem Angriff auf seiner Seite stehen und seine Hand führen könnten. Am besten vollzieht er den Angriff gegen Ignus deshalb allein – Mann gegen Mann.
Ein Erlebnis aus Kenjis Vergangenheit
Als Kenji als junger Questor in einer warmen Sommernacht aus Kronstadt zurück zu Pyrrhons Kapelle spazierte, kam er am Friedhof vorbei und erblickte über den Gräbern einen auffälligen, silbernen Schimmer. Zuerst bekam er etwas Angst, da er schon einen spukenden Geist befürchtete, aber als er näherkam, sah er einen tellergroßen, schillernden Nachtfalter, der ein gleißend-fahles Licht ausstrahlte.
Kenji beobachtete ihn eine Weile, da dieser sich auf einem der Grabsteine niedergelassen hatte. Dieser Grabstein war gerade erst errichtet worden und das Grab darunter noch sehr frisch, was er an den aufgewühlten Stellen des Erdreiches erkennen konnte. Der Falter blieb seelenruhig auf der Inschrift des Steines sitzen und ließ sich von dem erstaunten Kenji beobachten. Nach einiger Zeit erhob der Falter sich jedoch in die Luft, drehte noch ein paar Runden über den Friedhof und flog dann aus Kenjis Augen.
Am nächsten Tag suchte Kenji den Friedhof noch einmal bei Tag auf, um sich bei dem Boron-Questor Aedin Schattengrund nach dem beeindruckenden Tier zu erkundigen.
Dieser erzählte ihm Folgendes: Es handelte sich um einen sogenannten „Zwielichtschwärmer“.
Dieser magische Falter wird in den Kulten des Boron als heiliges Tier verehrt, da die Questoren erzählen, dass es sich bei ihm um Manifestationen von verstorbenen Seelen handelt, die sich nach ihrem Tod dazu entschlossen haben, noch nicht sofort nach Chtonia überzugehen, sondern noch eine Weile auf Gea zu verweilen, bis sie bereit sind, sich endgültig von ihrer irdischen Existenz und den Lebenden zu verabschieden. Manchmal verweilen die Seelen auch in dieser Form, um ihre Nachfahren zu schützen, zu leiten und ihnen Trost zu spenden.
Aedin wies Kenji noch darauf hin, dass er sich über diese Begegnung sehr glücklich schätzen kann, da die heiligen Falter sehr, sehr selten sind und er selbst auf seinem Friedhof erst zweimal einen gesehen hätte. Er vermutete, dass das Erscheinen des Zwielichtsfalters mit einem verstorbenem Kind zusammenhängt, welches er erst vor wenigen Tagen beerdigt hätte. Dieses war bei einem furchbaren Unfall gestorben und die Mutter, welche krank vor Trauer war, beklagte, dass sie sich nicht von ihm verabschieden konnte. Als Kenji Aedin schließlich das Grab zeigte, auf welchem sich der Falter niedergelassen hatte, bestätigte dieser, dass es sich um das Grab des verstorbenen Kindes handelte.
Ein paar Tage später erzählte Aedin Kenji, dass er erneut mit der Mutter des Kindes gesprochen habe und diese ebenfalls zur Abenddämmerung den Zwielichtfalter am Grab ihres Sohnes antraf, als sie dort gerade Blumen ablegen wollte. Sie berichtete, dass der Falter zu ihr flog und sich sogar auf ihre Hand setzte. Nach diesem Erlebnis war sie felsenfest davon überzeugt, dass es sich bei dem Falter um die Seele ihres Sohnes handelte, welche sich von ihr verabschiedet hat. Nach diesem Erlebnis konnte sie mit dem tragischen Schicksalsschlag soweit abschließen, dass ihre Trauer auf ein erträgliches Maß sank.
Der Zwielichtfalter wurde daraufhin nie wieder auf dem Friedhof gesehen.
Iustus Informationen für Kenji
Kurz bevor Kenji am Abend des 13. Astoar in seiner Kajüte einschläft, hört er, dass etwas unter seiner Türschwelle hindurch geschoben wird. Als er nachsieht, entdeckt er einen Stapel Papiere mit einer kleinen Notiz daran. Auf dieser steht:
Kenji, bitte lies die folgenden Seiten, damit wir uns morgen darüber austauschen können. Es könnte wichtig sein!
Iustus
Information 1
Aus dem „Kompendium der arkanen Künste Alorans“, Band 19: „Die Grundlagen der umelischen Elementarmagie“, Kapitel 8: „Die Repräsentanten Essentias“, Unterkapitel 12: „Schwächen und Anfälligkeiten der Repräsentanten der magischen Feueressenz“
(…)
Die Repräsentanten der magischen Feueressenzen, von den Umelern und Balmarern für gewöhnlich als „Feuerelementare“ bezeichnet, gehören aufgrund ihrer abyssischen Affinität zu den gefährlichsten Wesenheiten der astralen Ebene Essentias. In ihrer Form gänzlich aus magischer Feueressenz bestehend, folgt auch ihr Wille allein der verschlingenden Begierde ihrer gierigen, unersättlichen Wesensart.
(…)
Sowie bei ihren Verwandten aus den anderen elementaren Reichen Essentias ist es möglich, einen Feuer-Repräsentanten durch das „Exilium Magica Ignis“ in seine Sphäre zu verbannen, wo er verweilen muss, bis dieser sich erneut auf Gea manifestieren kann. Je nach dessen Macht bedarf es jedoch immer eines geübten Elementaristen, der diesen altertümlichen Zauber aus der Zeit der Umeler bei voller Fokussierung wirkt. So bedarf z.B. die Ausübung des „Exilium Magica Ignis“ an den sogenannten Mindergeistern („Spiritus Essentia minor“) der magischen Feueressenzen allgemein nur wenig arkaner Übung, wohingegen die Bannung eines sogenannten Feuerfürsten („Spiritus Essentia princeps“) bislang nur zwei Meistern der umelischen Schule überhaupt jemals gelang.
Die erste Bannung ist eine bekannte historische Anwendung des „Exilium Magica Ignis“ und wurde im Jahr 273 n.A. von dem Elementaristen Magister „Olvan Vesirimes“ aus Funa vollzogen. Damals fand ein wildgewordener Feuer-Repräsentant seinen Weg aus den Tiefen des Sichelgebirges in das belebte Tropea, wo er verehrenden Schaden anrichtete. Magister Vesirimes gelang unter großer arkaner Anstrengung die Bannung der feurigen Wesenheit, jedoch verlor er in den Flammen des wütenden Repräsentanten auch sein Leben, da er sich tödliche Verbrennungen zugezogen hatte.
Eine weitere bekannte Anwendung des „Exilium Magica Ignis“ fand während des Ausbruchs des „Schwarzen Berges“ bei Tenebraeum im Jahr 309 n.A. statt. Aus seinem Feuerschlot erhob sich der bislang mächtigste, bekannte Feuerfürst, der jemals auf Aloran gesichtet und verzeichnet wurde. Der balmarische Elementarist Erzmagus „Brilan Thuldir“ wurde daraufhin von unserem ehrwürdigen Kaiser, dem mächtigen Drachen „Gnaeus Gavius Institutius Theranios“, persönlich zur Hilfe gerufen. Mit Hilfe seines Schülers Adeptus „Janis Holwen“ gelang es ihm das „Exilium Magica Ignis“ durchzuführen und den Feuerfürsten zu verbannen, bevor dieser die imperialen Schürfstellen der magischen Feueressenzen zerstört hatte. Erzmagus Thuldir gilt als einzig bekannter Elementarist, der die Bannung eines Feuerfürsten erfolgreich überlebte.
(…)
Neben der Möglichkeit zur Bannung besitzt der Feuer-Repräsentant eine weitere Schwachstelle. Zwar wird ihnen durch den Kontakt mit magischer Wasseressenz kein nennenswerter Schaden zugefügt, jedoch weichen die feurigen Wesenheiten stets vor dem essentischen Wasser zurück und können im Glücksfall sogar durch das magische Nass vertrieben werden. Im Jahr 381 n.A. wurde nahe von Lisinien von dem Elementaristen Magister „Uremin Kalosemias“ jedoch auch beobachtet, wie die Bekämpfung eines durchschnittlich mächtigen Feuer-Repräsentanten mit magischer Wasseressenz zu der Geburt mehrerer Dampf-Repräsentanten in Form von Mindergeistern führte, welche aufgrund ihrer Flüchtigkeit jedoch nur wenig Schaden anrichten konnten und schließlich den Strömungen des Windes folgten. Der Feuer-Repräsentant wurde dadurch zwar nur wenig geschwächt, konnte durch dieses Ereignis jedoch erfolgreich vertrieben werden.
(…)
Grundsätzlich ist bekannt, dass sich alle Repräsentanten Essentias durch das „Exilium Magica“ zurück in ihre Sphäre verbannen lassen. Jedoch ist aus dem Jahr 437 n.A. ein Fall aus der Nähe von Cora bekannt, bei dem der Elementarist Magister „Silmar Monwyn“ auf einen mächtigen Feuer-Repräsentanten stieß, welcher sich allen Versuchen des „Exilium Magica Ignis“ widersetzte und von ihm deshalb als „unverbannbar“ eingestuft wurde. Dieser essentische Repräsentant war außerdem von erstaunlicher Intelligenz und verhielt sich im Gegensatz zu seinen Artgenossen ungewöhnlich bewusst, so als folgte er einem eigenen Willen. Die Glaubwürdigkeit dieses Berichtes ist jedoch allgemein umstritten und wird von der gelehrten Allgemeinheit auch als Ammenmärchen eingeordnet, da ein unverbannbarer Repräsentant Essentias sonst nie wieder erwähnt oder gesichtet wurde. Zusätzlich wirft der weitere Inhalt dieses Einzelfalls Zweifel an dessen akademischer Echtheit auf. Magister Monwyn schildert nämlich im Folgenden eine absurde Behauptung, die nach allgemeiner Auffassung nicht der bekannten Wirklichkeit entsprechen kann, da sie allen allgemein anerkannten Lehransichten widerspricht. Magister Monwyn berichtet nämlich, dass es ihm gelang, den eigenwilligen Feuer-Repräsentanten in einen See aus magischer Wasseressenz zu drängen, nachdem alle Versuche der Bannung gescheitert waren. Durch den Kontakt mit dieser magischen Flüssigkeit versuchte er den Feuerelementar zu schwächen oder zu verscheuchen. Laut seinen Ausführungen geschah nun jedoch das Unmögliche, da sich der Feuer-Repräsentant durch den Einfluss der magischen Wasseressenz angeblich in einen gewöhnlichen, unbekleideten Menschen verwandelte. Dieser Nackte konnte sich aus dem Wasser retten und entkam dem verdutzten Elementaristen. Danach soll er niemals wieder gesehen worden sein. Laut der Einschätzung sämtlicher Meister der essentischen Magie kann es sich bei der Schilderung dieser Beobachtung nur um eine Lüge oder ein falsches Verständnis der Situation gehandelt haben, da es allen bekannten Forschungen nach unmöglich und widersinnig ist, dass ein essentischer Repräsentant bei dem Kontakt mit einer anderen magischen Essenz eine Metamorphose in ein menschliches Wesen vollziehen könnte.
Information 2
Aus die „Magie der Metamorphose – Götterwerk und Größenwahn“, Kapitel 43: „Die Gefahren der Metamorphose in der Hexenkunst“
(…)
Hat der hochmütige Hexenmeister die riskante Fähigkeit zur Metamorphose und damit seinen „arkanen Aufstieg“ zu einem astralen Wesen erlangt, wird er neben den oben bereits ausgeführten Gefahren, wie dem sicheren Verlust seiner Menschlichkeit, seines Mitgefühls und Gewissens oder dem suchtartigen Rauschverlangen nach immer größeren Machterfahrungen, noch mit einem weiteren Problem zu kämpfen haben. Zwar besitzt er als selbstbestimmter Mensch mit seinem freien Willen nun auch die enorme Macht einer astralen Wesenheit, jedoch wird er auch eben deren Anfälligkeiten und Nachteile zu spüren bekommen.
(…)
Eine Gefahr besteht für ihn u.a. darin, dass er in Form seiner Metamorphosegestalt durch spezielle und hohe Zauber ähnlich einem gewöhnlichen Astralwesen gebannt und verbannt werden kann. Zwar kann er sich durch ein rechtzeitiges Zurückverwandeln in seine menschliche Gestalt noch schnell vor einem derartigen Bannzauber schützen und wird bei den meisten Bannversuchen deshalb erfolgreich entfleuchen können, jedoch kann ein unvorbereiteter oder abgelenkter Hexenmeister während seiner Metamorphose von einem erfahrenen Magus auch erfolgreich gebannt oder verbannt werden.
