Geschichte der Shinji Oto
Die zahlreichsten Überlieferungen befinden sich im Besitz des medinischen Hauses und wird in ihren heiligen Tempelanlagen aufbewahrt. Die einzige andere erhaltene historische Quelle sind die Aufzeichnungen des Fürstenhauses Adoran, bewahrten Aufzeichnungen der jeweiligen Fürsten des Hauses Qom. Die medinischen Priester erforschen seit der Öffnung des Tores vor einigen Dekaden strebsam die Ruinen und Schlachtfelder aus der Zeit nach der Stille nach weiteren erhellenden Quellen.
Inhaltsverzeichnis
Die mythische Vorzeit
Siehe auch Schöpfungsmythos der Shinji Oto
Die Hitorigami
In der Vorstellung der Shinji Oto handelt es sich bei den Hitorigami um transzendente, geschlechtslose Wesen, die aus sich selbst entstanden. In den ältesten medinischen Aufzeichnungen gehörten zu diesen Wesen wenigstens drei Wesenheiten, die sich von den Übrigen trennten und durch die Trennung von Chaos und Ordnung zu den ersten Schöpfungsgöttern wurden. Nachdem sie durch diese erste Tat von Selbsterkenntnis erfüllt wurden, zogen sie sich aus der diesseitigen Existenz zurück - die Gründe dafür sind noch heute Zündstoff für hitzige Diskussionen. Sie verschwanden jedoch nicht, bevor sie die ersten kami Izanagi und Izanami erschufen und sie mit der Aufgabe erfüllten, inmitten der wirbelnden Salzwasser ein Stück Land aus dem Meer zu heben und damit das Festland zu schaffen.
Neuere theologische Forschung wirft die Vermutung auf, dass es sich bei den Hitorigami möglicherweise um die isthurische Entsprechung der Archonten handelt.
Izanagi und Izanami
Der Mythos der Ersten Liebenden erzählt die tragische Geschichte der ursprünglichen kami, aus deren Taten sowohl die Entstehung der mythischen ersten neun Inseln als auch die Geburt der ersten Götter stammt. Izanami überlebte diese Schöpfungsphase nicht und erlebte so als erstes Wesen die neu entstandene Vergänglichkeit dieser Sphären. Aus den bitteren Tränen, die Izanagi für sie weinte, entstanden Amaterasu, Tsukuyomi und Susanoo.
Nur eine einzige Quelle (das Naoh Nendaiki) erzählt von diesen Ereignissen und spezifiziert weder den genauen Punkt dieser Ereignisse, noch erklärt sie die Widersprüche zu Quellen bezüglich der Ainu und ihren Göttern.
Die Ordnung der himmlischen Kami
Nach der Schöpfung der neun Inseln und der Entstehung der ersten Gottheiten zieht sich der Trauernde Izanagi aus den hiesigen Sphären zurück. Das Naoh Nendaiki beschreibt seinen Zufluchtsort etwas kryptisch als himmlisches Ausgedinge. Die Erstgeborene, am Himmel scheinende große erlauchte Göttin Amaterasu übernimmt die Herrschaft über die Welt. Zu Beginn webt sie an einer Art himmlischen Webstuhl die Zeit; doch als ihr ungestümer jüngerer Bruder Susanoo allerlei chaotische Untaten begeht, zieht sich die Göttin erschrocken aus der Welt zurück. Eine Zeit des Chaos und der Dunkelheit bricht an. Doch dann besinnt sich Amaterasu des Wertes der Schöpfung der hitorigami und kehrt aus ihrem selbstgewählten Exil zurück. Susanoo hat inzwischen eigene Kinder geboren, welche über das Land wandeln. Amaterasu erkennt, dass die Welt sowohl in der Stagnation der Ordnung, als auch in dem nun entstandenen wirbelnden Chaos verloren ist. Daher gebiert sie ihre eigenen Kinder und sucht die Konfrontation mit Susanoo. Es droht zum blutigen Konflikt zu kommen, der die gesamte Schöpfung verschlingen mag, doch stattdessen kommt es ganz anders. Die Kinder der ersten beiden Tränen Amaterasu und Susanoo verbinden sich zu einem neuen, von Licht und Schatten, von Chaos und Ordnung geborenen Geschlecht. Diese Wesen sind sterblich und tragen die Fähigkeit zu beiden Extremen in sich - gut und böse.
Die Götter indes ziehen sich nach diesen Strapazen von den neun Inseln zurück in ihre himmlischen Gefilde, in denen Vergänglichkeit und Leid nicht existieren. Ihr Konflikt ist ohne Blutvergießen gelöst. Die Sterblichen bleiben zurück und übernehmen die Herrschaft über das Land.
