Das Haus Medina
Das Haus Medina | |
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Hauptstadt: | Sedevan |
Herrschaftsform: | Epistokratie |
Herrscher: | Der Rat der Zwölf |
Gebiet: | Shinji Oto |
Umgebungskarte | |
Das Haus ist benannt nach einer mythischen Weisen, Medin Yozakura (von heutigen Mönchen häufig auch einfach seibomedin genannt, die heilige Medin). Sie zu ehren, haben die Namensträger des Hauses das Streben nach Wissen und Weisheit zu den wichtigsten und erstrebenswertesten Tugenden erklärt. Die große Bibliothek von Medina steht jedem Pilgerer offen, gleich welchem Haus er angehören mag oder wessen Namen er trägt. Diese beherbergt neben einer sagenhaften Auswahl von Büchern aus ganz Ishtur auch einige der ältesten Exemplare des heiligen Buchs der Medina. Einige der medinischen Mönche schwören, die Handschrift stamme aus der sagenumwobenen Zeit vor der großen Stille…
Mediner sind für gewöhnlich gelehrte, aber auch sehr stolze Männer und Frauen; sie tragen meist lange Leinengewänder in hellen, matten Farben mit unauffälligen Standeszeichen. Die medinischen Frauen sind zudem berühmt für ihre kunstvollen Hochsteckfrisuren. Traditionalisten beider Geschlechter schminken sich blass, teilweise mit roten Akzenten auf Lippen und um die Augen.
Die größte Siedlung des Hauses, Sedevan, liegt inmitten der schwer erreichbaren Bergtäler der südöstlichen Gebirge von Shinji Oto. Einziger Zugang in das Haupttal ist der Ausgangs- und Endpunkt des heiligen Pfades der Götter Izanami und Izanagi, ein schmaler Kiespfad, der im Winter durch starke Schneefälle oft monatelang unpassierbar wird. An der höchsten Stelle des Pfades auf dem Gebirgskamm des koorisan steht ein den Göttern geweihter Schrein, der torii. Er besteht aus einem massiven, bronzenen Tor von zwölf Schritt Höhe, durch das jeder Pilger zweimal schreiten soll; zu Beginn und am Ziel seiner Reise. Er wird ganzjährig von einer Handvoll wetterfester, schweigender Mönche des Hauses Medin beschützt. Am Fuß des Gebirges wird der Pfad von freiwilligen Wachen des Hauses Qom bewacht, die niemanden mit Waffen passieren lassen - die Täler der Mediner sind ein Ort des Friedens. Die Täler selbst sind fruchtbar und von diversen kleinen und großen Flüssen durchzogen, die allerlei Pflanzen und Tiere nähren.
Die Führung des Hauses Medin besteht aus einem Zwölferrat der weisesten, weiblichen Mönche. Da ihre Entscheidungen nur einstimmig entschlossen werden dürfen, können manche Debatten Jahre dauern, bis sie zu einer Lösung kommen, mit der alle einverstanden sind.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
In den Gebirgstälern Medinas liegen die ältesten erhaltenen Hinweise des Kontinents auf kulturschaffende Bewohner. In den weitreichenden und bis heute nicht vollständig erforschten Anlagen unter der Tempelanlage Sedevans lagern die Priester Keramiken und Seidenspinnereien, die sowohl dem Tempel selbst , als auch der Feste Adoran vordatiert sind. Die Mediner halten ihr Wissen über die Zeit vor der Stille vor der Allgemeinheit zurück und sprechen höchstens vage über ein Urvolk, dass fremde Götter anbetete und schließlich an seiner eigenen Arroganz zerbrach. Die Existenz der mannigfaltigen Bauwerke (bzw. Ruinen) überall auf Shinji Oto werden daher auch eher den Göttern selbst zugesprochen als den Ainu.
Unbestritten ist die Rolle der Bergtäler als universaler Ort des Friedens und der Meditation. In der offiziellen Version begründete die weise Priesterin Medin Yozakura einst den Orden und wurde zur ersten Vorsteherin. Ihre Tochter Anesidora bildete nach ihrem Ableben das Matriarchat der Winde, um die weisesten und klügsten Priesterinnen zum Wohle des Hauses einzusetzen. Unausgesprochen bleibt der Fakt, dass vor der heiligen Medin der Glaubensorden die alten Götter fukuy nicht zum Pantheon zählte und zudem stark männlich dominiert war. Die Rolle der Mediner in den Ereignissen, die zur Stille führten, ist streng geheim und nur dem innersten Zirkel bekannt.