(…)
Ein weiter Nachteil, welche die Metamorphosemagie für den „aufgestiegenen Hexenmeister“ mit sich bringt, ist die von nun an große Bedeutung seines menschlichen Geburtsnamens. Da der Preis für die Fähigkeit, welche die Verwandlung in ein astrales Wesen ermöglicht, unausweichlich mit einem weitreichenden Verlust der Menschlichkeit einhergeht, können Reste eben dieser wiederum auch genutzt werden, um die wilde Macht eines aufgestiegenen Hexenmeisters zu schmälern oder sogar zu besiegen. Die stärkste Bindung eines Hexenmeisters an seine Menschlichkeit besteht nach dem Glauben und Wissen vieler Völker Alorans in dem Namen, welcher er bei seiner Geburt erhielt. Somit stellt sein Geburtsname die innigste Verbindung zu seiner menschlichen Seite dar, in welcher sich in manchen Fällen sogar noch Überreste seines Gewissens und seines Mitgefühls verbergen können. Spricht man ihn mit seinem wahren Namen an, kann es in sehr seltenen Fällen vorkommen, dass dieser verdrängte Teil seiner korrumpierten Seele davon berührt und zurückgerufen werden kann. Vor diesem Szenario fürchten sich eigentlich alle aufgestiegenen Hexenmeister, da sich eine Rückbesinnung auf ihre menschliche Seite gleichzeitig auch nachteilig auf ihre Macht und Fähigkeit zur Metamorphose auswirken würde. Deshalb hüten die meisten von ihnen ihren Geburtsnamen als strenges Geheimnis und schmücken sich häufig mit eigenwilligen Titeln oder selbsterwählten Anreden, da sie verhindern wollen, dass andere durch die Kenntnis ihres Geburtsnamens Macht über ihre verbannte Menschlichkeit erlangen und diese gegen ihren Willen heraufbeschwören könnten. Ähnlich wie ein abyssischer Beschwörer durch den Gebrauch des wahren Namens eines Dämons Macht über dessen Willen erhält, so kann auch jemand mit dem Aussprechen des wahren Namens eines aufgestiegenen Hexenmeisters Macht über dessen Seele erhalten und Gefühle in ihm wecken, welche dieser lange als besiegt und verdammt erachtet hätte.
Kenjis Epiphanien und Visionen
Kenjis Epiphanie im Gebet mit Roana (14. Nauloar 351 i.J.P.)
Während Kenji mit Roana im Gebet versunken war, hatte er plötzlich das Gefühl aus Richtung des Altars beobachtet zu werden und empfand das Bedürfnis, die Augen aufzumachen. Er sah, dass die Augen der Mynbrujestatue auf ihn gerichtet waren. Sie blickten ihn kurz an und die Statue schien ihn mild und freundlich anzulächeln. Dann wand sich ihre Mimik zurück in ihre Ausgangsposition und die Statue wirkte wie immer.
Hjorts Traum (17. Nauloar 351 i.J.P.)
Der Bambuse Hjort suchte Kenji am Mittag des 17. Nauloar auf und berichtete ihm in der Kapelle von einem Traum, welchen er in der letzten Nacht gehabt hatte.
Hjort träumte davon, wie er auf dem großen Marktplatz von Märkteburg stand. Er kennt diesen nur aus Erzählungen und war selbst noch nie dort, aber er erkannte ihn sofort an dem großen Tor von Throal, welches in seinem Traum wiederaufgerichtet und prächtiger als jemals zuvor war. Er bemerkte, dass seine Hände alt und verschrumpelt waren, und neben sich erblickte er seine Frau und seine Kinder, die ebenfalls gealtert waren und ihn erwartungsvoll und freudig anblickten.
„Ich kann es kaum glauben, dass wir endlich hier sind!“ sagte seine Frau und blickte aufgeregt in Richtung des großen Mynbruje Tempels, aus dem ein alter Mann heraus und auf ihn zu schritt. Dieser besaß lange weiß Haare und einen weißen Bart und er trug die Robe des obersten Erzquestors und einen Holzstab, an dessen Spitze ein goldener Greif prangt. Hjort erkannte sogleich, dass es sich um einen gealterten Kenji handelte und begrüßte ihn seltsam vertraut wie ein alter Freund und stellte ihn seiner begeisterten Familie vor.
Danach nahm der alte Kenji ihn zur Seite und sagte:
„Ich habe dir doch gesagt, dass selbst die hoffnungslosesten Geschichten ein freudiges Ende finden können!“
Dann klopfte er Hjort auf die Schulter und deutete auf einen jungen aber sehr charismatischen Mann mit langen, glatten und dunkelblonden Haaren, der ebenfalls eine Art „Questoren-Robe“ in strahlendem Gold trug und plötzlich an der Seite des alten Kenji stand. Sein Gesicht war nicht deutlich zu erkennen, aber er trug ein zuversichtliches Lächeln in einem edel und irgendwie besonders wirkendem Anlitz.
Kenjis Epiphanie im Gebet mit Hjort (17. Nauloar 351 i.J.P.)
Während Kenji und Hjort im Anschluss noch mit geschlossenen Augen beteten, hörte Kenji plötzlich eine leise, aber tiefe und wohlwollend klingende Stimme die kurz seinen Namen rief. Räumlich hat sie ihren Ursprung auf dem Altar und Kenji sah, dass die Statue des Mynbruje eine Art Heiligenschein besaß, welcher hell erstrahlte. Dann bewegte sich plötzlich ihr Kopf und sie sah Kenji direkt an. Sie lächelte ihn mild und gütig an und hob kurz die Hand, als würde sie einen Segen über Kenji sprechen. Dann erlosch plötzlich das Licht um sie herum und sie sah wieder aus wie eine ganz gewöhnliche Statue.
Kenjis Vision im Gebet (25. Nauloar 351 i.J.P.)
Als Kenji sich noch etwas in sein Gebet vertiefte, manifestierte sich plötzlich ganz unerwartet ein Bild vor seinen Augen:
Kenji befand sich in Märkteburg. Er blickte an sich herunter und bemerkte einen langen, weißen Bart, der an seinem gealterten Körper hinabwallte. Er blickte wieder hoch und sah einen jungen Mann in einer weißen Questorenrobe, welche mit goldenen Symbolen der Passionen bestickt war. Dieser legte dem alten Kenji die Hand auf die Schulter und lächelte ihn mit einem seltsam bekannten Lächeln an.
Dann verschwand die Vision. Als Kenji die Augen öffnete, konnte er schwören, dass die Statue des Mynbruje kurz eine Art Heiligenschein um sich hatte, der für einen Sekundenbruchteil aufleuchtete und dann wieder verschwand.
Kenjis Trance (8. Astoar 351 i.J.P.)
Kenji vertiefte sich unter dem Einfluss von weißem Mohn in der Kapelle schnell in sein Gebet. Er vergaß zwar die Worte seiner Gebete, dafür erreichte er bald eine tiefe, stille Trance. Bei geschlossenen Augen sah er plötzlich die Statue des Mynbruje vor sich und er fühlte sich diesem so nach wie selten zuvor.
Dann trat ihm plötzlich das Bild von Suno vor Augen und er hatte das Gefühl, dass er durch die Begegnung mit dem Sohn seines Gottes diesen nun noch besser versteht, da er nun auch dessen Familie besser kennt.
Kenji hatte das vage Bild von Clarius vor Augen, wie er neben einem alten Mann steht, der sehr stark der Statue auf seinem Altar ähnelt und empfand ein wohliges Gefühl bei dem Anblick dieses göttlichen Vater-Sohn-Gespannes.
Kenji träumte in seiner Trance weiter vor sich hin und plötzlich kamen ihm Bilder hoch, die ihn an den Traum von Hjort (vgl. unten) erinnerten.
Kenji sah sich selbst als alten Mann, mit langem weißem Bart und ihm gegenüber stand ein blonder, junger Mann in einer hellen Robe. Dieser Anblick erinnerte ihn auch wieder an Clarius und Mynbruje und dann nahmen die Bilder noch genauere Formen an.
Kenji sah nun zum ersten Mal das Gesicht des jungen Mannes und bemerkte, dass es fast so war, als ob er in einen Spiegel blickte, denn der junge Mann hatte die gleichen Augen wie er. Auch wenn er blonde Haare und eine hellere Haut besaß, so zeigte er auch die typischen Merkmale eines Shinji Oto.
Dieser junge Mann sprach dann zu Kenji:
„Vater, der Aufbruch naht! Mutter erwartet dich in Thera und es wird Zeit, dass ihr endlich die Lorbeeren eurer Arbeit genießt. Ihr habt mehr für Aloran getan, als sonst irgendwer und um alles weitere werde ich mich nun kümmern!“
Dann nahm Kenji den jungen Mann in den Arm und sagte:
„Mein lieber Sohn Gaius, ohne dich wäre uns all dies niemals gelungen! Erst du hast Aloran ans Licht geführt und Frieden für uns alle gebracht. Somit bist du die größte Heldentat meines Lebens!“
Kenji kamen noch andere Bilder vor Augen, an die er sich später jedoch nicht mehr erinnern konnte, da ihn seine Trance in einen tiefen Schlaf geführt hatte.
Kenjis kurze Gebetsvision (11. Astoar 351 i.J.P.)
Nach dem Putzen der Pelagus-Statue fand Kenji es angemessen, ein kleines, stilles Gebet zu sprechen, um sich schon mal auf die Weihung einzustimmen. Während seines Gebetes hat er plötzlich wieder das Bild von dem jungen Mann mit Madelaugen und goldenen Haaren vor Augen, den er bereits aus seinen Visionen kennt. Dieser lächelt ihm kurz zu und verschwindet dann wieder.
Kenjis apokalyptische Vision (12. Astoar 351 i.J.P.)
Als Kenji mit dem Notun-Geweihten Tonnmar von Vendstein in der Schiffskapelle gemeinsam beteten, spürte Kenji deutlich die Anwesenheit Notun, bevor er kaum merklich in eine andere Vision überging.
In völliger Dunkelheit spürt Kenji plötzlich, wie jemand liebevoll seine Hand nimmt. Es ist eine sehr vertraute und angenehme Berührung und Kenji merkt, wie er diese Berührung sanft durch den Druck seiner eigenen Hand erwidert. Die Dunkelheit lichtet sich und als Kenji sich umblickt, sieht er plötzlich Octavia neben sich stehen. Scheinbar hält er ihre Hand und sie lächelt ihn freudig und stolz an. Ihm fällt auf, dass Octavias Haare von grauen Strähnen durchzogen sind und ihr Gesicht zwar immer noch schön, aber viel älter wirkt. Nachdem sie ihm stolz zugelächelt hat, wendet sich ihr Blick jemand anderem zu, auf dem nun auch Kenjis Blick fällt. Es ist der goldblonde, junge Mann mit Mandelaugen, den er bereits aus anderen Visionen kennt.
Dieser sitzt auf einem Thron und nimmt gerade an einer großen Zeremonie teil. Der Thron ist aus Gold und mit einem großen, weißen Drachen aus Alabaster verziert und Kenji weiß sofort, dass es sich um den Thron des Theranischen Kaisers handelt, da dieser auf ganz Aloran bekannt ist. Jedoch erblickt er an dem Thron auch ein Zeichen, dass eigentlich nicht dorthin gehört. Es handelt sich um eine große, zwölfstrahlige Sonne, welche in ganz Barsaive als Zeichen der Passionen und ihrer Botschaft des Lichtes benutzt wird. Diese prangt nun hoch über dem weißen Drachen und bildet die Spitze des Thrones. Kenji wird dann schließlich bewusst, dass der junge Mann auf dem Thron gerade zum Theranischen Kaiser und Herrscher von ganz Aloran gekrönt wird. Er sieht die Drachenpriesterinnen und wie die Seele des Theranios sich mit strahlenden Licht mit der des jungen Herrschers verbindet.
Die Menschenmenge, die Kenji nun um sich herum auffällt, ist am Jubeln und applaudieren. Das Geschehen findet scheinbar in dem Palast in Thera statt, aber Kenji sieht viele bekannte Gesichter aus Barsaive, die jedoch inzwischen gealtert sind. Archorbar und Hilligenhain stehen nicht weit entfernt und sogar einige Zwerge, darunter auch Ferolax, gehören zu ihrer Gesellschaft. Abraxa scheint immer noch zu leben und steht andächtig neben Octavia, während sie zum Thron hochblickt. Noch ein Stück weiter steht ein gealterter Augustus gemeinsam mit seiner Ehefrau und nickt Kenji bewundernd zu, während er wieder auf den jungen Kaiser deutet. Dieser erhebt sich gerade von seinem Thron, als eine andere Person auf ihn zugeht, bei der es sich eindeutig um den Zwergenkönig Varulos handelt, der den jungen Kaiser anlächelt und ihm versöhnend seine ausgestreckte Hand zum Friedensschluss reicht. Der Kaiser lächelt zurück und will ihm ebenfalls die Hand reichen.
Kurz bevor sich die Hände treffen, erheben sich jedoch plötzlich Flammen um den jungen Kaiser herum und sein herrschaftliches Gewandt fängt Feuer. Sein Gesicht ist schmerzerfüllt und die Flammen verschlingen ihn Stück um Stück, während Kenji seine Schmerzensschreie hört und verzweifelt versucht zum Thron zu gelangen. Er streckt seine Arme helfend nach dem Kaiser aus, während dieser jedoch langsam zu Asche zerfällt, und das letzte, was Kenji noch hört, bevor der Kaiser in sich zusammenfällt, sind folgende Worte, die an ihn gerichtet sind:
„Rette mich, Vater! Es ist noch nicht zu spät!“
Kenji spürt noch, wie er ins Leere greift und dort, wo vorher noch der Kaiser war, nun nur noch ein Häufchen Asche liegt. Kurz darauf hört er, wie alle um ihn herum zu schreien beginnen und wie Türen aufgebrochen werden und die Wände um ihn herum einstürzen. Dämonen stürzen in die Palasthalle und greifen die Anwesenden an. Kenji sieht, wie Octavia von einem Dämon gefressen wird und alle anderen um ihn herum von Dämonen überrannt werden.