Das Fürstenhaus von Adoran behauptet, in direkter Blutslinie von diesen ersten Menschen zu stammen. Dies ist ihre Legitimation des Herrscherhauses.
Die Ainu
Schätzungen zufolge legen die unterschiedlich gut erhaltenen Ruinen Shinji Otos es nahe, dass sich die ältesten Kulturen des Subkontinents bis zu 14.000 Jahre zurückverfolgen lassen. Andere weisen diese Berechnungen als lächerlich oder gar lästerlich ab. In jedem Fall gibt es zahlreiche Hinweise auf ein menschliches Volk, das vor langer Zeit über eine architektonische Expertise verfügte, die selbst das heutige Wissen der Shinji Oto in den Schatten stellt. Es existieren, abgesehen von Gottesanbetungen in erhaltenen Schreinen und Tempeln, keine historischen Aufzeichnungen über die Kultur selbst. Die medinischen Priester tauften dieses mythische Urvolk Ainu, was in ihrer Schrift schlicht Mensch bedeutet. Ein Arm des Matriarchats der Winde vermutet, dass es sich bei dieser Kultur um die Kinder Susanoos gehandelt haben könnte.
Abgesehen von Schrift und Steinbauten sind alle Zeichen von der einstigen Existenz dieses Volkes verschwunden. Das kann an der enormen Zeitspanne liegen. Andere Forscher vermuten, dass die Ainu einst als Unterlegene in einem kontinentumspannenden Konflikt praktisch ausradiert wurden. Das wirft jedoch die Frage auf, wer diese Aufgabe bewältigte. Die Ahnen der heutigen neun Häuser nämlich dürften damals keineswegs zu einem Konflikt fähig gewesen sein; weder kutlurell, noch militärisch.
Medinische Priester weisen darauf hin, dass die Ainu offensichtlich andere Götter anpriesen. Diese Tatsache, belegt durch dieverse über Shinji Oto verteilte Ruinen, könnte Ursprung eines damaligen katastrophalen Konflikt gewesen sein. Doch warum sollten dann gerade diese Schreine erhalten sein? Vermutlich wären diese doch von einer überlegenen feindlichen Partei als erste vernichtet worden...
In der heutigen Zeit, sehr zum Missfallen der Priesterschaft der Medina, beten einige Randgruppen verschiedener Häuser wieder zu den alten Schreinen. Ohne all zu viel über die alten Götter zu wissen, haben sie diese in den Alltagsglauben integriert und ihr Panthäon adaptiert. Nur ungerne geben die Priester zu, dass ihre Begründerin Medin Yozakura selbst ihre Aufgabe erst nach der Vision durch Ape-huci-kamuy aufnahm.
Das Donnergrollen
Dieser Begriff (Agdy) stammt aus dem Versuch einer wörtlichen Übersetzung aus Wandbildern der Ainu. Andere Interpretationen sprechen von der großen Zeitenwende oder der Enthüllung göttlichen Wissens. In einem katastrophalen Naturereignis, welches aus ungeklärten Gründen die neun Inseln heimsuchte, wurde das Land aus dem Meer gehoben und spuckte Flammen, die bis zum Himmel spien. Viele der heimischen Lebewesen kamen dabei ums Leben. Viele Jahre lang wurde der Himmel von giftigen, schwarzen Wolken bedeckt. Die neu entstandene Landmasse wurde in einen langen und lebensfeindlichen Winter versetzt. Die überlebenden Kulturen wurden gezwungen, diese Zeit in Höhlen oder andersweitig unter der Erde verborgen zu verbringen.
Als der Winter schließlich endete, blieb die Welt für immer verändert zurück. Aus den neun Inseln war eine geworden, von zerklüfteten Gebirgen durchzogen.
Die Ur-Stille
In diesem nicht näher spezifizierten Zeitraum ging das alte Wissen verloren. Keine Kunde von den Errungenschaften der Ainu oder Aufzeichnungen der anderen Kulturen sind überliefert. Man geht davon aus, dass die heutigen Shinji Oto mit dem Ende der Stille und dem ersten Frühling nach dem langen Winter zögerlich aus den unterirdischen Zufluchten zurück in die Welt zogen. In der Zeit dieser ersten Stille hatten sie sich zu sehr unterschiedlichen Völkern entwickelt, bedingt durch die Umstände ihres jeweiligen Asyls und der Umstände, denen sie sich nach der Neuerkundung des Subkontinents ausgesetzt fanden.
