Persönliches Tagebuch von Octavia

Aus Aloran Kompendium
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Das persönliche Tagebuch von Octavia beschreibt fast die ganze Handlung von Kapitel 1: Die Reise nach Trosk.

14. Myloar - 8. Floar 348 i.J.P.


Myloar (348 i.J.P.)

14. Myloar

Endlich finde ich Ruhe um zu schreiben. Ich kann immer noch nicht glauben, was sich in den letzten Stunden ereignet hat. Aber es ist wahr! Sie haben meine Mutter getötet.

Ich dachte, dass, nachdem wir aus Kronstadt flohen, so etwas nie wieder geschehen könnte. Doch nun ist sie genauso tot wie mein Vater. Und ich bin nun allein und ganz auf mich selbst angewiesen. Ich weiß nicht, ob ich in diesem Land eine Chance haben werde, aber ich muss überleben. Das war dass letzte, was ich meiner Mutter versprochen habe.

Ich musste sehr schnell fliehen. Hoffentlich suchen sie nicht schon nach mir. Ich habe ja so schreckliche Angst!

Es fiel mir nur noch eine Person ein, der ich vertrauen konnte. Und das war ein junger Windling namens Sheerana, der sich im nahe gelegenen Wald von Oppeln aufhielt. Ich kannte ihn, oder eigentlich sie, schon eine ganze Weile und wir trafen uns oft, wenn ich für Elina Kräuter aus dem Wald besorgte. Sheerana entspricht genau dem, was man sich unter einem Windling aus Barsaive vorstellt - freiheitsliebend und manchmal etwas starrsinnig. Trotzdem ist sie an und für sich eine ganz nette Person, auch wenn es ihr an Bildung und Etikette mangelt.

Ich packte also eilig die wichtigsten Sachen von zuhause zusammen, sattelte unser Pferd und machte mich auf den Weg zu Sheerana. Ich fand sie faulenzend auf einem Baum und erzählte ihr, was geschehen sei. Sie bot mir schließlich an, mich auf meiner Flucht nach Trosk zu begleiten.

Meine Mutter sagte nämlich immer, dass, falls ihr etwas zustoßen sollte, ich mich nach Trosk begeben sollte. Dort lebt eine Freundin von ihr, die sich Abraxa nennt und mir helfen würde.

Wir reisten also durch den dunklen Wald und ich hatte furchtbare Angst, dass die Assassinen mir folgen würden. Schließlich konnte ich vor Müdigkeit nicht mehr weiter und wir errichteten ein Lager für die Nacht. Durch das Feuer, welches wir entzündet hatten, wurden aber Räuber auf uns aufmerksam. Sie kamen aus den Büschen und verlangten nach unserem Geld. Ich war so erschrocken, dass ich nur noch schreien konnte, als mich einer von ihnen am Arm ergriff. Noch nie zuvor war ich in so einer Situation. Diese Männer waren brutal und stanken und ich dachte, dass mein Leben nun beendet sei. Doch auf einmal erschien unsere Rettung! Sie kam in der Gestalt eines großen, behaarten Orks aus dem Gebüsch gesprungen und ihm gelang es, die hinterhältigen Diebe in die Flucht zu schlagen. Ich war zwar sehr erleichtert, aber hatte auch Furcht vor diesem grausam wirkenden Ork. Ich bin noch nie zuvor einen Vertreter seiner Rasse begegnet und wusste nicht, ob er uns nun fressen oder helfen wollte. Zum Glück stellte er sich als wohlgesonnen heraus und wollte uns keinen Schaden zufügen. Höflich bedankte ich mich bei ihm und bot ihm als Belohnung ein paar Münzen an, die er jedoch ablehnte. Irgendwie kamen wir dann mit ihm ins Gespräch und der Ork, der sich uns als Golgari vorstellte, erklärte sich bereit, uns auf unserem bevorstehenden Wege zu begleiten und zu beschützen. Doch er erzählte uns auch, dass er an seinen Lagerplatz der letzten Nacht zurück müsse, weil er dort etwas Seltsames entdeckt hätte. Sheerana war damit einverstanden und auch ich stimmte zu, unserem Retter zu helfen.

Zuerst suchten wir uns aber einen neuen Lagerplatz für die bevorstehende Nacht. Bei dem Gedanken mit einem wildfremden Ork im Wald zu übernachten wurde mir jedoch wieder ganz mulmig. Ich legte mich deshalb einige Meter von ihm entfernt hin und bin sehr froh, dass der Windling zur Not auch noch da ist.

Hier sitze ich nun und halte "Nachtwache", so wie meine neuen Freunde es nennen. So etwas habe ich noch nie getan und eigentlich weiß ich auch nicht worauf ich überhaupt achten soll. Schließlich ist es dunkel und ich sehe kaum etwas. Aber wo ich nun zur Ruhe komme, wird mir wieder bewusst, was in Oppeln geschah und trotz der Müdigkeit werde ich wohl sowieso kein Auge zu bekommen, da diese schrecklichen Bilder ständig in mir hochkommen. Ich wünschte auch, dass ich bereits schlafen würde, denn dann könnte ich aus diesem Alptraum hier endlich aufwachen.

Ich werde nun versuchen dieses „Nachtwachen“ ernst zu nehmen und mich auf Was-auch-immer zu konzentrieren.

15. Myloar

Ich sitze schon wieder bei einer dieser Nachtwachen. Es ist ja so entsetzlich! Ich lebe erst seit zwei Tagen unter freiem Himmel und schon jetzt ist es mein sehnlichster Wunsch, endlich wieder in einem weichen Bett aufzuwachen. Mein ganzer Körper schmerzt und ich fühle mich erschöpft und kränklich.

Auch heute liegt wieder ein ereignisreicher Tag hinter mir. Am Morgen wurde ich äußerst grob von unserem neuen Wegbegleiter geweckt, woraufhin ich mit einem lauten Schrei reagierte. Nachdem ich mich dann aufgerappelt und mein Frühstück verzehrt hatte, machten wir uns auf, um den Platz zu suchen von dem der Ork letzte Nacht sprach. Auf dem Weg erzählte er uns, dass ihm kleine, fliegende Feuerwesen begegnet seien, welche ihn angegriffen hatten. Nachdem wir den ganzen Vormittag in eine bestimmte Richtung gegangen waren, gelangten wir schließlich zu einer Lichtung, in deren Mitte sich ein Hügel befand. Darauf war ein großer Stein mit einer Runeninschrift. Irgendwer vermutete, dass sich unter dem Stein etwas befinden könnte. Mit Hilfe meines Pferdes gelang es uns, den Stein umzustoßen, aber wir machten uns die Arbeit umsonst, da wir darunter nichts als ein paar Wurzeln fanden. Als der Windling sich die Gegend noch einmal genauer ansah, entdeckte er eine kleine, silberne Platte, welche auch mit Runen versehen war. Außerdem fielen uns überall Kleidungsreste auf, die von einer dicken, ekligen Schleimschicht durchtränkt waren. Da es die Kleidung der Wesen war, die Golgari gesehen hatte, nahmen wir eines um einen Stock gewickelt mit. Erfreulicherweise musste ich ihn nicht tragen, da er erbärmlich stank. Wir ritten dann weiter. Der Ork wusste zum Glück die ungefähre Richtung nach Trosk und als die Sonne unterging, suchten wir uns eine Schlafstelle. Und hier bin ich jetzt. Ich werde gleich versuchen, ob ich schlafen kann. Die Strapazen, die diese ungewohnte Lebensart mit sich bringt, haben mich müde gemacht. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass alles wieder wie früher ist und ich bei meinen Eltern in Kronstadt seien könnte. Ich vermisse sie ja so sehr...

16. Myloar

Bitte ihr Götter, helft mir wach zu bleiben! Ich sitze hier in einem Lager, welches zu Leuten gehört, die mir gefährlich und zwielichtig erscheinen. Sie sind grobe, brutale und ungewaschene Männer, Menschen und Orks. Sie tragen Bärte und haben vermutlich noch nie eine Therme betreten. Sie geben sich zwar als hilfsbereit aus, aber trotzdem kann ich ihnen nicht trauen. Ich war noch nie in solcher Gesellschaft, deswegen befürchte ich, dass vielleicht einer dieser Männer auf schlechte Gedanken kommt, wenn er mich hier wehrlos schlafen sieht. Deshalb bleibe ich wach! Es wird zwar immer schwieriger, doch ich will kein Risiko eingehen und so langsam gewöhne ich mich auch an den Schlafmangel der letzten Tage.

Aber nun werde ich erst einmal berichten, wie wir hier überhaupt landen konnten. Als wir heute unterwegs waren, hörten wir Stimmen und der Ork wollte wissen, wo sie herkommen. Ich blieb zurück und wartete in sicherer Entfernung. Nach einer Weile kam er wieder und sagte, dass er ein Lager mit ein paar „netten“ Männern gefunden hat. Also kamen wir mit und gesellten uns dazu.

Es ist wirklich ein ungehobelter Haufen, aber sie erzählten etwas von einem Luftschiff nach Trosk, doch genauer wollen sie erst morgen darauf eingehen. Deswegen sind wir auch hier geblieben. Zumindest war das für mich der einzige Grund.

Ich fürchte den Kampf gegen den Schlaf in Kürze zu verlieren. Ich kann nur hoffen, dass Golgari im Notfall einschreitet, ansonsten ist dies vielleicht meine letzte Nacht.

17. Myloar

Zum Glück verlief die letzte Nacht ohne Zwischenfälle, doch heute morgen erkundigte ich mich nach dem Luftschiff. Einer der Männer sagte, dass er für 50 Silberstücke das Luftschiff eines Freundes mieten könnte, er müsste nur das Geld vorher sehen. Da ich so schrecklich darauf versessen war aus diesem Wald herauszukommen, zeigte ich ihm spontan meinen Geldbeutel mit meinem ganzen Geld, welches ich aus Oppeln mitgenommen hatte. Es waren lediglich ein paar Goldstücke und ich dachte mir nichts weiter dabei, als ich es hervorholte. Dies erwies sich jedoch als großer Fehler, denn danach griffen sie uns an und wollten uns bestehlen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie dumm ich gehandelt habe! Ich hätte ihnen nie mein Gold zeigen dürfen!

Es waren für den Ork alleine zu viele, deshalb konzentrierte ich mich und erzeugte eine Flamme bei einem der Räuber, welche seine Kleidung entzündete. Dieser lief dann panisch davon und der Rest war so erschrocken, dass auch sie die Flucht ergriffen. Auch Golgari war äußerst erstaunt und bezog wohl alles auf sein furchteinflößendes Äußeres oder sein prunkvolles Schwert, da er das Feuer ganz übersehen hatte. Ich bin mir fast sicher, dass er seit diesem Moment ein ganzes Stück aufrechter geht.

Wir setzten unsere Reise nun fort und nahmen wie aus dem Nichts plötzlich einen furchtbaren Gestank wahr. Es stellte sich heraus, dass dieser von einem Oger ausging, der uns auf einmal den Weg versperrte. Er sah recht grimmig und unsagbar hässlich aus. Ich versuchte ihn anzusprechen, doch er reagierte nicht. Später erfuhr ich, dass Oger gar nicht sprechen können, oder dass es zumindest keiner so genau wüsste. Als der Ork sein Schwert zog, hob der Oger seine riesige Keule und ich wusste, dass Golgari keine Chance gegen einen so gewaltigen Gegner hätte. Auch hier kamen mir meine magischen Fähigkeiten zu Gute, da ich mit einer großen Flamme den Oger vertreiben konnte. Wir konnten dann ungehindert weiter reisen.

Bevor wir wieder unser Nachtlager aufschlugen, kamen wir noch an einem zerfallenen Haus vorbei, neben welchem sich ein noch zerfalleneres Luftschiff befand. Dies war wohl das Schiff, von dem die Räuber erzählt hatten und es wurde uns erneut bewusst, dass sie uns die ganze Zeit angelogen hatten.

Heute habe ich jedoch zum ersten Mal begriffen, was für nützliche Fähigkeiten ich eigentlich besitze. Ich hatte sie bis jetzt noch nie zur Verteidigung benutzt, da ich auch noch nie in solch einer bedrohlichen Lage war. Ich bin froh, dass ich sie besitze, obwohl das früher anders war. Nachdem ich viele Probleme mit der Kontrolle meiner Fähigkeiten hatte, verbot mir meine Mutter sogar, sie anzuwenden. Langsam verstehe ich, dass sie mir so zeigen wollte, was für eine große Verantwortung ich mit ihnen zu tragen habe und welche Macht ich durch sie besitze.

18. Myloar

Heute morgen sind wir früh aufgebrochen und setzten unseren Weg fort. Immer in der Hoffnung, bald wieder in irgendein Dorf zu gelangen. Wir wanderten schon den ganzen Vormittag, als wir an eine uralte Ruinenstätte gelangten. Wir näherten uns und sahen theranische Soldaten, welche gerade einen Gefangenen auspeitschten und ihn dann in ein großes Hauptgebäude der Ruinen brachten. Wir beobachteten die ganze Situation. Ich schlug vor, die Ruine einfach zu umgehen, da ich es nicht darauf anlegen wollte, gefangengenommen zu werden. Was würde auch passieren, wenn mich einer von ihnen erkennen würde? Vielleicht würden sie mich auch zu meinem Onkel Silvius bringen und ich könnte leben wie früher. Aber ich wollte kein Risiko eingehen und bat die anderen, das Lager zu umgehen.