Niemand überlebt und Kenjis Blick fällt nach draußen, wo Dämonenscharen über einen rot gefärbten Himmel fliegen und es so scheint, als hätte sich die Welt um ihn herum ins tiefste Abyssia verwandelt. Eine ewige Plage scheint angebrochen zu sein.
Kurz bevor auch Kenji von einer dämonischen Pranke tödlich getroffen wird, wacht er plötzlich schweißgebadet auf und findet sich in den Armen des Notun-Questors wieder.
Kenjis Traum (15. Astoar 351 i.J.P.)
Als Kenji sich in der Wurzelkammer der Elemente schlafen legt, sieht er in seinen Träumen Feuer, in dem auf einmal das Gesicht seines Sohnes auftaucht und ruft:
„Vater, es ist noch nicht zu spät!“,
bevor er von den Flammen erfasst wird und mit einem markerschütternden Schmerzensschrei vor Kenjis Augen verbrennt.
Kenjis Reaktionen auf Feuerzauber (16. Astoar 351 i.J.P.)
Als Octavia und Ignus beim Abstieg in die Erdkammer den dunklen Gang mit ihrem Feuer erleuchten, bemerkt Kenji plötzlich, dass er sich beim Schein der Flammen irgendwie unwohl fühlt. Das Feuer wirkt beängstigend auf ihn und als sein Blick einmal kurz die Feuerkugel von Ignus streift, hat er für eine Sekunde das Gesicht seines Sohnes vor Augen, der ihn schmerzerfüllt aus den Flammen heraus anblickt und dann von diesen aufgezehrt wird.
Als Octavia und Ignus vor dem Tor zur Schlammkammer ihre Zauber in der besonderen Atmosphäre ausprobieren, überkommt Kenji, der sich dem Bann des Feuers nicht entziehen kann, beim Anblick der Flammen ein spürbares Unbehagen. Er muss plötzlich wieder an seinen Sohn und die apokalyptische Zukunftsvision denken, die er gesehen hat. Kenji bricht daraufhin schreiend zusammen und Henk bittet die beiden, mit dem Zaubern aufzuhören.
Als Kenji in Dogeons Zuflucht auf dem Moosteppich eingeschlafen ist, wird er im Traum seinen Sohn sehen, der in Flammen aufgeht und voller Schmerzen schreit: „Vater, es ist noch nicht zu spät!“ Außerdem sieht er immer wieder die apokalyptische Zukunft, in welcher eine ewige Plage über Aloran ausbricht. Er erwacht nach seinem Sohn rufend und erzählt Henk von seinem Traum.
Als Henk hinter der Fee her die Felswand hinaufgeklettert ist und sich Ignus und Octavia mit Feuerzaubern die Wartezeit vertreiben, überbekommt Kenji beim Anblick der Flammen großes Unbehagen und Angst steigt in ihm auf. Er muss wieder an seine Vision denken, außerdem hat er das Gefühl, dass sein verbrannter Arm inzwischen wieder stärker schmerzt. Er bittet sie aufzuhören und stößt auf Unverständnis, warum er Octavia diese einmalige Chance, ihre Magie auszutesten, einfach nehmen will.
Die Flucht aus Dogeons Zuflucht ist für Kenji unerträglich und all die Explosionen und das Feuer, mit denen Ignus und Octavia die angreifenden Erdelementare abwehren, vermitteln ihm den Eindruck, sich in der tiefsten Hölle zu befinden. Die Bilder aus seiner Vision sind allgegenwärtig und er spürt Angst und Verzweiflung, so dass er zu schreien beginnt und von Wigo an der Hand hinterhergezogen werden muss.
Kenjis Traumvision in der Schlammkammer (17. Astoar 351 i.J.P.)
Kenji sieht das Gesicht seines Sohnes vor Augen. Dieser flüstert ihm zu:
„Es ist bald so weit, Vater! Sei tapfer und die Passionen werden dir beistehen! Nur wenn du Mutter von ihm befreist, wirst du mich und Aloran retten können! “
Dann sieht Kenji, wie sein Sohn erneut von den Flammen eingehüllt wird und vor Schmerz aufschreit:
„Hilf mir Vater! Rette mich, bevor es zu spät ist! “
Kenji wacht dann schweißgebadet auf.
Kenjis Vision in der Wasserkammer (18. Astoar 351 i.J.P.)
Als Kenji sich nach der Explosion suchend in der Dunkelheit umblickt, nimmt er plötzlich etwas wahr. Er hört eine bekannte Stimme aus den Finsternis. Es handelt sich um die seines zukünftigen Sohnes. Diese spricht ermutigend zu ihm:
„Vater, verzweifle nicht, denn es gibt noch Hoffnung! Sie ist noch nicht verloren! …noch NICHT VERLOREN…! NICHT VERLOREN…!“
Kenjis Traum in der Roten Festung (18. Astoar 351 i.J.P.)
Kenji sieht im Traum seinen Sohn umgeben von Flammen. Dieser sagt:
„Vater, du hättest es beinahe geschafft, doch es ist immer noch nicht zu spät! Du darfst Mutter nicht im Stich lassen! Es gibt noch Hoffnung, denn tief in ihrem Inneren ist sie noch die Frau, die sie einst war. Glaube stets daran oder Aloran wird brennen!
All deine anderen Siege werden vergebens sein, wenn ich niemals das Licht der Welt erblicke! Gib den Glauben an die Zukunft, welche die Götter für uns vorgesehen haben, nicht auf! Nur wenn du sie zurückgewinnst, kannst du dein Schicksal erfüllen und uns alle retten!
Sie ist noch nicht verloren! …noch NICHT VERLOREN…! NICHT VERLOREN…!“
Kenjis Sichtungen in der Roten Festung (18. Astoar 351 i.J.P.)
1. Sichtung
Kenji bemerkt etwas entfernt zwischen den Trümmern plötzlich eine Bewegung. Als er hinsieht, entdeckt er gerade noch eine Person, von welcher er nur einen Fuß erblicken kann, da diese gerade hinter einem Trümmerstück verschwindet. Der Fuß trägt einen weißen Stiefel und darüber kann er ein kleines Stück einer goldenen Robe erkennen.
Einige Meter weiter auf dem Weg sieht Kenji die Person erneut, welche sich ca. 50m entfernt in den Ruinen bewegt. Kenji erkennt seinen Sohn, der hinter einem Trümmerstück hervorblickt. Dieser lächelt Kenji ermutigend an und blickt dann mit sehr traurigen Augen in Octavias Richtung. Dann verschwindet er hinter den alten Steinen und ist fort.
2. Sichtung
Im Kampfgeschehen vor dem großen Tor wird Octavia in Feuergestalt von einer Wasserkugel getroffen, verwandet sich dadurch zurück und stürzt ab. Sie landet auf der Treppe hinter dem Tor, dem Eingang zum Vulkan. Kenji bemerkt, dass Octavia in Schwierigkeiten ist, denn sie hat den Absturz durch ihre Feuermacht zwar überleben, hat aber noch einige Schatten an sich hängen. Kenji beobachtet, dass die Männer sie anscheinend noch nicht bemerkt haben, und sieht in diesem Moment seinen Sohn wieder sehen. Dieser deutet verzweifelt auf die kämpfende Octavia und ruft:
„Hilf ihr! Dass ist deine Chance, Vater! Lass sie nicht allein, sonst ist Alles verloren!“
Kenji spürt den Drang, zu Octavia zu gelangen.
3. Sichtung
Nachdem Kenji mittels Lichtblitzen Octavia vor den Schatten gerettet hat, kommt Ignus dazu und die beiden beginnen, den Feuerfürsten aufzuzehren. Dabei wird es noch heißer in dem Gang und Kenji muss fallenden Steinen ausweichen und verspürt den Drang zu fliehen. Plötzlich steht Kenjis Sohn neben ihm und sagt:
„Verlass sie nicht! Bleib bei ihr! Dies ist die letzte Chance…!“
Kenji harrt im Gang aus und sackt schließlich durch die Hitze bewusstlos zusammen.
Letzte Sichtung
Nachdem Octavia sich von Ignus losgesagt hat und Ferolax die Geschwächte auf seinen Armen trägt, nähern sich die Helden dem Eingang in der Roten Festung. Da bemerkt Kenji eine Bewegung in den Ruinen und blickt sich unweigerlich um. Kenji sieht seinen Sohn zwischen den Trümmern stehen. Dieser deutet auf Octavia und sagt:
„Vater, das ist nicht meine Mutter! Du wurdest ausgetrickst, denn sie ist nur ein Handlanger der Feinde! Töte sie, bevor sie dich töten kann!“
Kenjis Wissen über Derian
Kenji kennt Derian nur vom Sehen.
Dieser ist in Augustus Alter und war manchmal in der Bibliothek oder auf dem Anwesen zu beobachten. Für Kenji war er vermutlich vor allen einer der vielen Söhne des ansässigen Adels, die häufig zum Studieren von ihren Eltern in die Bibliothek des Aequus geschickt wurden, um durch das theranische Wissen ihren Bildungsschatz aufzubessern.
Der zurückhaltende Derian machte unter ihnen immer einen sehr unauffälligen und schüchternen Eindruck und man konnte seine Anwesenheit auch leicht übersehen. Er zeigte sich auch nicht sehr gesellig, sondern er schien gern allein zu sein und war ständig in irgendein Buch versunken oder war eifrig dabei, sich etwas in seinen Notizen aufzuschreiben. Wenn das Wetter es zuließ, saß er auch immer draußen in den Gärten, anstatt an den Studierpulten in der Bibliothekshalle. Manchmal las oder schrieb er auch gar nicht, sondern blickte verträumt in die Wolken oder auf das Meer hinaus.
Man konnte erahnen, dass Derian anscheinend ein näherer Freund der Familie der Octavier ist und Kenji wird auch über die verschiedensten Quellen erfahren haben, dass Derian der Sohn von dem Grafen Dogerian von Köslin ist, welcher selbst ein bekannter Admiral und Held in Kronstadt war.
Manchmal sah Kenji Derian mit Augustus und Octavia zusammen im Garten spazieren gehen und man konnte bemerken, dass die drei anscheinend ein freundschaftliches Verhältnis zueinander haben. Einmal konnte Kenji auch beobachten, wie Octavia gemeinsam mit Derian musizierte. Diese erlernte damals gerade das Lyraspiel und Derian schien sie mit einer etwas unsicheren aber sehr gefühlvollen Stimme zu begleiten. Das Lied war Kenji vollkommen unbekannt, klang aber ein wenig nach kronstädter Folklore.
Falls Kenji irgendwann einmal mit Derian in Kontakt gekommen ist, wird dieser sehr höflich, aber auch sehr unsicher und distanziert gewirkt haben, was für den Sohn eines Grafen und Helden eher ungewöhnlich ist.
Pyrrhons Brief
Großes Passionengebet
Hört meinen Ruf, heilige Passionen!
Ihr göttlichen Bewahrer von Himmel und Erde! Edle Hüter Barthavions!
Eure Botschaft ist das Licht!
Vertreibt die Schatten und erleuchtet die finsteren Orte!
Erhellt die Herzen der Verzweifelten und seid ihnen ein Licht im Dunkeln!
Lasset euer Licht über uns allen erstrahlen und seid unser führender Stern!
Denn euer Licht ist unser Licht, im Leben und im Tod!
Kenjis kronstädter Kontakte
Der oberste Richter Walram von Salzbruck
Der oberste Richter Walram von Salzbruck ist von dem Rat von Kronstadt als Rechtssprecher und Vorsteher des großen Mynbruje Tempels eingesetzt worden. Er ist seit langen eine prominente Person unter dem Kronstädter Adel und galt schon immer als ein Karrieremensch, der sich im Rat schon in jungen Jahren einen bekannten Namen machte. Durch die neuen Gesetzte in der Stadt und dem Bruch mit Throal hat er nun einen der wichtigsten Posten inne und schien sich auch mit dem Statthalter Vorax blendend zu verstehen. Er hat die alten Mynbrujequestoren auch nicht aus dem Tempel vertrieben, sondern zeigte sich ihnen gegenüber versöhnlich, indem er ihnen neue Ämter als Rechtssprecher anbot und sie bat ihm dabei zu helfen, die neue Gesetzgebung in Kronstadt durchzusetzen. Er betonte stets, dass ein geschriebenes Gesetz zu einer größeren Gerechtigkeit und Gleichbehandlung der Menschen führe, als wenn die Questoren ihr Recht nach religiöser Willkür sprechen. Einige der Questoren haben daraufhin sein Angebot angenommen, andere wollten jedoch ihren Glaubenssätzen treu bleiben und verließen Kronstadt, um ihre Dienste woanders in Barsaive anzubieten.