Diese Phase der Geschichte stellt die Gründung der neun Häuser dar.
Die Häuser aus der Asche
Nur wenig ist bekannt über die Zeit der Besiedlung des Subkontinents durch die neun Häuser. Nur zögerlich gelingt es den Priestern der Medina nach der Stille, die verstreuten Informationen zusammenzutragen und ein stimmiges Bild aus den Ereignissen zu formen. Während in den streng beschützten medinischen Fragmenten detailliertere Einzelheiten vermerkt sein mögen, verfügt die Allgemeinheit vor allem über die mündlich weitergegebenen Mythen der legendären Gruppe um den sagenhaften Helden Siit.
Aufstieg der Kriegsfürsten
Während Siits Gemeinschaft durch das Land streifte und die einfachen Menschen vor den Gefahren beschützte, die noch aus der Zeit der Urstille stammten, kümmerten sich die Führungen der größeren Häuser vor allem um die eigene Machtmehrung. Die Zauberer der Formoser und der Qomer lernten, die Elemente des Wassers, respektive des Feuers zu beherrschen und wurden damit zu den vorherrschenden Großmächten des Subkontinents. Indes forschten die Hohepriester der Mediner in den Ruinen der untergegangenen Ainu nach vergessenen Erfindungen und Technologien. Dieses verborgene Wissen machte die anderen Häuser sehr nervös. Einige befürchteten eine Wiederholung des Donnergrollens, das sie als Zürnen der Götter über die Erhebung der Sterblichen über ihren Platz in der Schöpfung interpretierten. Es bildeten sich zwei Fronten, angeführt von mächtigen Kriegsfürsten mit gigantischen Armeen in ihren Rücken.
Während sich Siits Gemeinschaft aus Mitgliedern aller Häuser begründet hatte und für den Zusammenhalt der Häuser stand, wuchsen die Gräben zwischen den Kulturen und Zwietracht und Misstrauen erstarkten immer mehr. So gerieten die Helden schließlich zwischen die Fronten. Beide Seiten warfen ihnen Hochverrat vor. Das exakte Schicksal der Heldengruppe ist ungewiss; jedoch verlieren sich in eben jenem Augenblick, in dem die Shinji Oto sie am meisten gebraucht hätten, unglücklicherweise ihre Spuren. Einige Legenden behaupten, die Gruppe sei an Unstimmigkeiten oder aus innerem Verrat heraus zerbrochen, andere vermuten, die überlebenden Helden seien aus höchster Not heraus in den Untergrund verschwunden und lenkten die Geschicke des Schicksals seitdem aus den Schatten heraus.
Die zwei Fronten rüsteten für den drohenden Krieg. Auf der einen Seite standen die Wasserelementaristen der Formoser, unterstützt von den Herren der Meere, der Arak, und den sagenumwobenen Nagh'aa in ihrer Metropole Ascalon. Die Nagh'aa waren große Krieger, körperlich den anderen Häusern weit überlegen. Ascalon war auf den Ruinen eines großen Tempels der Ainu erbaut worden und lag im Zentrum ihres bedeutenden Reiches. Auf der anderen Seite standen die Feuerelementaristen der Qomer, die in der Glut der Berge mächtige Rüstungen und Waffen schmiedeten, die den Klingen der Nagh'aa standhalten sollten. Trotzdem fürchteten sie den Konflikt, da die Übermacht der Armeen aus Ascalon zu enorm erschien, selbst mit überlegener Ausrüstung ohne gewaltige Verluste aus dem Konflikt zu gehen. Auch nach dem Verschwinden von Siits Gemeinschaft sorgte dies eine Weile für ein fragiles Gleichgewicht.