Mit meinem Vorschlag waren meine Begleiter nicht gerade einverstanden, besonders Sheerana war nicht mehr von dem Gedanken abzubringen, den Gefangenen befreien zu wollen. Auch Golgari stimmte zu. Also ging ich ängstlich hinter ihnen her und hoffte, dass nichts Schlimmes geschehen werde.

Zuerst schlichen wir uns hinter die Ruinen, wo sich die Pferdekoppel befand. In einem kleinen Haus etwas abseits saß eine Wache, welche Golgari überrumpelte.

Dann geschah etwas, was ich für mich sonst als undenkbar gehalten hätte. Ich begann den gefesselten Soldaten zu durchsuchen und stahl ihm in meiner Verzweiflung sein Geld. Die Räuber hatten mir schließlich alles genommen, und ich benötigte Geld für meinen Weg nach Trosk. Trotzdem schäme ich mich nun unwahrscheinlich, immerhin bin ich jetzt eine Diebin und habe gegen alle Regeln meiner Erziehung verstoßen. Wenn mein Vater davon erfahren hätte, wäre er entsetzt gewesen.

Wir versuchten schließlich einen Weg in das Innere der Ruinen zu finden, wo anscheinend die Gefangenen aufbewahrt wurden, doch fanden zuerst keinen von ihnen. Golgari wollte sich nun einfach hinein kämpfen und einen offenen Kampf riskieren. Ich beobachtete das Geschehen aus sicherer Entfernung und ließ den Umhang einer der Wachen entfachen. So konnte Golgari überraschend angreifen. Doch es kamen immer mehr Soldaten aus der Ruine und schließlich waren es für Golgari alleine zu viele, doch da kam Sheerana und führte uns zu einem versteckten Gang, der ins Innere der Ruinen führte. Die Soldaten verloren uns somit aus den Augen.

Wir drangen unterirdisch bis zu den Gefangenen vor und ehe wir sie befreien konnten, mussten wir, oder hauptsächlich Golgari, noch einige Soldaten überwältigen. Endlich gelang es uns dann die Gefangenen zu befreien.

Wir fanden einen alten Greis, welcher jedoch auf mysteriöse Weise verstarb, als Sheerana ihm seinen Umhang geben wollte. Außerdem befreiten wir ein Mädchen, das ungefähr in meinem Alter seien könnte. Eine etwas vorlaute Person, aber wir nahmen sie trotzdem mit. Bei dem letzten Gefangenen handelte es sich um einen Zwerg, der sich als Schachtbohrach Tünnel vorstellte. Mit ihm und dem Mädchen flohen wir aus dem Theranerlager und suchten eine versteckte Höhle im Wald auf. Und hier sitze ich nun.

So einen aufregenden Tag habe ich selten erlebt. Meine Hände zittern immer noch, wenn ich daran denke was geschehen wäre, wenn die Theraner mich erkannt und mitgenommen hätten.

19. Myloar

Heute sind wir fast den ganzen Tag nur gereist und meine Kräfte sind völlig am Ende. Nachdem wir heute morgen aufgebrochen sind, konnten wir aus der Entfernung beobachten, wie die Ruinenstätte mit den Theranern von zwei Trollluftschiffen angegriffen und vermutlich sogar zerstört wurde. Der Zwerg teilte uns mit, dass er unbedingt zurück zu jenem Ort müsse, da sich dort noch etwas Wichtiges von ihm befände. Golgari erklärte sich bereit, noch einmal mitzugehen, doch Sheerana, ich und unsere neue Begleiterin überredeten ihn, unseren Weg fortzusetzen. So ging der Zwerg alleine und verließ uns.

Als die Sonne schon langsam zwischen den Baumwipfeln verschwand und der Abend sich ankündigte, erreichten wir einen Fluss, der uns nochmals bestätigte, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Kurz bevor wir unser Nachtlager aufschlagen wollten, fanden wir einen alten, zerfallenden Turm, der am Flussufer steht. Morgen wollen wir uns ihn noch genauer ansehen, denn wir alle sind müde und auch ich werde mich jetzt zur Ruhe begeben.

20. Myloar

Ich sitze mal wieder bei einer dieser Nachtwachen und endlich finde ich die Zeit, die neuesten Ereignisse aufzuschreiben.

Nach dem Frühstück gingen wir zum Turm zurück und sahen uns um. Der obere Teil des Turmes fehlte komplett, als ob ihn jemand heruntergerissen hätte. Plötzlich schrie das Mädchen, welches uns seit ihrer Befreiung begleitete, auf und zeigte uns einen Hund, der mit einem Nagel durch den Kopf an die Eingangstür gehauen war. Um uns den weiteren Anblick zu ersparen, löste Golgari den Nagel aus dem Kopf und der Hund sank auf den Boden. Wir sahen uns nun im Inneren des Turmes um und fanden ein Bett, ein paar alte Kleider und einen mit Stroh ausgelegten Raum, der wahrscheinlich einmal das Schlafgemach des Hundes war. Es sah aus, als hätte sich hier eine nicht allzu reiche Person ihre Wohnung in der Turmruine eingerichtet. Es existierte auch ein Brunnen in der Mitte des Eingangsraumes.

Das Mädchen, leider weiß ich immer noch nicht ihren Namen, wurde zunehmend panischer, während wir uns weiter umsahen. Sie warnte uns vor diesem Ort, aber unsere Neugier war stärker. Also entschied sie sich, draußen die Stellung zu halten und wir gingen ohne sie in den Turm.

In dem Raum mit dem Stroh fanden wir unverhofft eine Falltür, die uns in ein weiteres, unterirdisches Stockwerk führte. Sheerana weigerte sich jetzt auch uns zu begleiten und wollte ebenfalls nach draußen. Sie warnte uns erneut hier zu bleiben. Golgari und ich gingen deswegen alleine weiter. Ich war ganz erschrocken, da meine Neugier meine Furcht völlig verdrängt hatte. So mutig kannte ich mich bisher noch nicht. Unten fanden wir einen Sarkophag mit einer T'skrangmumie. Außerdem entdeckten wir einen großen Raum, in welchem wohl vor einiger Zeit ein Ritual abgehalten worden war. Ich fand ebenfalls einen Schrank mit bekannten Kräutern, wovon ich mir einiges mitnahm. In der Mitte des Raumes war ein Beschwörungskreis aufgezeichnet und auf ihm lag Asche, die eindeutig von einem menschlichen Wesen stammen musste. Früher habe ich einmal gelesen, dass man magische Kreise nie betreten dürfte, da man dies im schlimmsten Fall mit seinem Leben bezahlen würde. Dieser Anblick erinnerte mich daran. Etwas ähnliches war wohl auch hier geschehen. Ich fand auf einem Tisch eine Schriftrolle, die mir ganz danach aussah, als ob sie die hier praktizierte Beschwörungsformel enthielt. Leider ist sie in einer magischen Schrift verfasst, aber mit ein bisschen Mühe kann ich sie vielleicht übersetzen. Wir gingen zurück zu der Mumie, als uns plötzlich eine geisterhafte Gestalt erschien. Es war eine alte Frau, die uns eindringlich darum bat, die Mumie zu zerstören. Nun wurde mir einiges klar. Die alte Frau war wohl die Person gewesen, welche bei dem Ritual ihr Leben verlor und uns nun bat, ihre Aufgabe zu Ende zu führen. Leider konnte ich nicht weiter mir ihr kommunizieren, da ihr Geist wieder verschwand. Golgari und ich taten, was uns aufgetragen war und warfen die Mumie in den Brunnen, in der Hoffnung, dass sie keiner mehr so schnell von dort unten herauf holen könnte. Als wir wieder nach oben kamen, sahen wir gleich zwei T`skrang, die ebenfalls den Turm durchsuchten. Anscheinend war ihnen die Falltür nach unten entgangen. Kurz nachdem sie uns erblickten, griffen sie uns an. Golgari schaffte es jedoch, beide zu besiegen und wir wollten draußen nach den anderen beiden sehen. Wir liefen aus dem Turm, doch entdeckten zuerst nichts. Es fiel uns aber auf, dass der tote Hund verschwunden war und wir nahmen dann Geräusche wahr, die von Sheerana und dem Mädchen kommen mussten. Offensichtlich waren auch sie mit einigen T`skrangs beschäftigt. Wir liefen hin, um zu helfen. Es wurde ein hartes Gefecht, und als Golgari lebensgefährlich am Hals verwundet wurde, wusste ich mir nicht anders zu helfen, als die T`skrangs mit meinem Feuer zu verscheuchen.

Nun sind wir wieder in einem Nachtlager und ich habe versucht mich um Golgaris Verletzung zu kümmern. Die Wunde ist wirklich gefährlich, doch mit meiner Hilfe und den Kräutern aus dem Turm wird sie gut verheilen. Ein Glück, dass ich soviel von Elina gelernt habe.

22. Myloar

Seit zwei Tagen halten wir uns jetzt in einem kleinen Orkdorf auf. Endlich habe ich mal wieder Zeit, mich etwas zu erholen.

Als wir gestern morgen aufwachten, war das Mädchen, das wir befreit hatten, verschwunden. Wir folgten ihrer Spur, doch verloren sie bald auch wieder. Sie hatte uns erzählt, dass sie aus einem Dorf aus den Bergen stammen würde und deshalb nahmen wir an, dass sie dorthin zurück gegangen sei. Wir folgten schließlich wieder unserem eigenen Weg, der zufälligerweise auch auf die Berge zuführte.

Um die frühe Mittagszeit wurde unsere Reise von einem dicht bewachsenen Stück Wald versperrt. Es blieb uns nichts anderes übrig, als uns durchzuschlagen. Natürlich erledigte das Golgari und ich ging hinterher. Er muss dabei ziemlich laut gewesen sein, denn als der Wald wieder lichter wurde, wurden wir von einem fremden Ork erwartet, der uns in Kampfposition gegenüber stand. Ich weiß eigentlich nicht genau, was daraufhin vorgefallen ist, aber Golgari zog sein Schwert. Dann redete der andere etwas von Kutlu Hammerschlag, Golgaris Vater, und plötzlich wurden wir von dem anderen Ork in sein Dorf eingeladen. Mir war das ganz recht, da ich endlich wieder nahrhaftes Essen bekam und mit einer Decke über dem Kopf schlafen konnte. Zwar war die Hütte, die uns zugewiesen wurde, nur eine dreckige Holzkonstruktion ohne jede Form der Bequemlichkeit, aber immerhin besaß sie ein Bett aus Stroh, das etwas weicher als der Waldboden ist.

Am Abend veranstalteten die Orks ein kleines Fest und einer von ihnen, der anscheinend mit Golgari verwandt ist, erzählte Geschichten, wie Orks sie nun mal erzählen. Ich hörte nur mit einem Ohr zu, da ich das Essen als interessanter empfand. Alles was ich mitbekommen habe ist, dass Golgari durch familiäre Verknüpfungen das eigentliche Anrecht auf den Orkthron habe, was ich dann doch recht beeindruckend fand. Dann ging es noch um sein Schwert und seinen Vater.

Ich ging an diesem Abend früh schlafen, und begann aber noch mit der Übersetzung von der Schriftrolle aus dem Turm. Es gelang mir sogar überraschend schnell, da es sich um eine gängige Magiesprache handelte, die mir aus unzähligen Büchern bekannt ist. Es handelte sich schließlich um die Beschwörung eines Dämons, welchen man Gamori nennt. Ich erkannte auch, dass es das selbe Ritual wie im Turm war. Die alte Frau, die uns als Geist erschienen war, wollte höchst wahrscheinlich diesen Gamori verbannen. Wie es aussah hatte sie es schon fast geschafft, doch wurde sie kurz vor ihrem Erfolg durch etwas abgelenkt. Sie trat dann zu früh aus dem Kreis und büßte dies mit ihrem Leben. Durch dieses Missgeschick war es ihr dann auch unmöglich, die sterbliche Hülle des Dämons zu zerstören, was sehr wichtig gewesen wäre. Ich hoffe, dass wir diesen Gamori jetzt zumindest unschädlich gemacht haben, denn aus dem Brunnen bekommt diese Mumie bestimmt keiner so schnell wieder heraus. Das Erfreuliche ist aber, dass das Ritual anscheinend doch noch seinen Zweck erfüllt hat und Gamori vorläufig im Astralraum festsitzt.

Ich werde auch das Gefühl nicht los, dass diese alte Frau aus dem Turm eine mächtige Magiebegabte war. Es gibt so viele Anzeichen dafür. Wie hätte sie uns sonst zum Beispiel noch um Hilfe bitten können, obwohl sie tot ist? Und dann noch der Hund. Dieser wurde übrigens wieder lebendig, nachdem Golgari ihm den Nagel aus dem Kopf gezogen hat. Er stand plötzlich vor uns und kläffte uns an, doch nachdem er an mir gerochen hatte, ließ er von uns ab und stürzte wie wild auf die T'skrangs zu. Ist dieser Hund vielleicht ein Schutzgeist dieser Zauberin gewesen?

Nachdem ich das alles herausgefunden hatte, schlief ich endlich ein. Am nächsten morgen erzählte mir Golgaris Verwandter, der übrigens Ahad Steppenwind genannt wird, dass er uns ein Luftschiff besorgen könnte. Da ich mir sagen ließ, dass unser nächstes Stück Weg von Piraten verseucht sei, nahm ich das Angebot dankend an. Wir müssen morgen deshalb in die Berge, von wo uns das Schiff dann abholen wird. Der Preis wird noch ausgehandelt. Wie glücklich ich bin, wenn das wirklich alles glückt! Ich will auf dem schnellsten Weg nach Trosk, wo Abraxa lebt. Vielleicht kann sie mich in meine Heimat zurückbringen. Aber bis ich am Ziel ankomme, vergeht bestimmt noch eine Menge Zeit. Deswegen bin ich froh, dass ich wenigstens ein paar vertrauenswürdige Gefährten gefunden habe, auch wenn ich ihnen nicht immer zeige, dass ich mich glücklich schätze, sie zu haben.