Der alte Vorsteher und Erzquestor Merkan Hellron ging zurück nach Throal, da auch er sich nicht auf seelsorgerische Tätigkeiten beschränken oder ein verändertes Amt unter der Aufsicht des Kronstädter Rats annehmen wollte. Auch viele andere Mynbrujequestoren blieben ihren religiösen Überzeugungen treu und schlossen sich ihm an.
Der Widerständler Jast Heidiger
Es gab jedoch einige Questoren, die in der Stadt blieben, weil sie sich dem neuen Gesetz des Rats (wie Kenji) widersetzten und versuchten, die Kronstädter weiterhin für den Bund von Throal zurückzugewinnen. Einer davon ist Jast Heidiger, welcher es nicht übers Herz bringen konnte, die religiösen Traditionen Barsaives zu verraten oder nach Throal abzuziehen. Früher hatte er im Tempel ein hohes Ansehen und galt als potentieller Nachfolger des alten Erzquestors. Neben den Schiedssprüchen, welche den Mynbrujequestoren immer noch erlaubt waren, mischte er sich nach dem Dekret des Rates auch in Rechtssprüche ein, welche nun per Gesetzbuch streng definiert waren, ihm jedoch als ungerecht erschienen. Ähnlich wie Kenji galt er als unbequem und focht sogar Todesurteile an. Mehr als einmal zog er somit die Verärgerung des Rates auf sich und konnte dem Kerker nur knapp entkommen, als er den Tod eines hinterhältigen Mörders forderte, welcher jedoch von dem neuen obersten Richter einen Freispruch erhielt, weil es sich um eine angesehene Person aus dem kronstädter Adel handelte. Jast Heidiger war damals felsenfest davon überzeugt, dass dieser Freispruch erkauft wurde und der neue Richter einen gefährlichen Verbrecher auf freien Fuß setzte, weil dieser ihn durch eine große Summe bestochen habe. Vielleicht hat Kenji in seiner abgelegenen Kapelle auch von diesem Fall gehört, da Jast mit seinem Widerstand damals für großes Aufsehen gesorgt hat. Auch bekam er danach immer größere Schwierigkeiten und der Rat drohte ihm mit dem Kerker, wenn er sich nicht aus den Urteilen des Rats heraushalten würde. Ob Jast jedoch auch fliehen musste, ist Kenji unbekannt. Das letzte was er weiß, ist, dass Jast in der Stadt untergetaucht ist, jedoch weiterhin versuchte, gegen die neue und seiner Meinung nach ungerechte und korrupte Gesetzeslage anzukämpfen.
Der Seelsorger Odumir Arsinger
Ein anderer Mynbrujequestor ist der alte Odumir Arsinger. Dieser ist ein tiefgläubiger und sehr harmoniebedürftiger Mensch und hat versucht, sich mit den neuen Umständen in Kronstadt zu arrangieren. Seiner Meinung nach kann sich die Gerechtigkeit Mynbrujes genauso gut durch ein geschriebenes Gesetz ausdrücken, wie durch individuelle Richtsprüche. Deshalb hat er wenig Probleme damit, seine Urteile aus einem Gesetzbuch zu verlesen, welches vom Rat von Kronstadt verfasst wurde, solange es dadurch zu einem gerechten Urteil kommt. Vermutlich hat Odumir sich aber auch an die neue Situation angepasst, da er immer wieder betonte, dass er niemals seine Gemeinde im Stich lassen würde. Als Kenji Kronstadt verließ, war er für die Rechtsprechung im Stadtviertel der Fischer und Arbeiter zuständig und jeder weiß, dass er sich aufopferungsvoll um seine Schäfchen gekümmert hat und besonders für seine seelsorgerischen Qualitäten bekannt war. Da er selbst von einfacher Abstammung war und man ihn nicht gerade als Gelehrten bezeichnen konnte, war er immer sehr nah beim einfachen Bürger und hat sich weniger für die weltlichen und juristischen Aspekte seines Amtes interessiert. Für ihn steht das seelische Wohl seiner Gemeinde immer über intellektueller Rechthaberei oder weltlichen Verwaltungsstreitereien. Er glaubt auch daran, dass es eine höhere Gerechtigkeit des Mynbruje gibt, welche über der weltlichen steht und es unmöglich mache, dass irgendein Lebewesen seinem gerechten Schicksal zu entkommen könnte (Karma). Dementsprechend kümmert er sich nur wenig um Politik oder die Veränderungen in der Stadt, sondern vertraut auf die Macht Mynbrujes, ganz gleich, welche Regierung oder Rechtsprechung zufällig existiert. Für ihn zählt nur, dass er seiner Gemeinde einen väterlichen Vertrauten bieten und ihnen mit Rat und spiritueller Unterstützung zur Seite stehen kann.
Die Garlenquestorin Talina Westwind
Pyrrhon und Kenji erhielten in ihrer Kapelle immer wieder Besuch von den Questorinnen der Garlen, welche häufig auf die außerhalb gelegenen Höfe hinauskamen, um die Bauern von Krankheiten zu heilen oder ihnen bei Gebrechen und Not beizustehen. Viele von ihnen machten Rast bei der Kapelle von Pyrrhon und zu einigen entwickelten sich mit Sicherheit auch gute Freundschaften. Bei Taufen und Hochzeiten begleiteten Kenji und sein Lehrmeister die Questorinnen auch zu den Feierlichkeiten auf den Höfen, da es Brauch ist, dass sowohl eine Garlenquestorin, als auch ein Mynbrujequestor gemeinsam einen Segen zu diesen Anlässen sprechen, da sie zusammen das göttliche Paar des Himmelsvaters Mynbruje und der Erdmutter Garlen in diesen Zeremonien verkörpern.
Unter den Questorinnen gab es eine, die nur wenige Jahre junger als Kenji war und so zu den wenigen Adepten in der Umgebung gehörte, die in etwa sein Alter besaßen. Ihr Name lautet Talina Westwind. Sie war die Tochter eines Perlenschleifers, welcher am kronstädter Hafen Knöpfe und anderen Schmuck aus Perlmutt herstellte. Als sie ein Kind war, hatte ihr Vater beim Perlentauchen einen schlimmen Unfall und lag viele Tage im Koma. Sie hat tagelang im Tempel der Garlen für ihn gebetet und der Göttin versprochen, dass sie ihr ihr Leben verschreibt, wenn sie das ihres Vaters retten würde. Nachdem sie eine ganze Nacht im Tempel durchgebetet hatte, wachte dieser plötzlich wieder kerngesund auf, als wäre ihm nie etwas geschehen. Danach schloss sich Talina den Schwestern der Garlen an, obwohl ihre Eltern dies nur ungern sahen, da sie ihr einziges Kind war und sie hofften, dass sie eines Tages ihre Perlenschleiferei übernehmen würde. Da sie jedoch ihr Leben der Göttin versprochen und ihres Glaubens nach ihrem Vater damit das Leben gerettet hatte, akzeptierten ihre Eltern es, dass sie im Alter von 12 Jahren in den Tempeldienst eintrat.
Talina war ein gutmütiges, einfühlsames und hilfsbereites Mädchen und Kenji konnte immer wieder sehen, wie gut sie mit Menschen umgehen und ihnen bei ihren Problemen helfen konnte. Sie besuchte Pyrrhon und Kenji jedes Mal, wenn sie etwas bei den Bauern zu tun hatte und freundete sich bestimmt mit dem gleichaltrigen Kenji an.
Kenji, der eine sehr gute Menschenkenntnis hat, wird bemerkt haben, dass sie heimlich in ihn verliebt war, was sie jedoch niemals sagte, da Questorinnen der Garlen nicht heiraten oder eine Beziehung führen dürfen, da sie ihre ganze Fürsorge in den Dienst ihrer Gemeinde zu stellen haben (sie können jedoch - wie Nonnen - auch wieder austreten und ein weltliches Leben wählen). Wie Kenji damit umgegangen ist oder ob er ihre Gefühle erwidert hat, bleibt ihm überlassen.
Der Boron Questor Aedin Schattengrund
Im Tempel des Boron arbeitet und wohnt der alte Aedin Schattengrund. Dieser ist ein uralter Mann und war bereits während des Krieges und lange vor Kenjis Geburt tätig. Niemand weiß genau, wie er zum Questor wurde und er redet auch nur sehr selten über sich oder sein Leben. Man erzählt sich jedoch, dass er als junger Mann mit einem Schiff aus Olburg nach Kronstadt kam und bei dem vorherigen Boronquestor in die Lehre ging. Seit dessen Tod kümmert er sich um alle Bestattungen in der Stadt und der näheren Region.
Er gilt als Eigenbrötler und kann hin und wieder ganz schon garstig sein, wenn jemand keinen Respekt vor seinem Amt oder seiner Arbeit zeigt. Er nimmt seine Arbeit als Questor sehr ernst und sieht es als seine Pflicht an, allen Menschen stets ihre Vergänglichkeit und die allgegenwärtige Präsenz des Todes bewusst zu machen, welche sie daran erinnern soll, Demut vor dem Leben und den Gaben der Passionen zu zeigen. Oft redet er mantrisch davon, dass die meisten Probleme der Menschen daherkommen, dass sie sich in ihrem Hochmut unsterblich fühlen und deshalb keinen Respekt mehr vor dem Lebendigem haben. Als ein wandelndes „Memento mori“ kann er deshalb ein sehr anstrengender Gesprächspartner sein, aber wenn er bemerkt, dass jemand seine spirituellen Ermahnungen ernst nimmt, gibt er sich alle Mühe um, mit ihm ernsthaft über Leben und Tod zu philosophieren.
Für Politik interessiert er sich nicht wirklich. Für ihn ist es gleich, ob die Menschen arm oder reich, angesehen oder verachtet, versklavt oder frei sind und welche Regierung zurzeit herrscht, da seiner Meinung nach im Tod alle Menschen vereint werden und irgendwann alle bei ihm auf dem Acker landen. Er selbst ist deshalb strenger Asket und sieht keinen Sinn darin, sich während seines kurzen, irdischen Lebens an Dinge zu binden, welche nach dem Tod ihre Bedeutung verlieren.
Der Gastwirt von der „Grünen Rast“ Grifo Lausinger
Der Gastwirt war ein etwas grobschlächtiger Mann und für seinen derben Humor und anzüglichen Witze bekannt. Da in der Gasstätte vor allem Seeleute abstiegen und abends die Bauern aus der Umgebung zum Trinken herkamen, herrschte dort häufig ein etwas ungehobelter Umgangston und der Gastwirt musste hin und wieder den ein oder anderen Streit unter Betrunkenen schlichten. Zu den Gästen zählten auch viele Durchreisende und das Publikum war manchmal buntgemischt und man konnte auch interessante Gesprächspartner von weit her kennenlernen. Bei einigen Gästen wird es sich offensichtlich auch um Schmuggler und andere Kriminelle gehandelt haben, welche aus unterschiedlichen Gründen einen Bogen um die Stadt gemacht haben.
Der Wirt betrieb das Gasthaus zusammen mit seinen zwei Söhnen Rupo und Elko und seiner Frau Gelda, welche auch als Köchin arbeitete und für ihre köstlichen Fischgerichte berühmt war. Die Familie zeigte immer großen Respekt vor Pyrrhon und Kenji und war sehr religiös.
Die Villa des Aequus
Legende
1. Tempel der Hesinde: Die Darstellung der Statue im Inneren ist eine idealisierte Form der barsavischen Göttin Hesinde. Sie trägt in ihren Händen eine Schriftrolle, welche das Wissen Barsaives symbolisiert.
2. Tempel der Phia: Die Statue der Phia im Inneren trägt ebenfalls eine Schriftrolle in den Händen, welche das Wissen Theras symbolisiert.
3. Atrium der Archonten: In dem Atrium befinden sich für Barsaver eher ungewöhnliche Darstellungen, da hier Archonten wie der strahlende Protogonos (der Zeugungs- und Schöpfungswille), die nackte Gea (die Gebärerin alles Irdischen), der ehrwürdige Cronius (Vater der Zeit) und die finstere Themoria (die ambivalente Bewahrerin der archontischen Ordnung), welche aussieht, als wäre sie eine Mischung aus einem Gott und einem Dämon. Insgesamt ranken sich die Darstellungen um die Themen Leben, Tod und Vergänglichkeit.
4. Große Bibliothek: Die Bibliothek besteht aus einer einzigen, sehr großen Halle. Neben Statuen der Hesinde und Phia, finden sich im Innerem auch einige Darstellungen der barsavischen Enodia und der theranischen Mageia.
5. Statue des Clarius: Der Gott der Künste, der Vollkommenheit und der Erkenntnis ist für Theraner ein beliebter Schutzpatron für Wissen und Forschung.
6. Flügel der Forscher: In dieser Abteilung werden die Forscher und die Gäste der Bibliothek untergebracht. Hier gibt es Forschungsräume und Labore. Abraxa lebte ebenfalls hier.
7. Atrium des Titus Octavius Cycnus: Cycnus war der Stammvater der Octavier. In der Mitte des Atriums befindet sich eine Statue von ihm und einem Schwan, welcher seinen Genius verkörpert.