Die Schlacht der fünf Völker
Tāwhiao, der Kriegsfürst der Nagh'aa, war der stärkste und geschickteste Kämpfer seines Volkes. Er galt als unbezwingbar im Zweikampf und herrschte seit langer Zeit von seinem Thron über den Dächern Ascalons über sein stolzes Volk. Trotz ihrer körperlichen Überlegenheit und ihres natürlichen Umgangs mit Waffen schon von Kindesbeinen an waren die Nagh'aa ein friedfertiges Haus, das vorwiegend vom Fischfang lebte und sich in Dichtung, Gesang, Tanz, Holzschnitzereien und in der Herstellung von Skulpturen aus Holz und Stein übte. Ihre begabtesten Künstler kümmerten sich um die Gesichtsverzierungen ihrer Toa (Krieger), die standesgemäßen tatau. Fürst Tāwhiao versuchte, seine Verbündeten aus Formosa und Arak zu Friedensgesprächen mit dem Kriegsfürsten der Qomer zu bewegen. Seine Manahune (etwa: Schamanen des Mana) warnten ihn, dass eine zersetzende Macht von innen heraus danach trachtete, sein Reich zu vernichten. Sie rieten ihm zu reagieren, bevor es zu spät war. Doch Tāwhiao weigerte sich, als Erster die Hand zu erheben und Blut zu vergießen. Doch er nahm die Warnungen ernst und wartete auf Zeichen der Erfüllung. So kam es, dass der Kriegsfürst selbst an Tage des Neujahrsfestes Matariki einen Spion enttarnte, der gerade versuchte, die Gaben der fürstlichen Festtafel zu vergiften. Bevor er dem Spion das Rückgrat brach, striff dieser den Arm des Fürsten mit seinem vergifteten Dolch. Die heraneilenden Manahune erkannten schnell, dass es für das Gift kein Gegenmittel gab. So starb Tāwhiao, ohne jemals einen Kampf verloren zu haben und in der Gewissheit, seinen Hof vor einem elenden Tod bewahrt zu haben. Seine letzte Bitte galt einer Botschaft des Friedens an die anderen Kriegsfürsten.
Doch wer auch immer den Spion eingeschleust hatte, tat dies als Teil eines größeren Plans. Während der Kriegsfürst der Nagh'aa noch im Sterben lag, erreichte die Qomer eine Botschaft, nach der die Nagh'aa ihre Armeen mobil machte, um gegen die Feste Adoran auszuziehen. Der Kriegsfürst zweifelte, ob die als unerklimmbar geltenden Mauern wirklich standhalten würden und bat in heller Panik die Mediner um alle verfügbare Hilfe. Ein Hohepriester der Mediner, dessen Name heute vergessen ist, gab darauf hin die neueste Entdeckung seiner Vikare preis. Sie hatten in den Ruinen tief in den alten Ainu-Tempeln eine Apparatur geborgen, welche das Kriegsglück wenden könnte. Doch zu ihrer Verwendung benötigte man die Kraft der Götter oder eine vergleichbare Ressource. In dem entfesselten Konflikt nährten die Qomer daraufhin die Apparatur mit dem Feuer der Berge und dem Blut ihrer besiegten Feinde. Doch das Relikt verlangte noch mehr. Formoser und Arak beherrschten mit ihrer Magie und ihren Schiffen die Meere und die Küsten; die Nagh'aa drängten indes die Qomer immer weiter zurück in die Berge. Der Kriegsfürst der Qomer bezichtigte den Hohepriester der Mediner als nutzlosen Verräter, der ihn allein gegen eine Übermacht gelassen hatte und fortwährend von nutzlosen Relikten der Vorzeit brabbelte. Doch dieser versprach, die Apparatur beinahe reaktiviert zu haben. Die Nagh'aa standen bereits vor den Toren der Feste Adoran und an der Schwelle zu den Tälern der Mediner, als er eine schicksalhafte Entscheidung traf. Die Worte des Qomer Fürsten hatten ihn tief in seinem Stolz verletzt und das Relikt hatte ihn nach und nach mit einem fanatischen Wahnsinn erfüllt. Er befahl seinen Dienern den Opfertod. Die Priesterinnen erkannten den Frevel und flohen die Tempelanlage. Alle übrigen schnitten ihre Venen auf und füllten ihre Essenz in die Apparatur. Als Letzter nahm der Hohepriester selbst sein Leben. Während seine Sinne schwanden, erwachte die Apparatur der Ainu. Doch sie dürstete nach mehr. Sie nahm das Leben aus den sterbenden Leibern der Priester und entriss ihnen ihre Seelen. Unter ihren schmerzerfüllten Schreien begannen die Relikte der Ainu überall auf Shinji Oto zu erwachen. Das Meer begann zu brodeln. Die Berge spuckten Feuer und das Land selbst drohte zu zerreißen. Ein Schwall glühenden Feuers umfloss die Feste Adoran und verschlang das Heer der Nagh'aa. Gewaltige Lawinen regneten von den Eiszinnen auf die Nagh'aa vor dem Haus der Mediner. Die Schiffe der Arak und der Formoser wurden von Mahlströmen erfasst und auf den Grund des Meeres gezogen. Für einen kurzen Moment sah der Kriegsfürst der Qomer den Sieg zum Greifen nahe. Doch die Apparatur endete nicht einfach. Das Land wurde von gewaltigen Schlägen gerüttelt und drohte zu zerbersten. Risse durchzogen es. Der aldabräische Strand wurde in einem gewaltigen Beben angehoben, große Teile des Volkes wurden von den umwälzenden Landmassen begraben. Am anderen Ende der Insel eroberte das ansteigende Meer das Reich der Nagh'aa. Abertausende wurden von den tosenden Fluten ertränkt. Dörfer und Städte, Frauen und Kinder verschwanden binnen Minuten. Eine ganze Kultur vom Angesicht der Welt verschluckt. Nur Ascalon, die Hauptstadt, ragte noch heraus, nun kein Teil des Festlandes mehr, sondern eine eigene, kleine Insel. Die Stadtbewohner hatten jedoch keine Zeit, ihr Glück zu feiern. Aus den Tiefen der Erde stiegen Relikte der Ainu und erschlugen, zertrümmerten, zerfetzten alles Leben.