Heute sind Priester und Priesterinnen prinzipiell gleichberechtigt, jedoch Männer von den höchsten Weihen ausgeschlossen (es werden öffentlich nur spirituelle Gründe genannt); daher werden viele Priester zu zurückgezogenen Mönchen oder wanderndern und predigenden Pilgerern, während ihre gleichaltrigen Schwestern in der großen Bibliothek verbleiben und in der Kurie aufsteigen. Abgesehen vom Rat der Zwölf ist die Gesellschaft also nicht wirklich matriarchalisch geprägt.
Die überlebenden Bewohner des Hauses verbrachten die Stille vorwiegend nicht etwa in den Gewölben unter der großen Bibliothek, sondern in den zahlreichen alten kofun (Hügelgräbern) überall in den Gebirgstälern. Diese teils ausgedehnten Grabanlagen sind weitflächig miteinander verbunden; da die Mediner sich dort so lange aufhielten, sind ihre Spuren bis zur Unkenntlichkeit mit denen der ursprünglichen Erbauer verwischt. Heute liegen diese Anlagen weitestgehend brach. Nur wenige Mönche beschäftigen sich noch mit der Pflege der haniwa, Tonfiguren, die überirdisch zum Schutz und zur Markierung der Gräber aufgestellt werden. Niemand strebt danach, die Gräber zu betreten.
Philosophie
Die Priesterschaft der Mediner tendiert seit einigen Jahren immer mehr zum Kokugaku, einer Gedankenströmung, welche die Rückbesinnung auf die göttergegebene Ursprünglichkeit und Reinheit Shinji Otos in den Mittelpunkt stellt. Diese Entwicklung stellt einen klaren Kontrast zu der weltoffenen und erkenntnissuchenden Art und Weise dar, mit der die Priester der Medina (insbesondere die Pilger) in der Fremde agieren. Das Matriarchat der Winde ist in dieser Frage aufgrund diverser Details gespalten. Wie soll man etwa auf die neuen Götter der Theraner reagieren? Sind diese ebenfalls Kinder der hitorigami, oder aber ein Sakrileg bzw. Betrüger? Wie sollte man umgehen mit den Häusern (und neuen, fremden Rassen), welche die daimyō der Qomer nicht als ihre rechtmäßigen Herren akzeptieren? Wie soll man dem wachsenden Aufkommen des Volksglaubens an die kamuy (die alten Götter) begegnen? Liegen, verborgen in den Ruinen des Subkontinents, Hinweise auf eine ursprüngliche, wahre Form des Glaubens?
Der größte Konflikt der medinischen Philosophie liegt in dem Unterschied ihres Selbstverständnisses zu ihrer (durchaus intendierten) Außenwirkung. Während sie sich als offene, der Mehrung von Wissen verschriebene Gemeinde darstellen, verstehen sie sich doch viel eher als Hüter und Verwahrer verborgenen Wissens. Ihre Forschungen legen nahe, dass zu viel Wissen in den falschen Händen Shinji Oto nicht ein, sondern bereits zwei Mal für lange Zeit ins Chaos gestürzt hat. Sie wollen eine dritte Wiederholung um jeden Preis verhindern und sind bereit, dafür im Notfall gar ihre engsten Verbündeten zu belügen oder zu verraten.
Einfluss
Das Matriarchat der Winde verfügt über keine militärische Macht, keine nennenswerten Waffen oder Kämpfer. Ihr Bündnis mit Qom kombiniert mit der abgelegenen Lage inmitten schneebedeckter Berge allein scheinen ihre Sicherheit zu garantieren. Doch die Wahrheit ist vielschichtiger. Kein Haus verfügt über einen auch nur annähernd vergleichbaren Wissensschatz über die Vergangenheit des Kontinents. Und während die weltlichen Spione formosischer oder seltener poonischer Abstammung sein mögen, verfügt doch auch die medinische Kurie über ein eng gestricktes Informationsnetz, welches fast ganz Shinji Oto umspannt. Einzig die arakischen Piraten halten ihre brodelnde Feste rein von den Pilgern aus dem Süden.