8. Relief der Octavier: Das Relief stellt eine Schlachtszene aus der Zeit der Uméler-Kriege dar, bei welcher Titus Octavius Cycnus auf einem geflügelten Pferd seine Männer in den Kampf führt.
9. Personalflügel: Hier leben die Sklaven und Angestellten und man findet die Küchen und Haushaltsräume.
10. Privater Flügel: Diese Abteilung der Residenz ist nur der Familie der Octavier vorbehalten und stellt das eigentliche Wohnhaus dar.
11. Sonnenterasse: Die große und teilweise überdachte Terrasse ist ebenfalls privat.
12. Die Ställe
13. Kleines Gymnasion
14. Haus der Wachtruppen
Das Hauspersonal
Die Hausverwalter
Das kinderlos gebliebene Ehepaar Basin und Elwene Hütinger aus Kronstadt wurde bereits vor der Errichtung der Villa von Aequus persönlich eingestellt und mit der Verwaltung des Anwesens beauftragt. Sie kennen das Gebäude also von den Grundmauern an und verfolgten jeden Schritt dessen Erbauung.
Der Hausverwalter Basin hatte bereits in Kronstadt die Pflege über einige Amtsgebäude übernommen und hatte in seiner Jugend selbst einmal davon geträumt, Baumeister zu werden. Jedoch ließ dies sein gesellschaftlicher Stand nicht zu, aber seine Begeisterung für Architektur behielt er aufrecht. Deshalb freute er sich auch sehr, dass er in einem so besonderen und kunstfertigen Gebäude wie der Residenz des Aequus beschäftigt wurde. Von Anfang an besaß er eine große Ehrfurcht vor der Arbeit der theranischen Architekten und betrachtete es als eine Ehre, als man ihm die Verantwortung über die Hauverwaltung der Residenz anvertraute.
Basin und seine Frau Elwene fühlten sich von dem ersten Tag in dem Anwesen wie Zuhause und beide verrichteten ihre Arbeit mit Freude. Sie fanden auch schnell ein sehr familiäres Verhältnis zu den neuen Hausherren und deren Haussklaven, die sie aus Thera mitgebracht hatten.
Die Tätigkeiten der beiden lagen vor allem in der Instandhaltung des Gebäudes, aber auch der Verwaltung des Hauspersonals. Da die Hausverwalterin bereits früher als Angestellte in einigen größeren Anwesen des kronstädter Adels gearbeitet hatte, war sie mit der Organisation des Personals geübt und führte ein strenges Regime im Haushalt der Residenz.
Die Amme
Maura, die Amme der Familie, war eine alte Sklavin mit balmarischer Abstammung. Sie ist bereits als Kind im Besitz der Familie und kann sich selbst an ihre Versklavung nicht mehr erinnern.
Sie hatte bereits die Amme von Aequus bei dessen Erziehung unterstütz und diese dann schließlich abgelöst, als sie zu alt wurde und ihre Arbeit nicht mehr verrichten konnte. Danach begleitete sie Aequus nach Barsaive, als dieser selbst vorhatte, eine Familie zu gründen. Er wollte, dass Maura seine Kinder ebenfalls großzieht, da er große Achtung und Zuneigung für diese Frau empfand.
Maura war eine sehr strenge und disziplinierte Frau und verstand es Kinder zu führen und ihnen Respekt beizubringen. Octavia liebte sie fast wie eine zweite Mutter, da sie immer fair und fürsorglich war, jedoch geriet sie hin und wieder in Konflikt mit ihr, da sie den Kindern sehr viel Eigenständigkeit und Leistung abverlangte. Sie duldete weder Widerworte noch Ausreden und alles, was sie verlangte, musste sofort umgesetzt werden. Mehr als einmal hat Octavia sich deshalb in der Bibliothek hinter den hintersten Regalen versteckt, um den lästigen und unnachgiebigen Anweisungen der Amme zu entkommen.
Der Hauslehrer
Der Lehrer Deron war fast ebenso lange im Besitz der Octavier, wie die alte Amme. Er war jedoch noch älter als diese und hatte bereits dem jungen Aequus seine ersten Schullektionen beigebracht. Er stammte ursprünglich aus Cora und bereits seine Eltern waren Sklaven auf der Insel Thera.
Auch Deron empfand die Familie des Aequus als seine Heimat und besaß enge Bindungen an diese. Für Aequus war er so etwas wie eine Vaterfigur, da dessen eigener Vater sehr früh in einem Einsatz fiel. Also übernahm der Lehrer diese Ersatzrolle für ihn und wurde später zu Aequus‘ engsten vertrauten und Berater. Fast all seine beruflichen und privaten Angelegenheiten besprach er mit seinem alten Lehrer und nahm ihn deshalb mit nach Barsaive. Zusätzlich war es Aequus wichtig, dass Deron auch seine eigenen Kinder unterrichten werde.
Der Mann war ein strenger und kompromissloser Lehrer, schaffte es dabei aber irgendwie immer, seine Schüler zu begeistern, aufzumuntern und in Konzentration zu halten. Außerdem besaß er eine unglaubliche Geduld und ließ nicht locker, bis seine Schüler ihr angestrebtes Ziel erreicht hatten.
Privat war Deron ein gelassener und ruhiger Mann, dem fast nichts aus der Ruhe bringen konnte. Außerdem war er für seine Scherze und Anekdoten bekannt, die er bei Gelegenheit zum Besten gab. Den Kindern konnte er damit immer ein Lachen abringen und alle Erwachsenen empfanden ihn als einen sehr angenehmen und beliebten Zeitgenossen.
Neben der Familie unterrichtete er viele Jahre auch Einheimische im Theranischen, darunter auch Questor Kenji.
Kenjis Hintergrundwissen über die letzten Jahre in Kronstadt
Offizielle Nachrichten über das Attentat (Astoar 347 i.J.P.)
Nach dem Tod von Aequus am 7. Astoar erfuhr Kenji durch die Verkündungen des offiziellen Herolds am 9. Astoar auf den Marktplätzen, dass es weitere Attentate in ganz Barsaive gab und ihnen auch vier andere theranische Botschafter zum Opfer fielen.
Kenji wusste durch sein Allgemeinwissen, dass die anderen Botschafter ihre Residenzen in Ankarz (beim heutigen Parlainthium Novum), Travar, Iopos und Vivane errichtet hatten. Sie waren gemeinsam mit Aqeuus vor über 20 Jahren nach Barsaive gekommen, um den Frieden zu wahren und an guten, diplomatischen Beziehungen für die Zukunft zu arbeiten. Pyrrhon hatte große Hoffnungen in diese Botschafter gesetzt und Kenji hat viel Gutes über ihre Arbeit und die dadurch erreichte Verbesserung des politischen Klimas in ganz Barsaive gehört. Für viele Barsaver, die an einen endgültigen Frieden mit Thera geglaubt hatten, waren diese Attentate also ein schwerer Schlag und allgemein herrschte große Unsicherheit und Angst auf den Straßen, ob der alte Konflikt mit Thera nach so vielen friedvollen Jahren durch diese Morde nun wieder ausbrechen könnte.
Der Herold ließ weiter verlauten, dass der Kronstädter Rat gemeinsam mit Silvius Insidiae, dem Schwager des verstorbenen Botschafters, Ermittlungen gegen die Attentäter in Gang gesetzt hätte. Sie riefen die Bevölkerung von Kronstadt zur Mithilfe auf und es wurde ein hohes Kopfgeld auf die Attentäter und ihre Helfer ausgesetzt. Außerdem sei der Erbe des Botschafters, der junge Augustus Octavius, am 8. Astoar aus Travar angereist und nun der neue Herr der Residenz. Es hieß, dass dieser in Zukunft die Arbeit seines Vaters irgendwann übernehmen würde, aber vorerst den Rat bei der Suche nach den Attentätern unterstützen werde.
Die Stimmung der Bevölkerung
Die Kronstädter waren nach dieser Nachricht geschockt und alle waren ehrlich betroffen durch den Tod des Botschafters. Viele rätselten nun jedoch herum, wer diese Attentäter sein sollten und warum sie ein Interesse daran haben sollten, den Frieden mit Thera zu stören.
Nach und nach verbreitete sich auf den Straßen das Gerücht, dass es sich um einige altgediente Veteranen handeln solle, die eine Gruppe gegründet hätten, um die Theraner endgültig aus Barsaive zu vertreiben. Angeblich handle es sich bei ihnen um hochtraumatisierte Männer, die fanatisch dafür kämpfen würden, dass kein Theraner jemals wieder barsavischen Boden betritt. Einen echten Beweis für die Existenz einer solchen Gruppe hat Kenji jedoch niemals irgendwo bekommen.
Weiterhin hieß es, dass Graltik hinter den Anschlägen stecken würde. Jeder weiß, dass er die Theraner auch nicht gern in Barsaive sieht und einige behaupteten, dass seine Männer hinter all dem stecken. Von offizieller Seite wurde jedoch auch dieser Verdacht nie bestätigt.
Auch wenn also zuerst kein direkter Schuldiger gefunden werden konnte, so waren jedoch alle wütend und schrien nach jemanden, den sie bestrafen könnten. Dass Silvius Insidiae hinter all dem steckte, war damals nicht abzusehen (auch für Kenji nicht) und als trauender Schwager und besorgter Onkel spielte er sich in der Öffentlichkeit sogar als Opfer auf und zog die Sympathien der Bevölkerung und Ratsherren auf sich. Kenji konnte mit seiner Menschenkenntnis damals schon bemerken, dass Silvius ein großer Blender und Meister der Manipulation ist. Wahrscheinlich hat Kenji ihn ab und zu bei öffentlichen Ansprachen gesehen oder kam mit ihm flüchtig über die Ratsmitglieder in Kontakt, welche auch eng mit dem Tempel zusammengearbeitet haben. Außerdem wird er ihn vor dem Tod des Aequus auch immer häufiger in dessen Residenz angetroffen haben.
Kenjis Gefühl
Kenji wird wahrscheinlich schon etwas von Silvius hinterhältigen Absichten geahnt haben, da ja auch Pyrrhon vor seinem Tod bereits darauf hinwies, dass sich etwas Unheilvolles über der Familie der Octavier zusammenbraut. Er wird noch nicht genau gewusst haben, welche Rolle Silvius spielt oder ob dieser tatsächlich fähig gewesen wäre, die ganze Familie seines Schwagers töten, aber Kenji wird der Geschichte von den Attentätern wahrscheinlich von Anfang an sehr skeptisch gegenübergestanden haben. Eine sinnvolle Erklärung für die Ereignisse hatte er jedoch auch noch nicht.
Kontakt zu dem Anwesen
Falls Kenji versucht hat, Augustus nach dessen Ankunft in Kronstadt in der Villa zu besuchen, um z.B. sein Beileid wegen dem Verlust seiner Familie auszusprechen, wird Kenji jedes Mal von Bediensteten vertröstet und wieder fort geschickt worden sein. Er wird Augustus nie zu Gesicht bekommen haben und hatte auch nicht das Gefühl, dass jemand seinen Besuch bei ihm angekündigt oder davon berichtet hat.
Eventuell hat Kenji in diesem Zusammenhang sogar einmal mit Spurius Iunius (Sabaoth Immortalis) gesprochen oder wurde sogar persönlich von diesem abgewimmelt, als er versuchte den jungen Hausherren zu sprechen. Falls er es weiterhin versucht hat, wird man ihm irgendwann gesagt haben, dass Augustus ihm für sein Beileid danke, aber keine Zeit habe den Questor zu empfangen. Kenji hätte sich in diesem Fall damals sehr über das Verhalten von Augustus gewundert, da er diesen immer als höflichen und freundlichen jungen Mann in Erinnerung hatte und sein abweisendes Verhalten nicht zu dem passte, was sein Vater ihm eigentlich über Etikette beigebracht hatte.
So brach für Kenji der Kontakt zu der Residenz vollkommen ab und er hatte keine Ahnung mehr, was sich in der Villa von nun an abspielte. Er wusste, dass Silvius mit Augustus noch mehrere Wochen oder sogar Monate dortblieb und sie sich komplett von der Außenwelt abschotteten, während sie ihre Ermittlungen gegen die Attentäter durchführten. Augustus, der in Kronstadt eigentlich beliebt war und immer einen guten Ruf genoss, mied die Stadt und wurde nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Nach Außen sprach nur noch Silvius für ihn.
Kenji fand dies alles sehr merkwürdig und auch verdächtig, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, was die beiden in dem abgelegenen Anwesen im Schilde führen würden.
Die Suche nach den Attentätern (Choar 347 i.J.P.)
In den folgenden Wochen hörte Kenji immer wieder davon, dass sich das Netz der Attentäter angeblich weiterspinnt, als man es vorerst angenommen hatte. Angeblich sei bereits ein Ratsmitglied, der Graf Drelan zu Lohberg, überführt worden, dass er sich mit einigen anderen Ratsmitgliedern an einer Verschwörung gegen die theranischen Botschafter beteiligt habe. Dieser sei vom Rat vom Kronstadt und dem Theranischen Imperium zu Tode verurteilt worden. Das Urteil wurde bereits am 2. Choar im kleinen Rahmen vollstreckt.