Alle Häuser, ob sie sich an dem Konflikt beteiligt hatten oder nicht, zahlten einen hohen Blutzoll. Wer sich retten konnte, verbarg sich wie einst die Vorfahren es getan hatten, unter der Erde. Es vergingen Monate, vielleicht Jahre, bis sich ein großer Nebel über die Insel senkte. Und mit dem Nebel kam das Vergessen.
Die Stille
Wie schon einmal wurde dieser Teil der Welt für einen geraumen Zeitraum stillgelegt. Die Überlebenden kauerten unter der Erde (in Höhlen, Ruinen sowie heiligen oder magischen Schutzeinrichtungen) oder hinter den gewaltigen Mauern der Feste Adoran und warteten auf das Ende der Schrecken. In der ersten Katastrophe dieser Art hatten schwarze Wolken und saurer Regen das Vergessen die Welt in einen langen Winterschlaf gebettet. Dieses Mal kam es anders; Ein hellweißer Nebel zog über das Land und füllte alle Ritzen und erreichte gar die engsten Räume. Vielleicht war es göttliche Gnade, vielleicht eine letzte perfide Einrichtung der Relikte der Ainu, die ihrerseits in einen erneuten, tiefen Schlaf fielen. Der Nebel brachte Schlaf und das große Vergessen. Die Apparatur verschwand vom Antlitz der Welt und als sich schließlich durch den Mut eines Einzelnen das Tor der Feste als Erstes wieder öffnete und die Menschen die Neuerschließung Shinji Otos wagten, war keine Spur mehr von den Relikten der Ainu oder den Schrecken, die sie angerichtet hatten.
Ära des Heisei
Beginn der gegenwärtigen Geschichtsschreibung. Während alle Ereignisse vorher in den Bereich der Mythen und Legenden fallen und nur nach und nach von den Priestern der Medina enthüllt werden, ist seit der Öffnung des Tores reichhaltige schriftliche und mündliche Kunde vorhanden. Immerhin liegt dieses Ereignis auch erst wenige Dekaden zurück!
Öffnung des Tores
Fürst Akihito war noch ein junger Mann, als er gegen das heiligste Gebot der Feste verstieß. War es pure Neugier, war es Unvernunft? Oder handelte es sich um eine von Visionen gelenkte Vorsehung, als der junge Fürst eines Morgens an den Torwachen vorbeschlich und die schwere Kette losmachte, woraufhin das Tor sich unwiederruflich senkte und die Feste zur Außenwelt öffnete? Jedenfalls reagierte Akihito, bevor die erschrockenen Wachen ihren jungen Herrscher zurückhalten konnten. Er rannte geschwind durch den offenen Spalt des Tores und hinaus auf den kargen Fels vor der Festung. Und er lachte über die vor Schrecken geweiteten Augen der Männer.
Was ist? Es ist nur Stein! Diese Insel ist unsere Insel. Lasst sie uns erschließen!
Dies sind die Worte, die Tsugu-no-miya Akihito von Adoran selbst in seinen Chroniken aufgezeichnet hat. Es bezeichnet den Beginn der modernen Geschichtsschreibung des Subkontinents und den ersten Tag seiner Regentschaft über Shinji Oto. Er war es, der vor den Toren Dol Vadits erschien und Einlass verlangte, er war der erste Pilger auf dem alten Pfad nach Sedevan.
Die anderen Häuser folgten seinem Beispiel zunächst zögerlich, dann aber begeistert von der neuen Freiheit und der Weite des Landes, das die Götter ihnen geschenkt hatten. Akihito empfand es nur als passend, dass er als Nachfahre der Götter ihnen dieses Land zurückgegeben hatte.