24. Myloar

Wir haben es geschafft! Ich sitze auf dem Deck eines Luftschiffes und ergötze mich an dem Anblick der Berge, an denen wir vorbeiziehen. Gestern morgen brachen wir mit Ahad Steppenwind und einigen anderen Orks auf, um zu dem Ort zu gehen, wo uns das Luftschiff abholen sollte. Wir kamen zu den Bergen und mussten einem schmalen Fußweg folgen. Es ging immer nur bergauf und es fiel mir schwer, mit den Männern schrittzuhalten. Der Marsch war noch lang und nach vielen Stunden erreichten wir endlich ein Plateau mit einer Lagerstelle. Einer der Orks machte ein Feuer und als ich nachfragte, sagte man mir, dass das Luftschiff durch Rauchzeichen gerufen wird. Als gegen Abend immer noch keine Spur von dem Schiff zu erblicken war, wurde ich ungeduldig. Nervös lief ich im Kreis, denn hier oben in den Bergen wird es nachts bitterkalt. Mürrisch legte ich mich dann irgendwann zum Schlafen, als keiner mehr meinem Gejammer Beachtung schenkte.

Am nächsten Morgen wurde ich so unsanft aus dem Schlaf gerissen, dass ich fast gar nicht mehr wusste, wo ich war. Als Schlafplatz diente uns eine kleine Höhle und als ich heraus blickte, war schon ein Kampf in vollem Gange. Ich sah nur, daß immer mehr T`skrangs unser Plateau hinauf liefen und mit den Orks mitten im Gefecht waren. Sheerana rief mir zu, ich sollte ihr helfen, Steine auf die Angreifer zu werfen, was ich dann auch tat. Uns gelang es sogar zu treffen. Als der Kampf schon ausweglos erschien, tauchte aus den Wolken das ersehnte Luftschiff auf. Es drehte eine Runde, feuerte ein paar Mal auf die T`skrangs, welche daraufhin alle flohen, und hielt dann direkt über uns an. Endlich konnten wir an Bord gehen. Mit einem Mitglied der Besatzung, es waren Orks, Menschen und ein Troll, handelte ich den Preis für unseren Flug aus. Wir einigten uns auf 50 Silberstücke, allerdings musste ich für Sheerana nochmals 10 Silber dazu bezahlen, da der Troll eine große Abneigung gegen Windlinge besitzt. Manchmal kann ich das gut nachvollziehen, aber ich empfand sein Verhalten als äußerst unverschämt. Bevor wir unsere Richtung, die uns im übrigen immer weiter nach Westen führt, einschlugen, flog das Luftschiff noch über die fliehenden T`skrangs hinweg, welche es eifrig beschoss.

25. Myloar

Wir befinden uns immer noch auf dem Luftschiff. Unser Flug hat gestern Nacht noch eine Verlängerung bekommen. Mitten in der Nacht wurden wir von einem Mitglied der Besatzung geweckt, der meinte, dass wir da wären. Als wir an Deck gingen, sahen wir, wie die Bauern schon mit Mistforken dem landenden Schiff entgegen stürzten. Anscheinend waren die Orks hier nicht gerade willkommen. Diese missliche Lage nutzte der Kapitän so geschickt aus, dass er mir noch einmal 20 Silberstücke abknöpfen konnte. Dafür nahmen sie uns noch einen weiteren Tag mit und versprachen, uns an einem weniger gefährlichen Ort aussteigen zu lassen. Das hoffe ich jedenfalls, aber solchem Gesindel, wie der Besatzung hier, darf man nie trauen.

27. Myloar

Endlich Ruhe! Ich liege gerade genüßlich in einer Badewanne in einem Gasthaus namens „Bader Barbier“. Den ganzen Tag sind wir in einem unglaublich schnellen Tempo geritten, was auch wieder seinen Grund hatte. Das Luftschiff hat uns vorgestern Abend vor einer Stadt abgesetzt, welche man Lüderitz nennt. Es ist eine seltsame Stadt, da sie ganz aus einer massiven Felswand gehauen wurde. Ich würde nicht sagen, dass sie besonders einladend wirkte. Die Sonne war schon fast untergegangen und wir gingen auf die Stadttore zu. Unterwegs kamen wir an zwei Lagern vorbei, die ihre Zelte vor der Stadt aufgeschlagen hatten. Wir gingen einfach zu einem herüber und fragten, warum sie denn nicht in der Stadt wären. Das Lager bestand nur aus Zwergen, die uns gleich Essen anboten und sagten, dass Lüderitz nachts geschlossen wird und man die Tore erst morgen wieder öffnet. Nach einer Weile stellte sich heraus, dass die Zwerge entsetzliche Angeber waren, und wir sie einfach nicht länger ertragen konnten. Wir packten unsere Sachen und wollten bei dem anderen Lagerplatz nachsehen, ob dort weniger aufdringliche Gesellen sitzen.

Es lagerten dort ein Elf, ein Mensch und ein Troll. Der Name des Elfen ist Tarula Tingeltang. Ich war erstaunt, endlich mal wieder ein männliches Wesen zu treffen, das nicht übermäßig behaart war und sogar saubere Kleidung trug. Diese ähnelt übrigens der eines Barden und man merkte sofort, dass er mehr Manieren besitzt, als die Leute, die wir in letzter Zeit getroffen haben. Der Mensch stellte sich als Portalkal Kelvin vor. Ich würde ihn als typischen Abenteurer beschreiben, genauso wie er im Buche steht. Der dritte von ihnen ist der Troll, namens Duda Bärenstark. Und genauso sieht er auch aus. Ich habe selten einen so riesigen Troll gesehen, der zusätzlich noch so grimmig gucken kann. Ehrlich gesagt habe ich ein wenig Angst vor ihm. Wir unterhielten uns noch etwas mit der Reisegruppe und beschlossen dann, ein eigenes Lager neben ihnen aufzuschlagen.

Am nächsten Morgen wollten wir in die Stadt. Ich habe mich so gefreut, endlich wieder ein Stück zivilisierten Boden zu betreten. Lüderitz ist zwar mit seinen grauen, verqualmten Gebäuden kein schöner Anblick, aber es ist immerhin eine zivilisierte Stadt. Wir gingen also zu den Toren und während wir sie durchqueren wollten, wurden wir von den Stadtwachen zurückgehalten. Sie fragten, wo wir herkommen würden und wo wir hin wollten. Dummerweise habe ich ihnen wohl die unpassendste Antwort darauf gegeben. Ich sagte, dass wir aus dem Wald kämen und weiter nach Trosk reisen wollen. Die Wachen konnten daraus nur schließen, dass wir theranische Spione seien. Denn was ich nicht wusste war, dass Lüderitz seit kurzem unter theranischer Belagerung steht. Als sie mich erkannten und noch ein Offizier dazu geholt wurde, wurde mir bewusst, was ich gesagt habe. Gerade als sie mich gefangen nehmen wollten, hörten wir eine Stimme von hinten. Diese wies die Wache eindringlich darauf hin, dass man auf so eine Weise doch keine Dame behandeln würde. Es waren der Elf Tarula und die anderen beiden.

Als die Wachen den gigantischen Troll erblickten, liefen einige schon aus purer Angst weg. So gelang es uns zusammen mit der anderen Gruppe zu entkommen. Wir ritten in einer Geschwindigkeit, dass ich es kaum ertragen konnte. Sogar die Nacht ritten wir durch und den ganzen Tag. Nur zum Essen machten wir Rast. Ich war so erleichtert, als wir hier ankamen und ein Gasthaus fanden. Ich habe mir als erstes das komfortabelste Zimmer des Hauses geben lassen und dann nach einem Bad verlangt.

29. Myloar

Wir sind immer noch auf der Flucht und können erst wieder im normalen Tempo weiter reiten, wenn wir aus der theranischen Belagerungszone heraus sind. Dann sind wir sicher. Zumindest vorerst. Aufgrund dessen kann ich heute auch nicht viel Neues berichten. Ich kann nur berichten, dass es einfach fürchterlich ist, auf der Flucht zu sein. Es verursacht schon Schmerzen zu Sitzen, nach der ganzen Reiterei. Wie lange habe ich heute deswegen schon gejammert und mich beschwert.

Ich glaube, dass Tarula ein gewisses Interesse für mich besitzt, da er sich mit Gesten und Komplimenten nicht zurückhält. Da ich ihn ebenfalls sehr sympathisch finde, ließ ich sein Verhalten vorerst zu, auch wenn ich weiß, dass mir als Theranerin Beziehungen dieser Art verboten sind. Ich werde mich deshalb besser beherrschen müssen, denn das Wichtigste ist es, auf die schnellste Weise nach Trosk zu gelangen.

Ich befinde mich zur Zeit in einem Gasthaus namens „Greifenwarte“. Es ist zwar nicht das Vornehmste, aber besser als der Wald, Orkhütten oder die Straße.

30. Myloar

Unsere Flucht nimmt einfach kein Ende! Heute übernachten wir in der „Donnerklause".

Tarula, sagte uns, dass wir morgen in Stavanger ankommen würden. Dort könnten wir eine Wegabzweigung durch die Berge nehmen und wären dann erstmal in Sicherheit. Ich kann es kaum noch erwarten, denn unsere Reisegeschwindigkeit verzehrt so langsam meine letzten Kräfte. Wie halten das die anderen nur durch? Bin ich vielleicht wirklich nur eine verwöhntes und verhätscheltes Mädchen, das im richtigen Leben nie zurecht kommen wird? Nein! Ich werde jetzt allen zeigen, dass ich das schaffe. Es ist ja auch nur noch ein Tag.

Während unserer weiteren Reise kamen von Tarulas Seite immer mehr Annäherungsversuche. Ich fühle mich zwar geschmeichelt, weiß aber nicht, wie ich darauf reagieren soll. Anscheinend besitzt er wirklich ein aufrichtiges Interesse an mir und ich muss gestehen, dass ich ihm auch nicht abgeneigt bin. Er ist ein charmanter und kultivierter Mann und weiß, wie man einer Frau den Hof macht, aber ich weiß, dass ich mich an unsere theranischen Sitten halten muss.

Letzte Nacht geschah außerdem etwas Unglaubliches! Nachdem ich viele Stunden Alpträume hatte, sah ich plötzlich meine Mutter in meinem Traum. Sie stand vor mir, als wäre sie noch am Leben und sprach zu mir. Sie tröstete mich und machte mir Mut für meine weitere Reise und schwor, dass sie immer über mich wachen werde. Diese Begegnung gab mir sehr viel Kraft und danach schlief ich noch einige Stunden ohne schlechte Träume zu haben.

Galoar (348 i.J.P.)

1. Galoar

Heute Nachmittag sind wir in Stavanger angekommen. Welch herrliches Gefühl sich in mir ausbreitete, als ich endlich wieder den Boden einer größeren Stadt betrat. Ich fühlte mich richtig berauscht und mein erster Weg führte mich natürlich auf den Markt, um Ausschau nach geeigneter Reisekleidung zu halten. Doch die Auswahl war nur von minderer Qualität. So kam es, dass ich meine weitere Zeit mit Tarula verbrachte. Wir gingen ein wenig in den Straßen spazieren und ich erntete von den Einheimischen viele abwertende aber auch neugierige Blicke und spürte, dass ich als Theranerin hier unerwünscht bin. Da wir zu zweit eine schöne Zeit verbrachten, störte mich dies jedoch nicht wirklich.

Als es auf den Abend zuging, suchten wir alle ein Gasthaus auf, welches Tarula uns empfohlen hatte. Er sagte auch, dass sich unsere Wege morgen trennen würden, da er und seine Gefährten in eine andere Richtung als wir weiter reisen müssten. Zur Verabschiedung lud er mich zu einem guten Wein ein, den er mit mir alleine auf seinem Zimmer trinken wollte. Natürlich bekamen auch Sheerana, Golgari und die anderen diese Einladung mit, doch ihr breites Grinsen und ihre Witzchen störten mich nicht weiter. Auch wenn ich weiß, dass es falsch war, nahm ich die Einladung an und verbrachte schließlich eine gemeinsame Nacht mit Tarula. Meine Familie hätte mich deswegen bestimmt ins Exil geschickt, aber da ich nun nicht mehr viel zu verlieren habe und vielleicht nie wieder nach Thera zurückkehren werde, vergaß ich meine Erziehung für einige Stunden.

3. Galoar

Wir sitzen hier in einem kleinem Dorf namens Pirkau, das mit seiner Monotonie schon nah an Oppeln herankommt. Leider müssen wir hier noch bis übermorgen verweilen, da Sheerana einen Auftrag an den Schmied erteilt hat.

Nach der Nacht in Stavanger wachte ich wirklich mit einer ungewöhnlich guten Laune auf. Ich stand als erstes auf und ließ Tarula noch schlafen. Plötzlich hörte ich seltsamerweise etwas am Fenster knacken. Da wir uns im zweiten Stockwerk befanden, konnte es nur ein verirrter Vogel oder die viel zu neugierige Sheerana sein. Als ich das Fenster öffnete, wurde mein Verdacht bestätigt. Herein flog ein von Neugier zerfressener Windling und fragte gleich, wie ich denn so geschlafen hätte. Des Anstands wegen schwieg ich selbstverständlich und warf sie aus unserem Zimmer. Aber nicht, ohne ihr vorher eine Rede über Anstand zu halten. Durch dieses morgendliche Ereignis wurde auch Tarula wach und wir gingen zum Frühstück hinunter, wo wir uns mit den anderen trafen. Den Vormittag verbrachten wir noch in der Stadt, bevor wir eine Wegabzweigung in die Berge nahmen. Endlich konnten wir im gemütlichen Tempo weiterreisen. Mittags machten wir in einem kleinen Örtchen Rast, welches Lützen heißt. Nachdem wir zu Mittag gegessen hatten, kam ich auf die Idee, dass ich für den weiteren Weg noch ein Zelt kaufen müsste, da ich mir geschworen hatte, bis auf weiteres nicht wieder so schnell unter freiem Himmel zu schlafen.