Kenji wird sich damals gewundert haben, warum der Rat von Kronstadt den Tempel des Mynbrujes nicht bei diesem wichtigen Urteil miteinbezogen hat. Indirekt haben sie nämlich damit den Bund von Throal hintergangen, mit welchem sie sich ursprünglich verpflichtet haben, den Rat der Questoren bei allen wichtigen Prozessen einzuholen. Wenn Kenji sich erkundigt hat, warum man den Tempel und Mynbruje bei diesem Prozess außen vorgelassen hat, wird man ihm von Seite der Ratsmitglieder gesagt haben, dass dies auf Wunsch der Theraner geschah. Hat er genauer nachgehakt, hat er erfahren, dass dies auf ausdrücklichen Wunsch von Silvius Insidiae erfolgte und man befürchte, dass ein Krieg ausbrechen könnte, wenn man nun nicht mit Thera kooperiert.
Auch aus den weiteren Ermittlungen und Prozessen um die Attentate hielt man den Tempel und die Questoren plötzlich heraus und es lag an Kenji, ob er dagegen vorgegangen ist oder sich zurückgehalten hat. Hat er Ersteres versucht, wird man ihn von Seite des Rats immer wieder versucht haben bewusst zu machen, dass Kronstadt keine andere Wahl habe, wenn es nicht zu einem Konflikt mit Thera kommen soll. Immerhin sei bereits ein Ratsmitglied der Mitschuld überführt worden und der Frieden hänge davon ab, wie man sich nun den Theranern gegenüber verhält.
In den folgenden Wochen fanden schließlich noch weitere Verurteilungen statt, von denen Kenji nur von den Marktschreien erfuhr. Angeblich hätten weitere Ratsmitglieder gestanden, dass sie das Netzwerk der Attentäter unterstützt hätten, weshalb auch sie hingerichtet wurden.
Bis zum 15. Choar wurden insgesamt fünf weitere Ratsmitglieder hingerichtet und nach und nach eine immer größere, angebliche Verschwörung aufgedeckt, die jedoch sehr seltsam und unnachvollziehbar für Kenji erschien, da er genau wusste, dass einige der beschuldigten Ratsmitglieder treue und aufrichtige Freunde von Aequus gewesen waren, welchen er nie zugetraut hätte, dass diese den Botschafter hintergehen würden.
Botschafter Vorax (Hesoar 347 i.J.P.)
Nach einigen Wochen gab es am 1. Hesoar in Kronstadt eine öffentliche Ansprache, bei welcher ein neuer, vorübergehender Botschafter eingesetzt wurde, der die Arbeit des Aequus übernehmen sollte, bis der junge Augustus seinen Militärdienst abgeschlossen habe (also frühestens in ca.10 Jahren) und das Amt seines Vaters übernehmen könne. Um diesen der Bevölkerung vorzustellen, veranlasste der Kronstädter Rat zur Amtseinführung eine kurze Vorstellung auf dem großen Marktplatz. Dabei sah Kenji auch kurz Augustus, der selbst auf der Bühne eine kurze Rede hielt und den Botschafter Vorax offiziell als seinen vorrübergehenden Stellvertreter einsetze. Augustus wirkte bei der Rede kalt und pragmatisch und verschwand sofort von der Veranstaltung, nachdem er seinen Pflichtteil hinter sich gebracht hatte.
Der neue Botschafter schien auf den ersten Blick sehr schwer einzuschätzen, aber Kenji vermutete gleich, dass es sich bei diesem um einen ähnlichen Blender wie bei Insidiae handeln müsse.
Der Feldzug von Insidiae (Noar 347 i.J.P. –Boar 348 i.J.P.)
Kurz nachdem Vorax sein Amt angetreten hatte, verkündete man in der Stadt, dass Insidiae gemeinsam mit Augustus am 13. Noar zu einem Feldzug nach Lüderitz aufgebrochen wäre, da man dort das Hauptquartier der Attentäter ausfindig gemacht hätte. Kenji hörte nun von vielen blutigen Kämpfen, da es hieß, dass Silvius und seine Männer von den Verschwörern und ihren Söldnertruppen angegriffen wurden und sich einige der Attentäter in den umliegenden Ortschaften von Lüderitz verstecken würden und es deshalb auch immer wieder zu Gefechten mit Zivilisten kam, die sich weigerten, die gesuchten Mörder auszuliefern. Es hieß, dass bei diesen Scharmützeln ganze Dörfer ausgelöscht wurden.
Schließlich erfolgte die Belagerung von Lüderitz und Silvius wandte sich persönlich an Throal und forderte den Zwergenkönig und seine Bündnispartner auf, Lüderitz unter Druck zu setzten, damit sie die Attentäter ausliefern. Falls sie ihn nicht unterstützen würden, müsse er die Stadt angreifen, um die Verbrecher zu stellen. Der Bund von Throal fand keinen Grund den Worten Insidiaes nicht zu glauben, da auch sie keine Erklärung dafür hatten, wer die Botschafter aus Thera umgebracht hatte. Als Lüderitz jedoch beteuerte, dass sie keine Verschwörer oder Mörder verstecken, glaubte der Bund von Throal ihnen nicht und lieferte die Stadt dem Angriff von Silvius Männern aus, da der Bund und sogar der Zwergenkönig den langwährenden Frieden mit Thera nicht gefährdenden wollten. Also ließen sie sich von Silvius täuschen und die Stadt im Stich.
Deshalb kam es schließlich am 3. Floar 348 i.J.P. zu der großen Eroberung von Lüderitz, welche Silvius triumphierend einnahm, indem er eine kleine Elite-Truppe durch ein Portal in die als uneinnehmbar geltende Stadt einschleuste und dieser sich mit brutaler Härte einen Weg zum Regierungsgebäude durch die Zivilbevölkerung bahnten und dort die verschanzten Attentäter stellten.
Man wird allgemein vermutet haben, dass Augustus als einer der besten Kämpfer von Silvius bei diesem Trupp dabei war, jedoch wurde nie offiziell bestätigt, dass es sich bei ihm auch um den legendären „Principus Mortis“ gehandelt hat, der diesen Trupp anführte und nach dieser Schlacht für seine Brutalität und Skrupellosigkeit in ganz Barsaive bekannt und gefürchtet wurde und seinen grausamen Titel und den Ruf als „Schlächter von Lüderitz“ nach einem großen und unmenschlichen Massaker bei der Eroberung von Lüderitz erhielt, bei der niemand von der Zivilbevölkerung geschont wurde.
Die Taten des dunklen Feldherrn von Silvius versetzten damals ganz Barsaive in Angst und Schrecken und erinnerten alle daran, dass die Theraner wieder ein schrecklicher Feind werden können. Silvius nutzte diese Furcht, um seine weitere Macht darauf aufzubauen und die Eliten Barsaives einzuschüchtern. Er machte aus der wahren Identität von Principus Mortis ein großes Geheimnis und trug so noch zu dem mythischen Ruf seines geheimnisvollen, schwarzen Champions mit der Totenkopfmaske bei. Von Augustus hörte man in Kronstadt hingegen fast gar nichts mehr.
Die Verschwörung der Attentäter galt nach der Eroberung von Lüderitz fast als aufgedeckt und wieder wurden einige vermeintliche Schuldige hingerichtet, die angeblich nach langen Verhören gestanden hatten.
Eine letzte Spur zu einem Schuldigen, führte in den Süden nach Metz. Da die Stadt sich angeblich weigerte, den Verschwörer auszuliefern, hörte man von einer großen Schlacht am 8. Boar 348 i.J.P. bei Drogheda, bei welcher die Theraner versuchten Metz anzugreifen und von den Truppen der Stadt auf dem Weg abgefangen wurde. (In dieser Schlacht kämpften auch Adarian und Octavia gegen Silvius Truppen mit.)
Anschließend sollen Insidiaes Truppen Probleme mit den nomadisierenden Stämmen der Steppenorks bekommen haben, welchen es schließlich am 20. Boar 348 i.J.P. gelang, ihn, seine Truppen und auch Augustus zu besiegen und zu töten. Dies war das letzte, was Kenji von Augustus gehört hat, bis er von Octavia erfuhr, was damals wirklich mit ihm geschehen war.
Gerüchte über Principus Mortis
Nachdem Principus Mortis durch sein großes Massaker während der Eroberung von Lüderitz eine grausame Berühmtheit in Barsaive erlangte, hörte man überall schreckliche Geschichten um den dunklen Schlächter. Es gab etliche traumatisierte Augenzeugen seiner Gräueltaten und alle konnten bestätigen, dass er ein Mensch ohne jede Skrupel gewesen sein muss. Er habe bei der Erstürmung von Lüderitz vor niemanden Halt gemacht, der sich ihm in den Weg stellte, ganz gleich ob es ein Soldat, eine Frau oder ein Kind war. Deshalb bekam er von seinen eigenen Männern auch den Beinamen „Principus Mortis“, da er beim Töten keine Ausnahmen machte und selbst wie eine prinzipielle Verkörperung des leibhaftigen Todes erschien.
Er wirkte vollkommen gewissenlos und ließ weder mit sich reden noch sich von seinem Ziel abbringen, die Stadt einzunehmen und die vermeintlichen Attentäter der Botschafter zu finden. Als er sich durch die Straßen von Lüderitz geschlagen hat, soll nichts und niemand es geschafft haben, ihn aufzuhalten und er soll so schnell und aggressiv gekämpft haben, dass die Verteidiger der Stadt sich nicht trauten, sich ihm in den Weg zu stellen und sich teilweise sogar vor Angst versteckten oder die Flucht ergriffen.
Man sagt, dass es bei der Eroberung von Lüderitz zu einer erschreckend großen Zahl von getöteten Zivilisten kam, da Principus Mortis seinen Männern befahl, sofort jeden umzubringen, der nicht bedingungslos kooperierte und sich ihm auf Knien unterwarf.
Er ließ auch eine ganze Reihe von Gefangenen foltern und töten, um die Stadt und ihre Regenten unter Druck zu setzten sie zu zwingen, die Attentäter auszuliefern. Dazu sollen auf dem großen Marktplatz in Lüderitz eine Vielzahl von wichtigen Persönlichkeiten aus Lüderitz hingerichtet worden sein, bis schließlich jemand die gesuchten Attentäter ausgeliefert hat.
Bei seinen vielzähligen „Verhören“ soll Principus Mortis nicht davor zurückgeschreckt haben, auch die Familien seiner Opfer zu foltern oder zu töten, damit er an die gewünschten Informationen gelangen könnte. Dabei soll er weder eine Gefühlsregung noch einen Funken Mitgefühl gezeigt haben. Er sei nur an seinem Ziel interessiert und alle Mittel seinen ihm recht gewesen, um dieses zu erreichen.
Einige behaupten deshalb, dass sich unter der finsteren Totenkopfmaske kein fühlender Mann, sondern ein Wesen aus Abyssia befände, welches Silvius sich unterworfen habe. Einige behaupteten sogar, dass er gar kein Gesicht habe und der kalte, silberne Totenkopf sogar sein wahres Antlitz wäre oder das er ein unsterblicher Geist des Schreckens sei. Es ranken sich auch Gerüchte um seine Elite-Truppe, welche ihn überall hinbegleitete. Man behauptete damals immer wieder, dass diese angeblich unsterblich seien, da noch nie jemand gesehen hat, wie einer von Principus Mortis Männern getötet worden sei.
Auch das Verschwinden von Principus Mortis und seinen Männern ist sehr geheimnisvoll und niemand wusste damals genau, wie die Orks es geschafft haben, ihn aufzuhalten. Auch bei dem Tod von Silvius Insidiae gab es keine Augenzeugen und die Leichen beider Theraner sind weder aufgefunden, noch von Angehörigen aus Thera suchen lassen worden. Jedoch wurden ihre Truppen vollkommen von den Orks aufgerieben.
Veränderungen in Kronstadt (Noar 347 i.J.P. – Myloar 349 i.J.P.)
Kurz nachdem Insidiae und Augustus am 13. Noar 347 i.J.P. die Stadt verlassen hatten, bemerkte Kenji, dass sich in Kronstadt viele negative Veränderungen anbahnten und der Rat der Stadt langsam unter die Kontrolle von Vorax geriet. Am 2. Loar wurde das erste Dekret erlassen, welches den Questoren die Rechtsprechung verbot und sie auf seelsorgerische Tätigkeiten beschränken wollte (s. Comic).
Kenji führte seine Rechtsprechungen von nun an also heimlich weiter und bekam mit, dass sich auch ein großer Konflikt mit Throal und den anderen verbündeten Stadtstaaten in Barsaive anbahnte, da diese es nicht einfach dulden konnten, dass Kronstadt gegen ihr altes Bündnis verstößt, welches sie dazu verpflichtet, den Rat der Questoren anzuhören, bevor sie ein Urteil aussprechen.
Kenji hörte nun auch immer wieder Gerüchte, dass Vorax die Ratsmitglieder gekauft habe und sie als seine Marionetten benutze. Er bekam immer mehr das Gefühl, dass Vorax der heimliche Herrscher der Stadt sei.