Und so können die Ressourcen der Mediner häufig überraschen. Sie tragen keine Waffen, doch es wird immer jemand an ihrer Stelle kämpfen. Sie haben keine Händlergilde, aber stets schuldet ihnen noch jemand etwas. Der weltfremde Geistliche ist insofern eher eine Tarnung, die andere in Sicherheit wiegt. Das bedeutet nicht, dass sie nicht für ihre propagierten Ideale stehen würden. Aber wer sich die Mediner zum Feind macht, weil er sie unterschätzt, wird dies allzubald bereuen.
Den größten Einfluss haben die Mediner in absteigender Reihenfolge in Qom, Formosa und Madras. Wie alle Mitgleider des südlichen Bundes betreten sie das Reich der Araki nicht. Außerhalb Shinji Otos sind Priester nur selten anzutreffen. Dort sind sie dann meist im Auftrag des Matriarchats und dementsprechend mit den nötigen Ressourcen ausgerüstet. Thera hält den Fürsten Qoms für den uneingeschränkten Souverän des Subkontinents und irrt damit. Der Fürst selbst weiß es besser und ist stets bedacht, das Verhältnis eng und freundlich zu halten.
Ästhetik
Zwei vorherrschende Eigenschaften kennzeichnen die ästhetische Tradition des Hauses Medina, stärker gar als in allen anderen Teilen Shinji Otos. Dies ist zum einen der Glaube an die Unbeständigkeit des Seins Mujō, zum anderen ist die medinische Ästhetik bestimmt durch Selbstkultivierung, wie sie in den sogenannten Wegkünsten praktiziert wird.
Gemäß der Lehre des Mujō befindet sich ausnahmslos alles im Fluss der Vergänglichkeit, sogar die Götter und die von ihnen geschaffene Welt sind ihm unterworfen. Dieses wird in vergänglicher Liebe, im Tod und in jeder möglichen Erfahrung des Verlustes erlebt. Weil alle Dinge unbeständig sind, ist jedes Anhaften an ihnen vergeblich und führt letzten Ende zu Leid. Die Priester sinnen danach, einen Ausweg aus diesem Schöpfungsrätsel der Götter zu finden. Dies kann der äußere Weg, der Pfad des Pilgernden im Bestreben nach Wissensmehrung und Erfahrung sein, aber auch die innere Suche durch Fasten, Meditation und philosophische Gespräche. Diese erstrebte Öffnung des Geistes nennen die Priester Transzendenz.
Ein großer Unterschied zu der Denkweise der Gelehrten Alorans ist dabei der Aspekt des Wabi-Sabi, der Ästhetik des Unperfekten, das sich durch Asymmetrie, Rauheit, Unregelmäßigkeit, Einfachheit und Sparsamkeit auszeichnet. Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit beweisen Achtung vor der Eigenheit der Dinge. Es tritt an die Stelle der aloranischen Konzeption des Schönen und Makellosen.
Daher fehlt im Auge fremder Betrachter medinischer Kunst häufig alles Pracht- und Prunkvolle. Mitunter tritt an die Stelle einer erwarteten goldenen Statue ein einfacher Raum voller an Ärmlichkeit grenzender Bescheidenheit. Rissige Holzstatuen, Mönche in einfachen Leinenroben; Patina und Rost werden gerne als Zeichen von fehlender Pflege oder gar des Verfalls missverstanden.
Hier treten zudem zwei starke Kontraste auf: Sowohl die kontaktfreudigsten Häuser Formosa als auch Qom üben sich selten in Wabi-Sabi; zudem ist die gigantische Tempelanlage im Zentrum Sedevans von einer Kultur aus nicht erhaltenen Vorzeiten erbaut worden, die offensichtlich gänzlich andere Konzeptionen von Prunk und Zurückhaltung hatte.
Alle weiblichen Mitglieder des Hauses verfügen über eine unterschiedlich stark ausgeprägte Version der Astralsicht. In den allermeisten Fällen ist diese jedoch so schwach ausgeprägt, dass sie ein unbewusstes Stadium der Fähigkeit nie überwindet.