Ich fand schließlich einen Laden, welcher Dinge führt, die Abenteurer und Reisende benötigen. Zuerst ging ich mit Golgari und Sheerana hinein. Der Verkäufer verlangte 30 Silberstücke, was mir für so ein gängiges Zelt viel zu überteuert vorkam. Doch er ließ nicht mit sich handeln, oder vielleicht konnte ich es nur nicht, da ich bis jetzt immer alle Preise zahlen konnte.

Enttäuscht kam ich aus dem Laden und setzte mich schmollend davor, bis Tarula mich an die Hand nahm und mich erneut mit in das Geschäft zog. Dank seiner unglaublichen Überredungskunst gelang es ihm das Zelt für nur 5 Silberstücke zu ersteigern. Der Händler war darüber anscheinend genauso überrascht wie ich. Als wir den Laden verlassen hatten und schon auf unseren Pferden saßen, kam der Händler jedoch plötzlich aus seinem Laden heraus, zeigte auf uns und schrie uns "Diebe!" hinterher. Tarula empfahl schnell loszureiten und wir flohen vor dem verärgerten Mann. Wir ritten weiter und kamen schließlich zu einer Gabelung, wo sich unsere Wege trennten. Der Abschied war kurz, aber schon ein wenig traurig. Tarula erwähnte, dass er aus Trosk stammt und dort oft in einer bestimmten Gaststätte („Zum Lachenden Gaukler“) zu finden sei. Er lud uns ein, dass wir uns dort wiedersehen könnten.

Wir verabschiedeten uns und gingen schließlich unseren eigenen Weg weiter. Da Golgari und Sheerana mitbekamen, dass ich etwas betrübt war, blieben mir die Witze über „meinen Elfen“ zum Glück erspart.

Wir schlugen unser Nachtlager in den Bergen auf. Als wir uns zum Schlafen legen wollten, bekam ich noch mit, wie die zwei anderen draußen irgend etwas genauer ansehen wollten. Sie blieben lange weg und ich wollte nach ihnen sehen, doch als ich mein neues Zelt verließ, wurde ich von einer riesigen Espagra angegriffen. Sie stürzte sich auf mich und ich schrie nach Golgari. Er kam jedoch so spät, dass ich mir schon selbst geholfen hatte. Ein kleiner Brand an ihrem Unterleib brachte sie schnell dazu, sich in die Lüfte zu erheben. Doch es wurden noch mehr Espagras, bis endlich Golgari und Sheerana zurückkehrten. Es gelang uns, eine von ihnen zu töten und den Rest zu verscheuchen. Da Espagras wunderschöne Schuppen besitzen, entfernten wir ein paar von dem Kadaver, bevor wir ihn in eine Schlucht warfen. Am nächsten Morgen kamen wir in Pirkau an. Sheerana hatte sich in den Kopf gesetzt, dass sie unbedingt aus den Espagraschuppen eine kleine Rüstung gefertigt haben wollte. Also beauftragte sie die Frau des Schmieds, ihr etwas Anständiges daraus zu zaubern. Sie sagte bloß, dass sie dafür bis übermorgen brauchen würde. Also sitzen wir hier fest. Ich nutze die Zeit um mein eigenes Kleid zu flicken, welches bei dem Kampf mit den Espagras beschädigt wurde.

6. Galoar

Zur Zeit nimmt unsere Reise eine gewisse Alltäglichkeit an. Es ist nichts geschehen, was eigentlich erwähnenswert wäre. Den ganzen Tag sind wir durch die Berge geritten, bis wir uns in diesem Dorf ein Zimmer für die Nacht mieteten. Sheeranas Schuppenrüstung wurde pünktlich gestern morgen fertig gestellt und endlich konnten wir Pirkau verlassen. Ich glaube sie ist recht zufrieden mit der Arbeit, obwohl ihre kleine Rüstung auf mich unfreiwillig eher etwas niedlich wirkt.

Ich legte mich früh schlafen und träumte wieder von meiner Mutter. Golgari hatte sich unterdessen schon mit ein paar vom Bier berauschten Gesellen angefreundet. Er verbrachte seine Zeit deshalb in der Kneipe unseres Gasthauses, während Sheerana auf einer nahe gelegenen Obstplantage versuchte, ein paar Äpfel zu erbeuten.

Der nächste Abschnitt unserer Reise wird uns durch eine Wüste führen. Man sagte uns, dass man zwei Tagesreisen benötigt, um sie zu durchqueren. Hoffentlich wird das nicht so grauenhaft, wie ich es mir gerade vorstelle. Jetzt werden wir noch Wegproviant einkaufen gehen.

7. Galoar

Wir haben schon ein ganzes Stück der Wüste durchritten. Ich kann mich jetzt so glücklich schätzen, dass ich mein Zelt habe. Bei diesem umherfliegenden Sand überall könnte ich mir nicht vorstellen, draußen zu übernachten. Ich habe Golgari sogar angeboten, dass er mit bei mir im Zelt schlafen könnte. Zum Glück lehnte er jedoch höflich ab. Ich war erstaunt, dass ein Ork soviel Anstand besitzen konnte und somit schlief er draußen.

Wie man uns vor unserer Abreise in Peißen gesagt hatte, werden wir spätestens übermorgen in einer Stadt namens Antofagasta ankommen. Dort würde die Wüste auch endlich ihr Ende nehmen.

9. Galoar

Die Wüste liegt endlich hinter uns und wir haben Antofagasta erreicht. Es ist eine größere, gut befestigte Stadt, die sich als Handelszentrum herausstellte. Wir stürzten uns zu dritt in das Getümmel des Marktes und sahen uns in einigen Läden um. Sheerana bestand darauf, in eine Tierhandlung zu gehen und wir begleiteten sie. In diesem Laden saß ein Papagei, in den sie sich sofort vernarrte. Er war alt und sah aus, als ob er wohl nie im Leben wieder dazu fähig wäre zu fliegen. Trotzdem war Sheerana nicht mehr davon abzubringen, den alten, nutzlosen Vogel kaufen zu wollen. Nachdem sie uns ohne Erfolg nach etwas Geld angebettelt hatte, flog sie schnurstracks in das nächste Gasthaus und fragte den Wirt, ob er nicht eine Arbeit für sie hätte, da sie Geld benötigen würde. Der Wirt überlegte eine Zeit lang und bot ihr an, in der Kneipe einen Abend lang zu kellnern, wenn sie zusätzlich eine Tanznummer mit einbaut. Das wollten Golgari und ich uns auf keinen Fall entgehen lassen und wir erschienen pünktlich abends zu ihrem Auftritt. Leider muss ich sagen, dass dieser so daneben ging, dass die Zuschauer ihr schließlich das Geld aus Mitleid hinwarfen. Vielleicht war sie einfach zu aufgeregt gewesen, da der Tanz schließlich immer miserabler wurde. Golgari und ich applaudierten trotzdem, um die lachende Menge zu übertönen und dass Sheerana so wenigstens noch ein bisschen Jubel erhielt. Letztendlich bekam sie dann doch noch die Summe, die der Papagei kosten sollte, zusammen. Also wird es uns nicht erspart bleiben, dass uns ab morgen ein überflüssiger Vogel begleitet. Heute Nachmittag war ich noch in einem Laden, der Stoffe anbietet. Es war der erste, den ich seit langem wieder sah, wo auch edlere Stoffe geführt wurden. Ich ging sofort hinein, doch erschrak über die fürchterlich hohen Preise. Nie hätte ich gedacht, dass ein bisschen Stoff so teuer seien kann, da alle Kleider, die ich zuvor besaß, nur kleine Aufmerksamkeiten von meinem Vater waren. Ich kaufte mir einen etwas preisgünstigeren Stoff, da ich dringend ein neues Kleid benötige. Ich werde gleich, bevor ich schlafen gehe, noch mit dem Nähen beginnen.

13. Galoar

Nachdem wir drei Tage durch die Steppe geritten sind, erreichten wir endlich ein Dorf, dessen Name Tandil ist. Hier finde ich auch endlich wieder Zeit zum Schreiben. Die letzten Tage waren wirklich hart. Ich wünschte, dass ich wenigstens mit einer Kutsche reisen könnte, aber so langsam gewöhne ich mich an alles. Unterwegs ist uns zum Glück nichts Besonderes zugestoßen. Einmal kamen wir an einem verlassenen Orklager vorbei. Sheerana fand dort ein Amulett, welches sie mitnahm. Das war wahrscheinlich auch schon das Interessanteste, was uns zustieß. Heute Nachmittag erreichten wir Tandil und mieteten uns zuerst in einem Gasthaus ein. Das Wappen der Stadt erinnerte mich an irgend etwas, aber ich wusste zuerst nicht an was. Wenn mich meine Erinnerung nicht trübt, dann war es dasselbe Symbol wie auf dem Waffenrock des Greisen, den wir von den Theranern befreit hatten. Da den alten Mann jedoch schon der Tod geholt hatte, dachte ich über diesen Zusammenhang nicht weiter nach. Erst als wir in der Gaststätte unser Abendmahl einnahmen und zufällig die Gespräche der Dorfbewohner mitbekamen, kam ich auf meinen Gedankengang zurück. Sie redeten über einen gewissen Freimar von Posadis, der hier einmal der Landvogt gewesen sei, bevor er spurlos verschwand. Es existierten sogar Gerüchte, dass die Theraner ihn verschleppt hätten. Bei mir tat sich der Verdacht auf, dass es sich bei unserem Greis vielleicht um den Verschwundenen handeln könnte. Da er aber als jung und gutaussehend beschrieben wurde, fing ich an, an meiner Theorie zu zweifeln. Die ganze Sache begann mich erst wieder zu interessieren, als ich von der Belohnung für den Landvogt hörte. Ein bisschen Gold ist schließlich genau das, was ich im Moment bitter benötige.

Wir werden morgen weiterreisen und vielleicht finden wir noch etwas über diesen Freimar von Posadis heraus.

14. Galoar

Wir befinden uns in einem Dorf, das Coxim genannt wird. Wir kamen gegen Nachmittag noch an einem anderen kleinen Ort namens Goya vorbei.

Je öfter wir uns hier mit den Einheimischen unterhalten, desto offensichtlicher wird es, dass bereits die ganze Region nach dem Landvogt sucht. Immer wieder denke ich auch noch über den Zusammenhang nach, der zwischen dem Greis aus den Ruinen und diesem Freimar von Posadis besteht. Ich habe gehört, dass es selbst für Hinweise über das Verschwinden des Landvogtes schon eine Belohnung gibt, doch ich habe keinen Beweis um das, was ich erzählen könnte, zu belegen. Ich weiß nicht einmal wer dieser Greis überhaupt war. Wir werden unseren Weg deshalb normal fortsetzen. In ein paar Tagen werden wir Askalon erreichen, welches eine größere Stadt ist.

Langsam fange ich immer mehr an, mich an meine neue Lebensart zu gewöhnen. Ich fühle mich schon längst nicht mehr so fremd hier draußen, so wie es am Anfang der Fall war. Ich könnte fast schon behaupten, dass mir dies Umherziehen gefällt. Aber nur fast! In meinem ganzen Leben habe ich noch nie soviel wie in den letzten Wochen erlebt. Ich war zwar oft auf Reisen mit, wenn mein Vater geschäftlich unterwegs war, habe jedoch dabei nie viel von dem Land und seiner Umgebung erleben können. Auch zu der Bevölkerung von Barsaive hatte ich nur im seltensten Fall Kontakt.

16. Galoar

Heute Abend sind wir in Askalon angekommen. Es war schon so spät, dass wir uns hier bis jetzt nur ein Zimmer gemietet haben. Askalon ist eine größere Stadt, dessen eine Hälfte aus Ruinen besteht. Diese scheinen sehr alt zu sein und man kann auch erkennen, dass die gesamte heutige Stadt aus Trümmern aufgebaut ist. Deswegen bietet sie auch nicht gerade den schönsten Anblick. Auf unserem Weg hierhin haben wir nichts Neues mehr über diesen Freimar von Posadis erfahren und so ist er schon fast aus unserem Gedächtnis getreten. Der Gedanke, dass wir nicht mehr ganz so weit von Trosk entfernt sind, beschäftigt mich im Moment sowieso mehr. Was wird mich dort wohl erwarten und wie soll es von da an weiter gehen? Ich habe mich schon so an meine Begleiter gewöhnt, dass es mir schwerfallen würde nach Thera zu gehen. Andererseits weiß ich, dass die Pflichten gegenüber meinem Volk wichtiger sind alles andere.

18. Galoar

Ich bin reich! Ich kann es noch gar nicht glauben!

Ich befinde mich gerade wohl in dem teuersten Gastzimmer in Askalon und bin noch ganz von dem Weißwasser berauscht, welches wir uns eben in Massen servieren ließen. Ich weiß auch nicht, ob ich heute deswegen noch viel schreiben werde, da ich mich irgendwie die ganze Zeit drehe und Probleme habe meinen Kopf oben zu halten... Ich schreibe besser morgen weiter...