Kurz nachdem Kenji dann im Myloar 349 i.J.P. fliehen musste, nachdem seine illegalen Rechtssprüche aufgeflogen waren, hört er, dass es am 14. Biloar zu einem endgültigen Bruch zwischen Kronstadt und Throal kam, da der Rat von Kronstadt seine Rechtsprechung nach theranischem Vorbild umgewandelt hatte und den Questoren jeglichen Einfluss entzog, der ihnen durch den Bund von Throal legitim zustand. Also wurde Kronstadt durch Abstimmung aus dem Bündnis verstoßen und da die Stadt ohne den Schutz der barsavischen Flotten den Angriffen der Piraten und Plünderern ausgeliefert wäre, schloss der Rat von Kronstadt sich offiziell dem Theranischem Imperium an. Nun galt Kronstadt als Provinzstadt und Kenji hörte durch das Gerede in den Dörfern, durch welche er reiste, bevor er die anderen Helden traf, dass der Statthalter Vorax unverschämte Steuern erhoben habe und sich in Kronstadt als Tyrann aufspiele.
Kenjis Gebet in der Nacht zum 22. Loar 351 i.J.P.
Als Kenji sich zum Beten hinsetzte, erhielt er vorerst kein Zeichen von Mynbruje.
Dann überkam ihn das Gefühl, dass Mynbrujes Abwesenheit gewollt ist und dass sein Gott ihn prüfen will. Plötzlich hatte er seinen alten Lehrmeister Pyrrhon vor Augen. Dieser war noch jünger und Kenji vermutete, dass es eine Erinnerung an die Zeit ist, kurz nachdem er als Straßenjunge von ihm eine zweite Chance bekam und in den Tempeldienst trat. Pyrrhon legte ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter und nickte ihm zuversichtlich zu. Kenji fühlte sich dabei sehr geborgen und gestärkt.
Dann hatte er plötzlich das Gefühl zu fliegen. Er blickte unter sich und sah Kronstadt. Kenji flog über den Mynbrujetempel und den großen Marktplatz und schließlich verließ er die Stadt und flog weiter zu der Villa von Octavias Vater. Dort landete er vor einem Fenster der Bibliothek und konnte die junge Octavia erkennen, die gerade eine Kerze anzündet und sich vermutlich Licht zum Lesen macht. Plötzlich stellte sich die Schärfe seines Blickwinkels um und er konnte seine Spiegelung in der Fensterscheibe sehen. Er sah genau hin und erblickte einen großen, weißen Greif. Dann brach das Bild ab.
Kenji sah dann wieder Pyrrhon, welcher alt und schwach in seinem Bett im Tempel von Kronstadt liegt und gerade am Sterben ist. Er krümmte sich zusammen und sein sich auflösender Körper floss zu etwas zusammen, was sich in einen blutigen Tropfen verwandelt: die Drachenträne. Doch plötzlich wurden diese wieder flüssig und verwandelten sich in den Greif, den er zuvor in der Scheibe gesehen hatte. Diesmal war der Greif jedoch rot und nicht mehr weiß. Kurz vor dem Ende der Nacht hörte Kenji plötzlich Pyrrhons Stimme in seinem Kopf. Er sagte: „Folge stets dem Pfad des Greifens, denn nur er kann dich zu deiner inneren Wahrheit führen!“
Geschichte von Kenjiro Asai
Informationen für Kenjis Biografie
Octavia hat das Anwesen während ihrer Kindheit nur selten verlassen. Sie führte ein von anderen Kindern sehr isoliertes Leben und außer ihrem Bruder besaß sie keine Spielgefährten. Wenn man sie als ganz kleines Mädchen also in den Gängen beobachten konnte, spielte sie meist allein. Da Octavia ebenfalls eine strenge Erziehung erhielt, gehörte Spielen aber auch nicht zu ihren vorgesehenen Aufgaben. Als Kind verbrachte Octavia ihre Zeit deshalb damit, alles über Etikette und Manieren zu lernen und oft konnte man beobachten, wie sie von der Mutter oder der Amme gemaßregelt wurde, da ihre Kleidung nicht richtig saß oder ihre Körperhaltung nicht aufrecht genug war. Octavia wirkte dann manchmal etwas aufmüpfig, versuchte aber immer die Forderungen ihrer Erzieher letztendlich zu erfüllen. Oft konnten Phyrron und Kenji in der Bibliothek hören, wie Octavia von ihrem Musiklehrer lautstark gerügt wurde, während er ihr im Atrium verzweifelt das Lyraspiel beizubringen versuchte. Stand die Tür in der Bibliothek offen, konnte man ihrem Spiel lauschen und sogar einen Blick auf die übende Octavia erhaschen. Über die Jahre hatte diese sich tatsächlich zu einer hervorragenden Musikerin entwickelt und mit ihrem eleganten Fingerspiel schließlich sogar ihren strengen Lehrer zum Applaudieren gebracht. Da auch die Bildung der Mädchen eine hohe Bedeutung in Thera hat, konnte man Octavia mit ihrem Lehrer auch sehr häufig in der Bibliothek antreffen. Ihr persönlicher Lehrer war extra aus Thera angereist und führte einen strengen Unterricht, bei welchem Octavia einiges abverlangt wurde. Manchmal konnte man beobachten, wie sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte und dann von ihrem Lehrer ermahnt werden musste. Mit einem Seufzen versuchte sie sich dann wieder auf ihre Bücher zu konzentrieren und die Anforderungen des Lehrers zu erfüllen. Die einzigen Momente, in denen man Octavia ausgelassen und sich wie ein Kind verhaltend sehen konnte, war wenn sie ein wenig der raren Freizeit mit ihrem Bruder genießen konnte. Gemeinsam unternahmen sie dann Ausritte an der Küste oder verbrachten ihre Zeit in den großen Gärten des Anwesens. Nachdem Augustus im Alter von 14 Jahren schließlich seine militärische Ausbildung antrat und nach Thera ging, traf man Octavia nur hin und wieder außerhalb der Familiengemächer an. Sah man sie zufällig außerhalb des Hauses wirkte sie eher gelangweilt und niedergeschlagen. Auch die Melodien, die sie auf ihrer Lyra spielte, wurden immer melancholischer bis man irgendwann gar keine Musik mehr aus dem Atrium hörte. Die jugendliche Octavia sah man nur noch selten, da sie sich anscheinend meistens in ihrem Schlafgemach aufhielt. Am Rande des Anwesens gab es jedoch einem Aussichtsplatz auf einer Felsspitze über der Steilküste, an dem man sie hin und wieder beobachten konnte. Fuhr man die Straße von Kronstadt zu dem Anwesen hinauf, konnte man sie dort auf einer Bank sitzend und auf das Meer hinaus blickend sehen. Als Octavia 15 Jahre alt war begannen die Konflikte zwischen ihrem Vater und ihrem Onkel Silvius Insidiae, der zu der Zeit Stadthalter in Travar war, zu eskalieren. Die ganze Stimmung auf dem Anwesen wirkte damals angespannt und düster, als würde die tödlich drohende Zukunft von Octavias Eltern bereits erste schicksalshafte Schatten auf die Familie werfen. Octavias Eltern konnten ihre Sorgen kaum noch verbergen und Octavia verließ ihr Gemach nun schon länger nicht mehr. Nach dem Attentat an Aequus erfuhr Kenji, dass nicht nur der Botschafter, sondern auch seine Frau und Tochter getötet worden seien. Offiziell gab der Rat von Kronstadt an, dass die Attentäter fanatische Freiheitskämpfer aus dem Westen Barsaives gewesen seien. Das Anwesen wurde innerhalb kürzester Zeit von einem anderen Botschafter übernommen, aber die Familie der Octavier wurde noch lange von den Kronstädtern vermisst, da sie ein gutes Verhältnis zu dem gerechten Botschafter gepflegt hatten.
Prinzipien theranischer Provinzialverwaltung
Theraner pflegen keinen Kulturimperialismus. Da sie Kultur im Allgemeinen große Verehrung entgegenbringen, achten und schätzen sie die Götter, Bräuche und Traditionen der jeweiligen Provinzen und zeigen sogar reges Interesse an ihren mannigfaltigen Ausprägungen. Von allen Kulturen auf Aloran erachten sie ihre eigene dabei als die edelste, haben aber kein Interesse daran, diese anderen aufzudrängen. Im Gegenteil halten sie ihre kulturellen Errungenschaften eher exklusiv zurück und nutzen sie als Werbung, um anderen Völkern den Anschluss ans Imperium schmackhaft zu machen. Ihr Interesse an den Provinzen ist lediglich ein finanzielles und ihr Ziel ist es, den großen Kostenaufwand zu decken, den ihr riesiges Weltreich zu seinem Erhalt benötigt. Da Kriege sehr teuer sind, vermeiden sie diese lieber und setzen immer zuerst auf diplomatische Strategien, um eine neue Provinz zu gewinnen.
Zu den Prinzipien theranischer Provinzialverwaltung gehört es, die bestehenden Verwaltungs- und Rechtsinstitutionen in dem jeweiligen Gebiet/Land so weit wie möglich zu erhalten (wenn solche überhaupt vorhanden waren, was in den Provinzen außerhalb Theras meist nicht der Fall war).
Der theranischen Verwaltung in den Provinzen unterliegen
- die Entscheidung über Steuern,
- die Verhängung der Todesstrafe und
- das Militär in der jeweiligen Provinz.
Diese Aufgaben werden mittels eines kleinen Stabes um den Statthalter organisiert. Die Steuereintreibung, die Sache von Beamten ist, ist so flächendeckend gerade in großen Provinzen schwer durchzusetzen, weshalb man Lizenzen zur Eintreibung der Gelder an die lokalen Eliten vergibt, die damit die Steuerschuld ihrer Umgebung auf sich luden und die Abgaben zur weiteren Abführung selbst einzogen. Echte Theraner aus dem Kernreich sind deshalb nur selten in den Provinzen anzutreffen und wenn handelt es sich meist maximal um den Statthalter und seine Familie.
Für die Bevölkerung der Provinzen – sofern sie nicht zur Oberschicht gehört, die ihre Privilegien verlieren – ist dies in der Regel eine Verbesserung der Lage, ist sie doch nicht mehr der Willkür lokaler Despoten ausgesetzt. Allein die Tatsache, dass lokale Instanzen keine Todesstrafe verhängen können, führt für viele Provinzialen zu einer vor der theranischen Herrschaft nie gekannten Rechtssicherheit. Auf die Tatsache, dass es der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit unter theranischer Herrschaft besser geht als vorher, ist auch zurückzuführen, dass in den fast 700 Jahren theranischer Provinzialverwaltung nur zu wenigen Aufständen gegen Thera kam.
Hauptproblem Theranischer Provinzialverwaltung ist die Ausbeutung der Provinzen durch den Statthalter. Da theranische Regierungsbeamte kein Gehalt beziehen, den sehr teuren Wahlkampf und die Amtsführung aus eigener Tasche bezahlen müssen, sind sie nach Ablauf ihrer Regierungszeit häufig mittellos. Kommen sie dann als Statthalter in eine Provinz, versuchten sie sich dort finanziell zu sanieren. Die Theraner sagen dazu: „Arm kam er in die reiche Provinz, reich verließ er die arme.“ Die Provinz kann dagegen in Thera klagen, hat aber ohne einen guten Prozess-Anwalt jedoch nur geringe Chancen. Zusätzlich kontrolliert der Kaiser seine Statthalter, um die Ausbeutung der Provinzen zu vermeiden. Bekannt als einer dieser ausbeuterischen Statthalter ist Silvius Insidiae, der nicht nur Travar durch unerhörte Steuern schröpfte, sondern sogar seine Gewalt über das travarer Heer ausnutze, um Lüderitz damit ohne das Wissen des Kaisers anzugreifen.
Information Mamercus Porcius Mucus
Mamercus (Mam.) Porcius Mucus: Er ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet alter Kulturen und überall in der theranischen Wissenschaft spricht man seinen Namen mit Hochachtung aus. Mamercus Porcius Mucus hat an der Akademie von Thera Geschichte der Ishturi-Völker gelehrt und dazu einige Standardwerke verfasst.
Letzte Nacht
Sie wusste, um wen es sich handelte, einen Augenblick bevor seine warme und ruhige Stimme ihren Namen aussprach. "Talina." Sie blickte von ihren Unterlagen auf und wandte sich zu dem Questor um, der einige Schritte von ihr entfernt stand und sie mit seinen großen, traurigen Augen ansah. Seit sie ihn das erste Mal getroffen hatte, war dieser leidgeprüfte, nachdenkliche Blick nie ganz aus ihnen gewichen, egal wie sehr sie versucht hatte, ihn davon abzulenken. Sie erhob sich und ging ihm entgegen, und er umarmte sie ganz so, wie sie es sich sehnlichst gewünscht hatte. Es dauerte keinen ganzen Augenblick, da spürte sie, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Aber sie wollte den Moment noch ein wenig bewahren, damit sie ihn nicht vergessen würde, also tat sie so vor sich selbst, als ahnte sich nichts, und drückte ihre Nase in den weichen Stoff seiner Robe, die ganz sanft nach ihm duftete. Schließlich wich er behutsam zurück und sie blickte zu ihm auf. "Ich dachte mir schon, dass du noch wach bist, Talina. Du hast nie gut geschlafen. Das hatten wir immer gemeinsam." "Was ist denn los, Kenji?" "Komm mit, ich will dir etwas zeigen."