19. Galoar

Als wir vorgestern morgen durch die Stadt gingen, fiel Sheerana eine seltsame Sache auf. Sie berichtete, dass die ganze Stadt von magischen Fäden umsponnen sei, die sie dank ihrer Astralsicht sehen kann. Sie würden wie ein Netz über ihr liegen, das von der Mitte der alten Ruinen ausgespannt worden wäre. Das Netz liege wie eine Kuppel über der gesamten Stadt und einzelne Fäden würden blitzartig nach unten zucken. Wir wollten nachsehen wohin diese magischen Fäden gingen und fanden heraus, dass sie immer zu einzelnen Personen führten, die sich gerade heftig stritten. Außerdem stellten wir fest, dass diese Fäden überall waren und es nur ein Gebäude gab, was von ihnen verschont blieb. Das war die Festung des ansässigen Regenten. Wir sahen uns bei dem Gebäude um, aber Sheerana konnte nichts Besonderes entdecken. Deshalb suchten wir nach jemand Ortskundigen. Da gerade niemand anderes da war fragten wir die Wachen vor der Festung. Sie nannten uns den Namen eines alten Mannes, nach welchem wir in einer bestimmten Gaststätte suchen sollten. Als wir sie gefunden hatten bestellten wir uns im Gastraum ein Mahl. Dabei kamen wir mit einem jungen Barden namens Tito ins Gespräch. Wir fragten ihn nach den alten Mann, von dem die Wache erzählt hatte. Plötzlich kamen Tito fast die Tränen in die Augen und er sagte, dass es sich bei diesem Mann um seinen toten Vater handeln würde. Nachdem er sich dann wieder gefangen hatte versuchte er uns alles über die Stadt zu erzählen. Er erzählte uns, dass Askalon vor langer, langer Zeit einmal fast zerstört worden wäre und die Stadt deshalb einen Pakt mit einem Dämon, den man den Demiurgen nennt, eingegangen sei. Dies wären allerdings nur alte Mythen, die heute kaum noch einer kennt.

Diese Legende erweckte gleich mein Interesse, da ich Geschichten über Dämonen schon immer beängstigend aber auch faszinierend fand. Außerdem spürte ich selbst, dass in dieser Stadt ein merkwürdiger magischer Einfluss herrschte. Die gesamte Atmosphäre strahlte Aggression und Streitlust aus, ohne dass offensichtliche Ursachen dafür zu finden wären.

Wir unterhielten uns bis mittags mit Tito und kamen sogar auf die Geschichte mit Freimar von Posadis zu sprechen. Wir erzählten ihm von dem Greis aus dem theranischen Lager. Er hörte aufgeregt zu und meinte, dass wir diese Information sofort Lord Fenhiel auf der Festung überbringen sollten. Wie sich herausstellte, war Tito wohl bei ihm beschäftigt und konnte uns so direkt zum Lord führen, wo wir berichteten, was wir entdeckt hatten. Leider hatten wir den Waffenrock des verstorbenen Greises nicht mitgenommen und so konnte Lord Venhiel nur vermuten, ob es sich um den Gesuchten handeln könnte. Er erzählte uns von einer Foltermethode der Theraner, die das Opfer vorzeitig altern lässt, aber das wären alles Spekulationen. Er war uns sehr dankbar und es tat ihm leid uns mitteilen zu müssen, dass die Stadt zur Zeit das Geld für flüchtige Hinweise nicht hätte. Durch die Geschichte von dem Greis und der Ruine kamen wir auch auf den Zwerg zu sprechen, nämlich Schachtbohrach Tünnel. Golgari hatte von ihm als Dank für seine Rettung einen großen Aquamarin geschenkt bekommen. Es stellte sich schließlich heraus, dass dieser Zwerg den Stein aus der Krone von Askalon gestohlen hatte, sowie alle anderen Steine die sich einmal dort befunden hatten. Mit dem letzten Geld kaufte der Lord Golgari den Stein ab.

Bevor wir gingen, erkundigten wir uns noch einmal nach dem Dämon und wie die Stadt es ertragen könnte, unter solchen Bedingungen zu leben. Lord Fenhiel gab plötzlich die Existenz des Dämons zu und erwiderte daraufhin leicht gleichgültig, dass die Stadt inzwischen gut mit den kleinen Streitereien leben könnte und dass der Demiurge noch nie jemanden getötet habe. Er lebe schon seit Ewigkeiten in den Katakomben der alten Ruinen und man hofft darauf, dass, falls Thera sie irgendwann angreifen sollte, der Dämon sie vielleicht beschütze. Wir verabschiedeten uns dann von Lord Fenhiel und unterhielten uns draußen über das, was uns gerade erzählt wurde. Ich fand, dass wir uns nicht in die Angelegenheiten dieser Stadt einmischen sollen. Golgari war da ganz anderer Meinung und wollte der Dorfbevölkerung unbedingt helfen. Er wollte diesem fiesen Dämon am liebsten gleich den Garaus machen, denn seiner Meinung nach sind Dämonen immer falsch und hinterhältig und verdienen den Tod.

Da ich Golgari nicht allein gehen lassen wollte, stimmte ich zu, ihn zu begleiten. Sheerana weigerte sich jedoch, da sie große Angst vor dem Dämon hatte. Wir konnten sie auch nicht mehr überreden und schmollend zog sie sich auf einen Baum zurück. Golgari und ich machten uns also ohne ihre Hilfe auf den Weg zu den Ruinen, um nach einem Eingang in die Katakomben zu suchen. Nach einer Weile fanden wir eine Treppe, die durch eine altes Gebäude in die Unterwelt der Ruinen führte. Ich machte eine von Golgaris Fackeln an und schlich dicht hinter ihm die Treppe herunter. Wir waren noch nicht weit gegangen, als wir zwei Skelette auf dem Boden sahen. Sie lagen still da und hatten Schwerter in den Händen. Ich sagte zu Golgari, dass er vorsichtig sein sollte, doch er ging weiter und die Skelette standen plötzlich auf. Eines griff Golgari sofort an, doch gemeinsam konnten wir es überwältigen. Golgari besiegte noch zwei weitere Skelette und ich verstreute noch vorsichtshalber ihre Knochen in alle möglichen Richtungen, da sie versuchten sich wieder zusammen zu setzen.

Wir gingen weiter hinunter. Es kamen noch mehr Skelette und ich leuchtete Golgari mit der Fackel. Er schaffte es alle zu besiegen, doch dann zuckte plötzlich ein Blitz durch einen der Gänge. Er schlug ein und als an der Stelle plötzlich ein unbekanntes Wesen vor uns stand, wählten wir doch wieder den Weg nach draußen und flohen.

Wir suchten Sheerana und gingen ins Gasthaus. Sie konnte absolut nicht verstehen, warum wir uns in so furchtbare Gefahren begeben konnten. Doch Golgari und ich beschlossen, morgen erneut diesen Ort aufzusuchen, obwohl meine Angst so langsam meine Neugier dämpfte. Heute Nacht wachte ich jedoch plötzlich auf, da mir einfiel, dass ich über den „Demiurgen“ bereits in einem Buch in der Bibliothek meines Vaters gelesen habe. Dieser Traum war so real, als ob ich das Buch erneut in den Händen halten würde. Ich las: „Der wirkliche Name des Demiurgen ist Schamaschim-Kabrien. Er ist der Herrscher über unzählige Scharen von Skeletten und Verächter des Weißen. Er besitzt große Reichtümer und Schätze, unter anderem den Stab der Macht und den Stein der Weisen. Er ernährt sich von Zwietracht. Er hat auch seine Schwächen, deren größte wohl der Honigmet wäre. Für ein bisschen von diesem köstlichen Trank ist er zu so manchem Handel bereit, wobei er immer wörtlich Wort hält. Um auf der Erde überhaupt existieren zu können benötigt er einen Lederbeutel, den er um den Hals trägt. Dieser ist mit magischen Substanzen gefüllt.“ Ich erfuhr mehr als ich erwartet hatte. Besonders die Stelle mit den Reichtümern und Schätzen gefiel mir ganz besonders gut.

Golgari gegenüber erwähnte ich bloß, dass der Demiurge Zwietracht als Nahrung benötigt und eine Schwäche für Honigmet hat und dass ich jetzt weiß, wie man ihn bannen kann. Im Gegensatz zu mir dachte Golgari nämlich nur daran, den Dämon unschädlich zu machen und die Stadt zu befreien. Ich hingegen war darauf aus, dem Demiurgen ein Fass Honigmet für einen sehr, sehr guten Preis zu verkaufen. Wir besorgten also noch mit großer Mühe ein Fass Honigmet und stiegen die Katakomben wieder herab, ohne dass ich Golgari über meinen eigentlichen Plan informiert hatte. Als uns die ersten Skelette angreifen wollten, rief ich laut den wirklichen Namen des Demiurgen und sagte, dass ich ihn ein lohnendes Geschäft anzubieten habe. Plötzlich hielten die Skelette inne und ein buckliges, hässliches Wesen erschien aus einem der Gänge. Es forderte uns auf ihm zu folgen, denn es sollte uns zu seinem Meister führen. Wir mussten unsere Fackeln löschen und mit einigen Skelettwachen rechts und links von uns wurden wir bis zu dem Dämon geführt. Ich war furchtbar aufgeregt, da ich bis jetzt noch nie einem dieser Wesen gegenübergestanden hatte. Wir gelangten schließlich an einen Raum der mit Fackellicht ausgeleuchtet war. In ihm befand sich ein großer Thron auf dem er saß - der Demiurge. Höflich begrüßte ich ihn und bat ihn, uns anzuhören. Er sah nicht im geringsten aus, wie man sich einen Dämon vorstellt, denn er hatte die Gestalt eines jungen, nicht gerade hässlichen Mannes angenommen und begrüßte mich für einen Dämonen auch ziemlich galant. Jedoch wirkte er fast durchsichtig und trug Kleidung, wie man sie von den Völkern der Händler kennt. Ich bot ihm an, dass ich ihm, für eine gewisse Summe Gold, ein Fass vom wohlschmeckendsten Honigmet überlassen würde, welches er jemals getrunken habe. Dabei hielt ich den Korken des Fasses um zu zeigen, dass ich jede Sekunde die ganze Köstlichkeit auf den Boden verschütten könnte. Der Dämon leckte sich die Lippen und fragte mich nach dem Preis, als plötzlich Golgari ihm ins Wort fiel. Er schrie mich an, dass wir doch nicht wegen Gold hier unten seien und verlangte von dem Demiurgen, dass dieser zusätzlich noch die Dorfbewohner in Ruhe lassen sollte. Ich sagte Golgari, dass er still sein sollte und versuchte sein Gerede als Scherz hinzustellen, doch der dumme Ork fing an, sich mit mir zu streiten. Irgendwann wurde Golgari dem Dämon einfach zu unverschämt und dieser demonstrierte uns seine Macht. Er stellte sich vor Golgari und wuchs zu einer abscheulichen, riesigen Kreatur heran, die den dadurch winzig wirkenden Ork bedrohte. Dadurch wurde Golgari zum Glück wieder etwas diplomatischer. Trotzdem legte er sich wegen des Goldes wieder mit mir an und wollte mir das Ganze ausreden. Ich versuchte jedoch weiter mit dem Dämon zu verhandeln, der von unserer Auseinandersetzung wohl sehr erregt war, zumal er sich ja von Zwietracht ernährt. Unser Streit versetzte ihn fast in einen Rausch und er bot uns 500 Goldstücke und sicheres Geleit nach draußen, wenn er dafür jetzt endlich den leckeren Met bekäme. Nachdem Golgari irgendwann Ruhe gab, bekam ich das Wort des Dämons, dass unser Abkommen gültig sei. Wir bekamen das Gold und der Bucklige führte uns wieder an das Tageslicht, wo ich ihm das Metfass überreichte.

Wir hatten es geschafft!

Ich hatte jedoch ein schlechtes Gewissen, da ich Golgari belogen hatte. Als ich das Gold dann aber mit ihm teilte, vergab er mir beim Anblick der strahlenden Münzen. Es war schon Abend als wir zum Gasthaus zurückkehrten und Golgari hatte inzwischen beste Laune. Wir trafen die immer noch beleidigte Sheerana und Tito den Barden. Beide waren im Gasthaus und warteten darauf zu hören, was wir erlebt haben. Als wir anfingen und uns keiner die Geschichte glauben wollte, sagten wir, dass sie wohl recht haben werden. Wir feierten uns noch bis in die Nacht und bestellten ein Weißwasser nach dem anderen. Natürlich wunderten sich die anderen über das ganze Gold, welches wir mitbrachten, aber wir gingen an diesen Abend nicht weiter darauf ein. Erst am nächsten Morgen erzählten wir Sheerana noch einmal was geschehen war. Diesmal glaubte sie uns auch.

20. Galoar

Seit gestern untersuchen wir die Ruinenstätte Galachon. Wir kamen gestern Abend hier an und da es zu spät zum weiterreisen war, schlugen wir unser Lager auf. Die Ruinen stammen aus der selben Zeit wie die aus Askalon.

Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich gleich weiterreisen, doch als Sheerana von ihrem Baum herunter flog, schrie sie panisch, dass ihr Papagei verschwunden sei. Wir durchsuchten die Ruinen nach dem lästigen Federtier und fanden ihn bei einem alten Turm, dessen Decke eingestürzt war. Am meisten verwunderte uns, dass der Papagei aufgeregt um den Turm „flog“. Nie hätten wir damit gerechnet, dass dieser uralte Vogel jemals wieder seine Schwingen in die Luft erheben könnte, doch jetzt schwebte er hoch über dem Turm, wobei er wiederholt etwas krähte. Wir wollten uns den Turm genauer ansehen und fingen an sein Inneres zu durchsuchen, doch außer Steinen, welche von der eingestürzten Decke stammten, war dort nicht viel zu sehen. Als Golgari einige Steine beiseite geräumt hatte, fiel uns auf, dass auf dem Boden etwas eingraviert war, das wie ein Muster aussah. Den ganzen Nachmittag trugen wir nun Stein um Stein nach draußen, um zu erfahren, was sich auf dem Boden befindet. Bei unserer Arbeit fanden wir auch zwei kleine Tonstatuen, die eine in der Form eines Mannes, die andere in der einer Frau. Gegen Nachmittag waren wir endlich fertig und hatten den Boden frei. Auf ihm befand sich etwas wie ein Kreis, der an seinem Rand acht gleichmäßig angeordnete Löcher besaß. Als wir die Löcher näher betrachteten fiel uns auf, dass sie den selben Durchmesser wie die kleinen Tonstatuen besaßen. Also versuchten wir die Statuen in die Löcher zu stecken, um zu sehen, was passiert. Plötzlich fing der Papagei wieder an zu reden und wiederholte ständig „sieben und drei“. Wir ordneten die Tonfiguren daraufhin so an, dass, wenn man von einem Loch ausgeht, die eine in das Dritte und die andere in das Siebte steckt. Auf einmal sank der Boden an der Stelle des Steinkreises nach unten und wir erhielten so Zugang zu einem tiefer gelegenen Raum. Unten hatte sich jemand wohnlich eingerichtet. Der Papagei stürzte als erstes nach unten und wir fanden ihn bei einem Skelett, welches mit dem Kopf auf einem Tisch gestützt da lag. Es scheint fast so, als ob er schon mal hier war, oder vielleicht einen früheren Besitzer wieder getroffen hat. In dem Mund des Skeletts entdeckte Golgari eine winzige Schriftrolle, die in der selben Schrift wie die Beschwörung Gamoris verfasst war. Glücklicherweise war es mir dadurch möglich, den Text sofort zu übersetzen. Auf ihr stand: „Das Grauen wird euch heimsuchen! Der da kommt heißt Furfur!“ Was sollte das bloß bedeuten? Das Gerippe gehörte wohl zu einem Mann, der hier nach dem Einsturz des Turmes elendig verhungert ist, da es ihm nicht mehr möglich war sein unterirdisches Versteck zu verlassen. Doch stellt sich immer noch die Frage, wer den Turm zum Einsturz gebracht haben könnte. Es war eindeutig zu sehen, dass der Einsturz noch nicht so lange her sein konnte. Wir beschlossen vorerst weiter zu reisen und uns in der nächsten Stadt über die Ruinen zu informieren. Doch das war nicht so einfach, da der Papagei sich stur dagegen sträubte uns zu begleiten. Anscheinend wollte er bei seinem alten Herrchen bleiben, womit Sheerana überhaupt nicht einverstanden war. Schließlich nahm Golgari den Schädel des Skelettes mit, so das uns der Papagei dann doch noch begleitete.

Es war bereits schon wieder Abend geworden und wir beschlossen die Nacht noch bei den Ruinen zu verbringen, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Und hier sitze ich nun in meinen Zelt und nutze das letzte Abendlicht zum schreiben. Ich hoffe, dass wir morgen mehr über diesen Ort in Erfahrung bringen können, doch jetzt werde ich mich zur Ruhe begeben.

21. Galoar

Wir haben so gut wie nichts mehr über die Ruinen herausgefunden. Seit heute Mittag sind wir in einen nah entfernten Dorf namens Arad, wo man uns sagte, dass die alten Ruinen schon lange verlassen sind. Ich wollte deshalb keine Zeit mehr mit ihnen verschwenden, weil wir unserem Ziel schon immer näher kommen.

Um unseren Weg nach Trosk fortzusetzen, müssen wir als nächstes einen großen Fluss überqueren. Man sagte uns, dass wir im Hafen dieses Ortes ein Schiff finden könnten, welches uns an das andere Ufer bringt. Morgen sollte die nächste Fähre ablegen. Es ergab sich jedoch ein großes Problem: Sheeranas Wasserscheuheit! Den ganzen Nachmittag überredeten wir sie dazu, mit uns gemeinsam die Überfahrt zu machen, doch der Windling wehrte sich mich seinem ganzen Dickkopf. Schließlich sah sie dann doch ein, dass wir keine andere Möglichkeit haben und alleine zurückbleiben wollte sie auch nicht.

Sheerana mag ja wirklich ein liebenswertes Wesen sein, aber ihr Starrsinn kostet uns doch manchmal fast den letzten Nerv. Man kann kaum glauben, wie so ein winzig kleines Wesen es immer wieder schaffen kann, einen so gigantischen Wirbel zu veranstalten.

Ich habe mich heute Nacht selbstverständlich in dem besten Zimmer der Stadt eingemietet, da mir meine finanzielle Situation es jetzt ja wieder gestattet. Hier fühle ich mich endlich ein bisschen wieder wie Zuhause. Golgari hingegen hat mal wieder der Geiz gepackt und er nahm sich wohl das billigste und schäbigste Zimmer der Stadt, wobei wir im Moment nun wirklich nicht zu Sparen brauchen. Es ist noch nicht einmal ein Zimmer, sondern ein Schlafsaal, den er sich mit ganz üblen Gesellen teilen muss. Aber vielleicht braucht ein Ork manchmal auch einfach nur eine etwas „rauere" Umgebung um sich wohlzufühlen.

22. Galoar

Nachdem wir in Arad ein Schiff gefunden hatten, welches uns mit zur anderen Seite des Flusses nahm, kamen wir in der Nähe eines Dorfes an Land, welches Gaza genannt wird. Dort informierten wir uns nach dem weiteren Verlauf unseres Reiseweges und erfuhren, dass dieser uns als nächstes schon wieder durch ein Wüstenstück führen wird. Es war gut, dass wir dies diesmal vorher wussten, denn so nahmen wir uns noch Zeit, um etwas Wegproviant und Ausrüstung zu besorgen.

Wir ritten ziemlich schnell und erreichten gegen Abend eine kleine Oase, die wohl als Lagerstätte für viele vorbeiziehende Karawanen dient. Es gab wenige, kleine Häuser und sonst waren überall Zelte aufgestellt. Noch bevor wir unser eigenes Lager aufschlagen konnten, wurden wir von einigen Händlern in ihr Zelt eingeladen. Sie boten uns Essen an und wollten gleich wissen, wer wir sind und wo wir herkämen. Wir unterhielten uns eine Weile mit ihnen und erzählten einige Geschichten von unserem Weg, bis wir schließlich müde wurden. So ein Ritt durch die Wüste verzehrt nämlich ganz schön viel Kraft. Die Händler sagten uns noch, dass wir, wenn wir in dem selbem Tempo weiterreisen wurden, morgen Abend noch einen Fluss erreichen könnten.

24. Galoar

Als wir die Wüste hinter uns gelassen hatten, kamen wir an einem kleinem Dorf an, was fast ausschließlich aus Plantagen bestand. Da wir müde waren gingen wir in die einzige Schenke und baten um ein Zimmer. Die Wirtsleute schienen ziemlich überrascht, weil sie sonst nie Gäste über Nacht hätten, trotzdem wollten sie uns gerne ein Zimmer bereiten. Es gab nur einen Haken, denn ich müsste mir das Zimmer mit dem Ork teilen. Inzwischen machte mir jedoch selbst das nicht mehr soviel aus, da ich wusste, dass Golgari ein wirklich anständiger Mann ist und heute Nacht bestimmt auf keine falschen Gedanken kommt. Bevor wir hinein konnten holte der Wirt noch eilig einige Sachen aus dem Zimmer, die wie persönliche Dinge aussahen. Mir wurde bewusst, dass sie uns ihr eigenes Schlafzimmer zur Verfügung stellten. Dafür erhielten sie am nächsten Tag auch ein Goldstück als Trinkgeld von uns.

Als wir morgens dann beim Frühstück saßen, betrat plötzlich ein junger, edel gekleideter Mann das Gasthaus. Er war von eher kräftiger Statur, die durch seine Leibesfülle noch unterstrichen wurde. Durch seine Kleidung vermutete ich gleich, dass er mit Sicherheit einer der vermögenderen Plantagenbesitzer dieser Gegend sein musste. Er kam zu unserem Tisch und stellte sich als Hoss vor. Ich merkte gleich, dass er anfing, mir eindeutige Blicke zuzuwerfen, doch ich blockte sie ab und blieb auf Distanz. Hoss erzählte uns, dass er der Sohn des größten Plantagenbesitzers dieser Gegend ist und er sich freuen würde, wenn er uns zu sich einladen könnte, da hier so selten Fremde vorbei kommen würden. Es wäre ja so entsetzlich langweilig in dieser Gegend und er hätte so gerne einmal wieder Gäste bei sich im Haus. Da sich dies Angebot ganz verlockend anhörte, nahmen wir sein Angebot dankend an. Mit einer Kutsche fuhren wir hinauf zu seiner Plantage, wobei Hoss gleich eine kleinere Besichtigungstour einbaute. Als wir seinen großen Herrensitz erreichten, wurde für uns als erstes ein großes Festmahl aufgetischt, was wirklich die köstlichsten Speisen aufbot. Während unseres ganzen Aufenthaltes war Hoss ständig dabei, um meine Gunst zu werben, was ich eher lästig als angenehm empfand. Doch nach einiger Zeit schien er zu verstehen, dass ich kein Interesse an ihm habe und entschuldigte sich für sein Verhalten. Nach dem Essen bot Hoss uns an, dass wir auch die Nacht bei ihm verbringen könnten, da er sich über unsere weitere Gesellschaft sehr freuen würde. Wir nahmen die Einladung an, da wir froh waren uns eine Zeitlang von unserer Reise erholen zu können und sich Hoss, trotz seiner etwas aufdringlichen Art, doch als ein sehr freundlicher Mensch herausstellte.

Als wir heute nachmittag nochmals durch die Plantagen streiften, wurde ich von einer alten Bettlerin angesprochen, die mich um etwas Geld bat. Ich weiß nicht warum, aber sie wirkte so sympathisch auf mich, das ich ihr ein ganzes Goldstück schenkte. Als ich es ihr überreichte sagte sie, dass ich sie heute Nacht bei einem Brunnen auf dem Anwesen treffen sollte. Ich werde mich jetzt zu dem besagten Ort begeben und herausfinden, was sie von mir will.

25. Galoar

Gerade eben bin ich durch die ersten Sonnenstrahlen, die in mein Zimmer schienen, geweckt worden. Im ersten Moment dachte ich, ich wäre in meinem alten Zuhause, da das Bett hier fast so weich wie mein eigenes ist. Als ich dann aber meine Augen öffnete fiel mir wieder ein, dass ich auf der Plantage von Hoss bin.

Wie vereinbart ging ich heute Nacht zum Brunnen und wartete eine Weile bis die alte Frau erschien. Sie stellte sich als Ibix vor und sagte, dass sie eine alte Freundin meiner Mutter wäre und früher bei uns in Kronstadt gearbeitet habe. Da ich ihr so ähnlich sehen würde, habe sie mich sofort erkannt. Wir redeten noch eine Weile über den Tod meiner Mutter, worüber Ibix sehr betrübt war und sie drückte mir ein Amulett mit einem einfachen Stein in die Hand. Dieses solle mich beschützen. Dann verschwand sie.

Draußen beginnt es nun zu dämmern und wir werden noch zwei Tage hier bei Hoss bleiben.

Den heutigen Tag verbrachten wir mit Faulenzen und einem neuartigen Ballspiel, das Hoss uns erklärte. Sheerana war nun das neue Ziel von seinen amourösen Leidenschaften und sie wurde weiterhin von ihm umworben und schaffte es nicht, ihn loszuwerden. Als er dann noch von ihrer Vorliebe für Erdbeeren hörte, tischte er uns zum Abendmahl eine gesamte Tafel voll von Speisen auf, die alle aus Erdbeeren hergestellt worden waren.

26. Galoar

Wir erholen uns hier alle noch ausgiebig auf der wunderschönen Plantage von Hoss. Ich könnte mich schnell wieder an so ein Leben gewöhnen, deswegen sollten wir morgen besser aufbrechen, bevor ich hier bleiben will.

Ich verbrachte den Tag in den Plantagen und probierte bei Hoss im Rauchzimmer zum ersten Mal ein altbewährtes Kraut aus Barsaive aus. Alle wurden sehr lustig, als wir es rauchten und es war eine sehr faszinierende Erfahrung.

Die Mahlzeiten bestanden immer noch überwiegend aus Erdbeerspeisen, obwohl man inzwischen für Golgari einen separaten Tisch mit Fleisch dazu stellen ließ. Hoss wich Sheerana nun gar keinen Moment mehr von der Seite und das letzte was ich von ihnen gesehen habe war, wie sie zusammen mit einer Flasche Erdbeerweißwasswer in der Plantage verschwanden. Ich möchte mir nicht einmal vorstellen müssen, was die zwei dort gerade tun könnten...

27. Galoar

Heute ist etwas so Furchtbares passiert! Sheerana ist tot!

Wir wissen es zwar nicht ganz genau, aber alle Anzeichen sprechen dafür.

Alles fing an mit einem harmlosen Streit, der irgendwie furchtbar eskalierte.