Es war eine kühle Nacht, der Atem bildete kleine Wölkchen vor ihren Mündern, wenn sie redeten. Sie standen in der Gasse vor dem Besitz ihres Vaters, in dem sie ihre kleine Zuflucht eingerichtet hatte. Über ihnen schien der Mond auf das schlafende Kronstadt. Das Pflaster glitzerte vom Raureif und der Questor blickte aus unerfindlichen Gründen zu den spärlichen Wolken hinauf. "Was willst du mir denn zeigen, Kenji? Hat das nicht auch Zeit bis morgen? Es ist tiefste Nacht und die Sterne funkeln uns an, weil sie sich fragen, warum wir noch auf sind." "Aber darum geht es ja gerade, Talina. Siehst du das Sternenbild da? Die Theraner schreiben es Silenda zu. Die Elben nennen sie Ithildim. Wir kennen sie als Nauda. Viele Bauern denken, der Mond ist Naudas Zeichen, aber das ist eine unvollständige Sicht der Dinge. Verfolg einmal diese Linie dort... siehst du es?" "Es führt direkt zur Mondsichel." "Diese Konstellation hat das Sternenbild nur zwei Mal im Jahr. Einmal jetzt, und einmal, mit umgekehrten Vorzeichen, wenn die Ernten anstehen. Die Bauern benutzen es für ihre Planungen, damit sie nicht vom Wetter überrascht werden. Seit dem Auftreten der Plage sind Vorhersagen für sie schwierig bis unmöglich, aber Nauda lässt sie nie im Stich. Ohne sie würden viele Barsaiver jedes Jahr hungern." "Aber das weiß ich doch. Ich habe das Heiligtum schon mehrfach besucht. Es ist nur eine Tagesreise weit entfernt. Was willst du mir wirklich erzählen?" Kenji schaute jetzt nicht mehr in den Himmel. "Nauda behütet alles verborgene Wissen, heißt es. Vielleicht zu unserem Besten. Und doch hoffe ich, dass sie mir eines Tages mehr zugesteht, als diese vermaledeiten Visionen. Ich weiß nicht, was sie mir sagen möchte. Beim besten Willen nicht. Ich war in einem anderen Heiligtum im Norden, weisst du. Ich habe gebetet. Gefleht, geschriehen; umsonst. Es hat etwas mit meiner Vergangenheit zu tun. Wenn Pyrrhon noch leben würde, könnte er mir vielleicht helfen. Aber den Göttern hat es gefallen, auch ihn zu nehmen. Wie so vieles." "Du meinst mit deiner Kindheit?" "Noch früher. Mit meiner Geburt. Es begann am Anfang. Wie so vieles. Talina. Ich muss dir nichts über Bestimmung erzählen. Niemand auf der Welt - in meiner Welt, heißt das - weiß darüber mehr als du. Wie war das? Ein Leben für ein Leben? Du warst noch so klein. Und doch hast du intuitiv und ohne jede Ausbildung mehr verstanden als die ganzen Gelehrten. Die Götter sind fair, aber grausam. Du tauschtest dein Leben für das deines Vaters. Und obwohl du nur ein unbedeutendes Mädchen aus dem unwichtigen Kronstadt warst, geschah das Wunder und die Götter erhörten dich!" Talina spürte, das ihr der Verlauf des Gespräches nicht behagte. Doch auf was wollte Kenji hinaus? In ihrem Inneren rumorte es, doch sie vermochte nicht, ihn aufzuhalten. Aus ihr kam kein Wort. "Ich verstand das, weisst du. Damals wie heute. Wirklich. Natürlich war es Unsinn. Die Götter würden dir das geschenkte Leben deines Vaters nicht wieder stehlen, wenn du der Garlen deine Dienste versagt hättest, um bei mir zu sein. Aber du spürtest, dass etwas falsch war. Das es Unrecht war. Also hörtest du auf den Teil deines zerissenen Herzens, der den Göttern zugetan war. Es muss nach Bitterkeit klingen, wenn ich so trocken davon erzähle, aber das ist es nicht. Ganz im Gegenteil. Ich habe dich immer für deinen starken Glauben bewundert. Ihm nachgestrebt. Tatsächlich habe ich sogar versucht, nach deinem Vorbild zu handeln. Als ich Octavia, die Totgesagte wiedertraf, spürte auch ich den Wind der Bestimmung ganz deutlich über mein Angesicht streifen. Und weil ich nach Naudas Gesicht spürte, dass die Reise in den Norden ein Opfer verlangte, war ich bereit, ein Leben für ein Leben zu geben. Ganz wie du für deinen Vater. Wenn die Götter nach Octavias Leben griffen, würde ich meines dafür geben. Doch sie nahmen Noah zu sich. Ich weiß nicht, was ihr Plan für mich war. Aber sie waren offensichtlich noch nicht fertig mit mir." Langsam formte sich die aufkommende Bitterkeit in ihrem Mund zu einem Wort. "Oc...tavia." "Ich weiß, es muss wie eine gemeine Ausrede klingen. Schicksal. Bestimmung. Aber darauf will ich gar nihct hinaus. Atme die kalte Luft, Talina, und hör in dich hinein. Riechst du das?" "Was, Kenji?" "In einer Stunde wird die Sonne aufgehen. Und die Götter mögen mich strafen, wenn ich nach all der Zeit das Lügen anfgange, aber ich glaube an Vorsehung. Doch glaube ich an einen Zwang? An unwiderbringliches Schicksal, das eintreffen wird, egal was wir dafür oder dagegen tun? Oh nein. Die Passionen haben diese Ebenen vor langer, langer Zeit verlassen. Vielleicht für uns, vielleicht auch aus anderen Gründen, die wir Sterbliche nicht begreifen können. Aber ich bin mir ganz sicher: Alles was sie tun, ist uns Pfade in der Nacht aufzuzeigen. So wie diese gepunktete Linie da oben, die den Bauern zeigt, wann sie ihre Saat auswerfen können. Zwingen die Götter uns, wann wir zu ernten haben? Nein. Aber wenn wir ihre Zeichen richtig lesen, müssen wir nicht frieren und nicht hungern leiden. Vielleicht haben die Götter dir geraten, Garlen zu dienen. Weil sie ahnten, dass du vielen Menschen helfen könntest. Aber die Entscheidung dazu hast nur du getroffen. Weil du an sie geglaubt hast. Hast du damit das Leben deines Vaters gerettet? Vielleicht. Wer weiß. Es lag nie in deiner Hand, so viel ist mir gewiss. Du konntest nur eine Entscheidung treffen. Für dich. Ich bin nicht hergekommen, um dir zu sagen, dass das Schicksal mich von dir fort und in Octavias Arme getrieben hat. Ich weiß nicht, was sie sich erhoffen. Die Entscheidung habe ich ganz alleine getroffen. Weil auch ich es in einem Teil meines Herzens spüre. Und ich muss daran glauben, dass ich auf den richtigen Teil höre. Wie du es mir beigebracht hast. Liebe Talina." Sie hatte Tränen in den Augen, aber sie liefen nicht ihre Wangen hinab. "Was sagst du?"
Kenji blickte Talina erwartungsvoll an, doch diese wich nur wie in Trance einen Schritt von ihm zurück und blieb dann wie eine erstarrte Salzsäule stehen. Auch ihr Blick wendete sich von Kenji ab und ihre immer noch tränenleeren Augen senkten sich reglos zu Boden. Es war unmöglich ein Gefühl auf ihrem sonst immer so hoffnungsvollen Gesicht zu lesen und sie wirkte in sich gekehrt und blieb eine ganze Zeit lang wort- und regungslos auf der Stelle stehen. Kenji spürte, dass sich - hingegen ihrer äußeren Paralyse – in ihrem Kopf anscheinend ein ganzes Feuerwerk von Gedanken entlud und wusste, dass sie etwas Zeit brauchte, um auf seine Worte zu reagieren.
Irgendwann, als Kenji ihr Schweigen schon kaum noch ertragen konnte, begannen ihre zitternden Lippen sehr leise wieder Worte zu formen. „Was… soll ich dazu noch sagen?“ Bei diesen Worten wich sie noch einen Schritt weiter von Kenji fort in Richtung der Eingangstür ihres Elternhauses. Noch nie hatte die warme und mütterliche Talina so kalt und distanziert gewirkt und ihre Mimik glich einer theranischen Totenmaske. „Du hast dir das ja anscheinend ganz genau überlegt. Wie immer...“ Ihre Worte klangen pragmatisch und gefühlskalt, trotzdem konnte Kenji keinen direkten Vorwurf aus ihnen herauslesen.
Plötzlich hörten die beiden einen Schmerzensschrei aus Talinas Krankenstube. Dieser löste die Lähmung im Körper der pflichtbewussten Questorin. „Du… solltest zu deinen Freunden gehen. Ich.. ich… muss mich nun um einen Patienten kümmern.“ Kaum hatte sie dies ausgesprochen, hatte sie Kenji bereits den Rücken zugewandt, die Tür geöffnet und war in dem Haus verschwunden, so dass sie ihm keine Chance ließ, dieses für sie eindeutig schmerzhafte Gespräch weiterzuführen. Kenji blieb allein in der Kälte des Herbstmorgens zurück und spürte selbst, dass es besser sei, vorerst Abstand zu Talina zu wahren.
Depesche an den Bund des Lichtes
Großmeister Archorbar, Prinz Wintras, Großmeister Hilligenhain. Geschätzte Mitglieder des Bundes gegen die dunklen Mächte Utukk'Xuls.
Unsere Queste im Arasmeer geht voran, langsamer als erhofft. Der Feind befindet sich offenbar schon seit längerem in diesem Gebiet und treibt, wie an so vielen Orten in Barsaive, seine dunklen Machenschaften eifrig voran. Ich bin mir bisweilen nicht mehr ganz sicher, wer hier wen jagt. Klar ist jedoch inzwischen, dass der Kult neben der Verfolgung seines größeren Endziels danach trachtet, die Vorherrschaft in der Bartha-Bucht zu erlangen. Es gelang uns mit Mühen, ihre Machterlangung des Fuselsfelsens und somit der Piratenflotte, die sich dort konzentriert, zu verhindern. Leider stellt dies nur einen Punkt ihres hiesigen Plans dar.
Während wir noch die Details erörtern, wieso und zu welchem Zweck die Schwarzmagier drei der ehemaligen Piratenkönige exhumierten und zu dämonischem Unleben riefen, ist ein anderes ihrer Unheiligtümer deutlicher zu lesen: Offensichtlich haben sie die Macht, mittels eines transformativen Rituals an verschiedenen Orten unbekannter Zahl, Seemänner und andere Unschuldige in willige, dämonide Seekreaturen zu verwandeln. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass entlang der gesamten Küste derartige Rituale stattfinden könnten. Daher empfehle ich, mit höchster Dringlichkeit allen mysteriösen Überfällen und verschwunden Personen um den Küstenbereich herum nachzuforschen. Unheilige Transformationsorte könnten Höhlen, Schriffswracks und andere verborgene Plätze in Küstennähe sein. Da die Verwandlung einige Zeit dauert (und danach wohl unumkehrbar scheint), benötigen sie einen geschützten Ort. Diese Orte können und müssen gefunden werden. Intervenieren wir nicht oder zu spät, wächst ihnen über kurz oder lang eine Armee!
Die andere, erschütternde Nachricht betrifft Kratas und seinen Despoten Graltik Einauge. Aufgrund der möglichen Folgen und dem Potential der Verschlimmerung einer bereits untragbaren Situation empfehle ich, das Folgende mit äußerster Vorsicht zu behandeln und vorerst nicht unbedacht zu verbreiten. Ich bin sicher, Prinz Wintras wird wissen, wie das Folgende dem Bund von Throal am Besten zu vermitteln sein wird! Unsere Befürchtungen, die wir bereits seit den Verhandlungen gegen uns in Märkteburg mit uns trugen, was den 'König' von Kratas angeht, haben sich leider bestätigt. Ein Ork seines engsten Kreises selbst bestätigte uns glaubhaft, dass der Umstand, Kronstadt anstatt Kratas freizukaufen, Einauge direkt blind vor Wut und in die Hände des Feindes, der Schwarzmagier getrieben haben. Wie bewusst Einauge das Ausmaß seines Verrates nicht bloß an Barsaive, sondern an den Passionen selbst ist, vermag ich nicht einzuschätzen. Wir kennen die Fähigkeiten der Kultisten, die Wahrheit zu ihren Gunsten zu verdrehen, hinlänglich. Ich persönlich vermute, dass Einauge aus verletztem Stolz und Dummheit zu ihrer Marionette wurde. Nicht zum willentlichen Kultisten. Zudem weise ich entschieden darauf hin, dass enge Vertraute von ihm an ihm zweifeln. Nicht Kratas ist also der Feind. Nicht die Orks. Sondern, wie immer, die Lügen des Kults.
Freunde, ich vertraue auf Euren weisen Ratsschluss. Wir reisen indes weiter. Tiefer ins Arasmeer. Uns allen Glück und Licht.
Kenjiro Asai