Als wir heute morgen von Hoss aus weitergereist sind, lag schon aus irgendeinem unerklärbaren Grund, eine angespannte Atmosphäre über uns allen. Gegen Mittag machten wir Rast in Ehria. In diesem kleinen Dorf suchten wir als erstes ein Gasthaus auf, um unser Mittagsmahl einzunehmen. In dem Gasthaus saßen einige Soldaten, die einen in Ketten gelegten Gefangenen unter dem Tisch hatten, welcher furchtbar am Wimmern war. Da Golgari auf der Plantage wohl keine Gelegenheit hatte sich auszutoben, wollte er das jetzt wohl nachholen. Er provozierte einen Streit mit den Soldaten und konnte sich so nun endlich wieder im Kampf beweisen. Es gelang ihm sogar, alle zu besiegen und den Gefangenen zu befreien. Dieser stellte sich als der oben bereits genannte Magier Padux heraus.

Meiner Meinung nach ist Padux nichts als ein Angeber, der sich durch sein Können in den Vordergrund spielen will. Aber Golgari hatte sich schon mit ihm angefreundet und war begeistert von seinen Zaubertricks. Also begleitet uns diese Landplage Padux seitdem.

Bevor wir jedoch wieder aufbrachen, entfachte plötzlich ein Streit mit Sheerana. Es ging hauptsächlich nur um Banalitäten, zum Beispiel darum, dass sie uns ständig um Geld anbettelte, obwohl sie immer stets betonte, dass sie ganz auf materielle Dinge verzichten könnte. Es ist zwar genug Geld da, aber wir wollten wir ihr eine Lektion erteilen und sagten, dass wir ihr in Zukunft nicht ein Kupferstück mehr geben werden, da sie uns in Askalon nicht geholfen hatte.

Das war eigentlich nicht wirklich ernst gemeint, aber unser wütender Windling verschwand heimlich mit unseren Pferden. Wir dachten, dass sie sich aus Scham versteckt, wunderten uns später aber, als sie lange fort blieb. Zum Glück gelang es uns dann Sheerana wiederzufinden. Sie blieb jedoch starrköpfig und wollte unsere Pferde nicht mehr herausgeben. Schließlich trieb sie es so weit, dass Padux eingriff und sie mit einem Zauber an einen Baum fesselte. Doch selbst das brachte ihr unverschämtes Mundwerk nicht zum Stillstand und sie beschimpfte uns immer weiter. Wir beschlossen, sie dort einfach hängen zu lassen. Natürlich wollten wir nachher wiederkommen, um sie zu befreien, aber zuerst sollte sie einmal gründlich über ihr Benehmen nachdenken. Wir besuchten also im nächsten Ort das Gasthaus und bestellten uns einen Wein. Später gingen wir zu dem Baum zurück, um Sheerana wieder zu befreien. Doch sie war weg! Wir suchten hinter jedem Strauch nach ihr, bis unsere Aufmerksamkeit auf den großen Fluss in der Nähe fiel. Kann es wohl sein, dass sie in ihrem Zorn vielleicht eine Dummheit begangen hat oder ihrem Leben sogar durch das Wasser selbst ein Ende bereitet hat? Selbst wenn sie versucht hätte, den Fluss zu überfliegen, wäre es unwahrscheinlich, dass sie es geschafft hätte, da die Entfernung zum anderen Ufer sehr weit ist. Aber in die andere Richtung konnte sie auch nicht geflogen sein, da auf unserer Seite des Flusses nur noch Steppe liegt. Alles deutete daraufhin, dass sie irgendeinen Unfall am Fluss gehabt haben musste, doch wir wollen sicher sein. Padux sagte, dass, wenn sie wirklich im Fluss ertrunken ist, ihre Leiche wahrscheinlich bald in Fallam angespült wird.

Arme Sheerana! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich vielleicht nicht ganz so hart mit ihr umgesprungen. Ich wünschte ich würde morgen aufwachen und sie wäre einfach wieder da. Es ist ja so schrecklich...

29. Galoar

Ich sitze gerade in einem unterirdischen Versteck unter der Stadt Fallam, da wir auf der Flucht vor den Stadtwachen sind. Das alles ist eine so verwirrende Geschichte, dass ich hoffe, dass ich sie noch halbwegs richtig mitteilen kann.

Gestern morgen brachen Golgari und ich mit dem „großen“ Padux auf, um nach Fallam zu gelangen und dort weiter nach Sheerana zu suchen. Zur Mittagszeit erreichten wir die Stadt, welche wirklich gar nichts Einladendes an sich hatte. Sie war stark befestigt und überall wo man hinsah wimmelte es von Stadtwachen. Zusätzlich zierten einige gepfählte und halb verweste Leichen das Bild der Straßen. Die Soldaten von Fallam waren die gleichen wie die, die Padux gefangen genommen hatten. Also waren er und - nach Golgaris heldenhafter Befreiungstat - auch wir bestimmt keine willkommenen Gäste in der Stadt. Zumindest, wenn sie uns wiedererkennen würden. Aus diesem Grunde schlug Padux vor, dass er uns unsichtbar machen könnte. Da wir nicht viel zu verlieren hatten, stimmten wir seinem Vorschlag zu. Es gelang uns sogar ungehindert an den Wachen vorbei in die Stadt zu gelangen. Doch drinnen war Padux plötzlich verschwunden. Golgari und ich beschlossen, alleine nach den Abwassersystemen zu suchen und gingen in Richtung Hafen. Nebenbei suchten wir nach Padux, doch er war unauffindbar. Wir wussten nicht einmal, ob wir noch immer unsichtbar waren, denn dass der Zauber schon aufgehört hatte merkten wir erst, als wir von einigen Stadtwachen aufgehalten wurden. Diese hatten uns wiedererkannt und forderten uns auf, sie zu begleiten. Da wir uns nicht verhaften lassen wollten, flohen wir die nächste Gasse hinunter. Zu unserem Pech liefen wir dort direkt in die Arme von noch mehr Wachen, die schon auf uns warteten. Wir wussten jetzt einfach nicht mehr wohin wir fliehen sollten und letztendlich wurden wir dann doch verhaftet.

Sie warfen uns in ein dunkles, modriges Gefängnis. Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals so einen Ort betreten würde. Ich schrie die halbe Nacht nach den Wachen, doch niemand kam. Gegen Mitternacht wurde unsere Zelle geöffnet, doch nicht um uns heraus zu lassen, sondern um einen neuen Gefangenen zu uns zu sperren. Es war Padux! Er wurde mit Armen und Beinen an die Wand gekettet, bevor die lachenden Soldaten wieder verschwanden. Ich war nicht gerade erfreut ihn wiederzusehen, da er schließlich an diesem ganzen Schlamassel schuld war. Als ich schon fast in einer Ecke der Zelle eingeschlummert war, hörten wir vor unserem vergitterten Fenster plötzlich ganz leise Schritte. Ich konnte nicht glauben, wer dort vor dem Gefängnis stand.

Es war Sheerana!

Ich glaube, ich war noch nie so froh sie zu sehen, wie in diesem Augenblick. Anscheinend hatte sie uns schon halbwegs verziehen und sagte, dass sie versuchen würde, uns zu befreien. Wir konnten uns nicht vorstellen, wie sie das schaffen sollte, aber schließlich war sie unsere einzige Hoffnung. Wir saßen noch eine ganze Zeit lang in der Zelle, bis wir plötzlich ein Geräusch an der Tür hörten, welche sich dann unverhofft öffnete. Sie hatte es tatsächlich geschafft! Natürlich lief ich sofort zum Ausgang nach draußen, als ich hinter mir einen erneuten Streit wahrnahm. Golgari wollte gerade Padux die Ketten abnehmen, als Sheerana dazwischen ging. Ihr Zorn auf den Magier war immer noch groß und sie sagte, dass sie hierbleiben würde, wenn wir Padux mitnehmen würden. Sie zwang uns also, sich zwischen ihr und Padux zu entscheiden.

Meiner Meinung nach war dies der falsche Zeitpunkt für derartige Auseinandersetzungen, da ich schleunigst aus dem Verlies heraus wollte. Aber Golgari bestand darauf, dass wir den Magier mitnehmen. Das konnte ich nun wirklich nicht nachvollziehen, da ich keine Skrupel gehabt hätte, ihn hierzulassen. Sheerana und Golgari stritten nun weiter, während ich versuchte, einen Weg nach draußen zu finden. Es führte eine Treppe nach oben und durch eine Tür konnte ich beobachten, wie immer mehr Wachen sich vor dem Hauptausgang sammelten. Alleine sollte ich hier wohl nicht herauskommen. Ich ging schließlich wieder nach unten, wo sich die zwei Streithähne immer noch befanden. Ich versuchte beide zur Vernunft zu bringen, aber niemand hörte mir zu. Keiner war bereit einen Kompromiss einzugehen, weshalb ich dann die anderen Gefangenen befreite, in der Hoffnung, dass sie die Wachen von uns ablenken. Das verschaffte uns ein bisschen Zeit, doch es kamen immer mehr Wachen. Der einzige, der helfen konnte, war Golgari, doch der weigerte sich immer noch, ohne Padux das Gefängnis zu verlassen. Genauso wie Sheerana sich sträubte, es mit ihm zu verlassen. Sie waren schlimmer als zwei sture Kinder und riskierten unser Leben durch ihren albernen Streit.

Panisch lief ich durch die Gegend und gab schon fast die Hoffnung auf, dass wir hier jemals wieder weg kommen würden. Dabei bekam ich noch nicht einmal mit, daß Sheerana inzwischen mit Padux redete. Ich hörte nur, dass seine Ketten gelöst wurden und alle drei nach oben liefen. Endlich hatten sie sich wohl irgendwie geeinigt. Es gelang uns schließlich mit einigen Schwierigkeiten aus dem Gefängnis zu entkommen. Padux führte uns zu einem Fischer, mit welchem er wohl bekannt war und dort konnten wir uns vorerst verstecken. Der Fischer besitzt unter seinem Haus ein Versteck, in dem wir uns nun befinden.

Ich weiß immer noch nicht, was mit Sheerana geschehen ist, oder wie sie nach Fallam kam. Ich bin nur froh, dass sie lebt und werde mich morgen nach ihrer Geschichte erkundigen, da ich jetzt dazu zu müde bin. Doch was mir gerade eigentlich erst richtig bewusst wird ist, dass sie anscheinend nicht mehr fliegen kann. Außerdem verstehe ich auch nicht Golgaris übermäßiges Interesse an diesem Aufschneider Padux. Ich fand es schon sehr verwunderlich, dass er so eisern darauf bestand, ihn mitzunehmen. Was will er von diesem aufgeblasenen Scharlatan?

Morgen wird der Fischer uns auf die andere Seite des Flusses bringen, wo wir dann vor den Stadtwachen in Sicherheit sind. Ich bete dafür, dass das alles gut verlaufen wird.

30. Galoar

Endlich weiß ich was mit Sheerana geschehen ist. Heute morgen erzählte sie uns ihre Geschichte.

Nachdem sie sich von dem Zauber selbst befreit hatte, war sie noch so wütend auf uns, dass sie beschloss, auf der anderen Seite des Flusses im Dschungel weiterzureisen. Ohne wirklich darüber nachzudenken, begann sie mit der Überquerung, welche eine ganz schön weite Strecke darstellt. Noch bevor sie das andere Ufer erreicht hatte, verließen sie ihre Kräfte. Sie stürzte in das Wasser, doch zum Glück wurde sie von einem Fischer gerettet. Dieser stammte aus Fallam und nahm sie mit zu sich nach Hause. Der Fischer konnte sie zwar vor dem Ertrinken retten, aber ihre Flügel waren nass geworden, was für einen Windling bedeutet, dass er auf das Fliegen für einige Zeit verzichten muss. Vielleicht ist das ja die Strafe für ihr unausstehliches Verhalten gewesen. Trotz allem bin ich froh, dass sie zurück ist.

Unsere Überfahrt verlief bestens und wir wurden am anderen Ufer abgesetzt. Padux begleitete uns nicht, da dieser Sheerana hoch und heilig versprechen musste, dass sich ihre Wege nie wieder kreuzen werden. Am anderen Ufer erwarteten uns schon unsere Pferde und wir setzten den Weg in Richtung Trosk fort. Kurz bevor wir gegen Mittag ein Dorf erreichten, wurden wir von Räubern überfallen. Es waren mindestens sieben oder acht und sie waren mit Armbrüsten bewaffnet. Da sie zu Fuß waren, versuchte Golgari sie umzureiten, wurde dabei jedoch von einer Armbrust getroffen. Mir erging es nicht viel besser, da es einem der Diebe gelang, mich vom Pferd zu stoßen. Doch bevor sie auf mich losgehen konnten, zog Golgari mich mit auf sein Pferd und es gelang uns zu entkommen. Sogar mein Pferd und mein Gepäck konnten wir noch vor diesen dreisten Gaunern retten.

Mit letzter Kraft kamen wir in dieses kleine Dorf. Die Bewohner waren recht freundliche Leute und halfen uns, Golgari in das Wirtshaus zu tragen, damit ich mir seine Verletzung genauer ansehen konnte. Es ist wirklich eine große Wunde, aber ich habe ihm einen Verband mit heilenden Kräutern angelegt, was seinen Zustand schnell verbessern wird. Ich selber habe übrigens auch eine unangenehme Verletzung davongetragen. Seit dem Sturz vom Pferd leide ich unter Schmerzen, wenn ich meinen Knöchel bewege. Leider kann ich dagegen gar nichts unternehmen, doch hoffe ich, dass er so schnell wie möglich wieder heilt. Heute Nacht werden wir hier bleiben und uns auskurieren. Der Ort hier heißt Jenin und die Dorfbewohner haben wohl schon lange mit den Räubern, die uns überfallen haben, zu kämpfen. Das erzählte mir der Gastwirt, bevor ich mich auf mein Zimmer begab.

Ich werde jetzt versuchen zu schlafen, wenn es mir mein schmerzender Fuß überhaupt erlauben wird.

Floar (348 i.J.P.)

1. Floar

Heute morgen waren wir alle froh, dass es Golgari schon wieder so gut ging. Trotzdem beschlossen wir, den Tag noch hier zu verweilen, um uns einfach ein bisschen auszuruhen. Außerdem schmerzt mein Knöchel immer noch, aber Sheerana konnte mir glücklicherweise einen Gehstock besorgen. Beim Frühstück erzählte uns der Wirt, dass die Stadt noch ein weiteres Problem außer den Räubern hätte. Auf dem alten Friedhof des Dorfes würden ab und zu einige Frauen des Dorfes tot aufgefunden werden, doch keiner wüsste, wer ihnen das angetan haben könnte. Nachts werden hier deshalb immer alle Fenster und Türen verriegelt und keiner traut sich mehr nach Anbruch der Dämmerung aus dem Dorf. Es gab jedoch einen Helden, der sich traute, der Sache auf den Grund zu gehen. Dieser nannte sich Aenas. Vor einigen Monaten sprach er davon, dass er jetzt wüsste, von wo das Böse auf dem Friedhof ausgehen würde und er es besiegen gehen werde. Leider kam Aenas nie wieder zurück und es verschwanden weiterhin Frauen in Jenin.

Diese Geschichte hatte unsere Neugier geweckt. Heute Nachmittag sahen wir uns deshalb auf dem Friedhof um, doch entdeckten wir nichts Außergewöhnliches zwischen den Gräbern und Grüften. Schließlich gingen wir dann nach Jenin zurück und genossen einfach noch den Rest des Tages. Da wir jedoch wissen wollten, welches Geheimnis auf den Friedhof verborgen liegt, überredeten wir Sheerana, dass sie sich heute Nacht einen Baum in der Nähe des Friedhofes suchen sollte. Sie sollte die ganze Sache einmal bei Nacht betrachten und uns holen, sobald sie etwas Ungewöhnliches registrieren würde. Da es Golgari zwar schon besser, aber immer noch nicht richtig gut geht, hat er sich eben bereits schon schlafen gelegt. Ich sitze hier am offenen Fenster und beobachte die Straßen des Dorfes. Tatsächlich haben sich alle Bewohner nach Einbruch der Dunkelheit in ihren Häusern verbarrikadiert. Mein Fenster ist hier weit und breit das Einzige, welches offen steht. Alles ist still draußen und man könnte fast annehmen, dass dieses Dorf bei Nacht überhaupt nicht bewohnt sei. Die Leute müssen wirklich schreckliche Angst vor irgendetwas haben.

2. Floar

Heute habe ich zusammen mit Sheerana wohl die mutigste Tat meines Lebens vollbracht. Gestern Nacht entdeckte sie nämlich wirklich noch etwas Eigenartiges auf dem Friedhof. Sie weckte uns und erzählte von einer lebenden Leiche, welche in der Nähe des Friedhofs spazieren geht. Wir ließen uns von ihr zu dieser Stelle führen und trafen tatsächlich auf einen alten, vertrockneten Kadaver, den Golgari sofort angriff. Da es aber so aussah, als ob er keine große Chance gegen dieses Ding hätte, holten Sheerana und ich die Stadtwachen zur Hilfe. Wir liefen so schnell wir konnten zurück zu Golgari, der sein Problem inzwischen schon selbst erledigt hatte. Er hatte unseren toten Spaziergänger bereits in Stücke gehackt. Die Stadtwache verabschiedete sich daraufhin schnell wieder und war wohl froh, dass sie nicht mehr einzuschreiten brauchte. Wir wollten nun auch sehen, ob sich auf dem Friedhof etwas verändert hatte. Und das hatte es sich sogar. Bei einer Gruft, die tagsüber so erschien, als ob sie gar keinen Eingang besäße, war jetzt eine Tür geöffnet, die von zwei Skeletten bewacht wurde. Golgari gelang es durch einen gezielten Kopfschuss mit seiner Armbrust, eines der Skelette zu vernichten. Das andere lief jedoch in die Gruft hinunter, wobei sich der Eingang hinter ihm schloss. Wir gingen zu der Stelle, wo der Gang in die Gruft geführt hatte und suchten nach einer Möglichkeit, diesen wieder zu öffnen. Durch Zufall entdeckte ich, dass es in einer Steinverzierung Punkte gab, die man ein Stück hinein drücken konnte. Als wir das dann mit sämtlichen Stellen probiert hatten, öffnete sich die Tür nach unten wieder. Golgari wollte sofort hinuntersteigen, aber mit meinem verletzten Fuß traute ich mich nicht ihn zu begleiten. Auch Sheerana verließ der Mut.

Wir warteten vor der Gruft, bis schließlich die Sonne aufging. Endlich kam Golgari aus der Gruft zurück, welcher so grauenhaft verwundet war, dass wir uns richtig vor ihm erschreckten. Wir brachten ihn zurück ins Dorf und er ließ sich den ganzen Weg darüber aus, wie feige und nutzlos wir doch manchmal wären. Wir verziehen ihm diese fiesen Anschuldigungen, da wir sie auf seine schweren Verletzungen zurückführten.

Golgari braucht nun wirklich Ruhe und nachdem ich ihn verarztet hatte, fiel er sofort in einen tiefen Schlaf. Ich sprach mit Sheerana nochmals über das, was Golgari uns vorgeworfen hatte. Wir wollten ihm beweisen, dass wir genauso mutig sind wie er. Also beschlossen wir alleine in die Gruft hinabzusteigen, um zu sehen, was sich dort befindet. Doch vorher wollten wir uns bewaffnen.

In den Straßen von Jenin fanden wir einen Laden, der landwirtschaftliche Geräte führt. Dort kaufte ich für mich eine Forke und für Sheerana eine kleine Schaufel. Diese sollten als provisorische Waffen genügen. Bei der Gruft angekommen öffneten wir erneut den Eingang und sammelten unseren ganzen Mut. Das war zwar nicht so viel, aber es reichte, um uns den Gang nach unten zu ermöglichen. Eine Treppe führte hinab in einen größeren Raum. Wir fanden noch Kampfspuren und einige zerstörte Skelette, welche von Golgari hinterlassen wurden. Wir sahen uns zuerst etwas um, bis wir uns trauten eine der Türen dieses Raumes zu öffnen. Gespannt warteten wir also auf das, was sich dahinter befindet und sahen uns schließlich einem Skelett gegenüber. Wir bekamen einen riesigen Schreck und wären fast wieder geflohen, doch das wäre Golgaris Bestätigung gewesen, dass wir wirklich feige sind. Statt dessen schloss ich meine Augen und rannte mit meiner Forke frontal auf das Skelett zu. Ich weiß nicht wie es mir glücken konnte, aber es gelang mir, das Skelett an die Wand zu rammen, so dass es letztendlich in seine Einzelteile zerbrach. Sheerana und ich waren selbstverständlich über unseren Sieg am triumphieren und öffneten todesmutig die nächste Tür. Diesmal hatten wir allerdings weniger Glück. Es befanden sich ungefähr neun seltsame Strohwesen in dem Raum, die wie zum Leben erwachte Vogelscheuchen aussahen. Sie kamen nach und nach aus dem Zimmer heraus und während wir uns mit unseren Waffen gegen sie verteidigten, gelang es ihnen, uns den Weg nach oben zu versperren. Eine der Vogelscheuchen hatte durch unsere Fackel Feuer gefangen, wodurch ich beobachten konnte, dass dieses nun langsam ihren Arm verzehrte. Ich wusste nun, dass Feuer sie wohl vernichten kann, eine kleine Flamme sie allerdings nicht weiter stört. Sie kamen nun immer näher und es gab keinen Ausweg mehr vor ihnen. Auch wenn der Rauch uns vielleicht ersticken könnte, begann ich die Gegner mit meiner Magie in Brand zustecken und wir versteckten uns in einem Raum, der noch eine Tür besaß. Wir warteten nun eine Zeit lang und langsam stieg der Rauch auch schon unter unserer Türschwelle her, so das wir nicht mehr genügend Luft zum Atmen hatten. Also öffneten wir sie wieder und draußen lagen nur noch einige Aschenüberreste von den Strohwesen. Wir beschlossen, zurück zum Gasthaus zu gehen und den ganzen Rückweg prahlten wir über unsere mutige Tat. Wenn das Golgari erfährt, wird er bestimmt nie wieder behaupten, dass wir unnütz seien. Allein die Tatsache, dass wir unsere Angst verjagten und uns alleine in diese dreckige Gruft trauten, ist unser Sieg.

Als wir zurück zum Gasthaus kamen, war Golgari noch immer in tiefen Schlaf gesunken. Ich versorgte noch einmal seine Verletzungen und beschloss dann zusammen mit Sheerana, dass wir den Bürgermeister aufsuchen wollten. Schließlich dachten wir, dass es ihn vielleicht interessieren würde, was sich nachts auf seinem Friedhof abspielt. Der Bürgermeister war nicht gerade überrascht über das, was wir ihm berichteten. Doch dass dieses ganze Übel von einer bestimmten Gruft ausgeht, war ihm neu. Er klang ziemlich verzweifelt und hatte sich anscheinend mit der Tatsache abgefunden, dass es keine Rettung für sein Dorf gibt. Indirekt bat er uns aber darum, ihnen zu helfen.

Wir verabschiedeten uns von dem Bürgermeister und beschlossen uns schlafen zu legen, da dieser Tag anstrengend genug war.

4. Floar

Wir haben das Rätsel des Friedhofs halbwegs lösen können. Die Gefahr für die Dorfbewohner ist zwar vorüber, doch hätte ich gerne mehr über die Geschehnisse in der Gruft erfahren. Das Dorf gibt uns zu Ehren heute sogar ein großes Fest.

Gestern morgen ging es Golgari wieder unerwartet gut und er fühlte sich fähig, um noch mal in die Gruft hinunterzusteigen. Wir hatten ihm bis jetzt noch nichts von unserer waghalsigen Tat erzählt, da wir damit bis in der Gruft warten wollten. Schließlich liegen dort die Beweise dafür. Golgari wunderte sich bloß, als wir uns wieder mit Forke und Schaufel bewaffnet hatten und mutig vorangingen. Unten in der Gruft staunte er nicht schlecht, als er sah, wie viel Vorarbeit wir geleistet hatten und endlich bekamen wir etwas Anerkennung von ihm. Wir begannen nun die anderen Räume zu durchsuchen, fest entschlossen, den Kern des Ganzen zu finden.

Was dann folgte, war ein großes Zerstückeln von Skeletten, Zombies und Ghulen, was hauptsächlich von Golgari ausging. Nur gegen diese Strohmenschen wäre er ohne mich machtlos gewesen. Jedes Mal, wenn wir auf sie trafen, musste ich mich anstrengen, sie schneller oder ganz verbrennen zu lassen. In den Katakomben der Gruft stießen wir auf einen Raum, der ein großes Loch in seinem Boden hatte. Als wir dieses hinab stiegen, fanden wir unten einen toten Mann. Der Beschreibung nach passte dieser ganz auf Aenas und jetzt wissen wir auch den Grund, warum er nie wieder in Jenin gesehen wurde. Der Bürgermeister hatte uns von einer großen Silbersumme erzählt, die Aenas als Dank von der Stadt erhalten habe, kurz bevor er auszog um den Geschehnissen auf den Friedhof ein Ende zu bereiten. Er hatte das besagte Geld noch immer bei sich und da ich mir sicher war, dass er und der Bürgermeister nichts dagegen hätten, nahm ich es an mich. In dem Loch machten wir noch eine andere interessante Entdeckung. Unter einem Stein fanden wir einen Spalt, der uns einen Einblick in einen tiefer gelegenen Raum gab. Es befanden sich dort Unmengen von Skeletten, Vogelscheuchen und anderen Schreckensgestalten. Auf einem Thron saß eine Mumie, die eine Krone und Schmuck trug. Es gelang mir von oben bereits einige Gegner durch Feuer außer Gefecht zu setzen. Wir schlugen uns dann weiter nach unten durch, bis wir den Raum, den wir durch das Loch sehen konnten, erreichten. Es existierten nur noch einige Skelette, denen mein Feuer nichts anhaben konnte und die Mumie taumelte brennend durch die Gegend. Es war für Golgari jetzt fast schon leicht, diese auch noch zu vernichten. Golgari nahm die Schätze der Mumie an sich und ging zu einem Schrein der Garlen, welcher sich auch in der Gruft befand. Dort hatte er zuvor erfolgreich um seine Genesung gebeten und er legte jetzt die Krone der Mumie in eine Opferschale. Ich war so versessen auf diese Krone, dass ich sie kurzerhand wieder aus der Schale entfernte, um sie mitzunehmen. Doch das erwies sich als großer Fehler, da ich als Strafe für meine Gier in Sekundenschnelle anfing zu altern. Als ich dies bemerkte legte ich die Krone auf der Stelle zurück und Garlen war so gnädig, dass sie mir mein altes Erscheinungsbild zurück gab.

Als wir wieder nach Jenin kamen, gingen wir zum Bürgermeister, um ihm die guten Neuigkeiten zu verkünden. Er war hoch erfreut und bedankte sich unaufhörlich bei uns. Durch ihn erfuhren wir dann auch endlich einige Informationen über die Gruft und den Mann, der dort begraben liegt. Es handelte sich wohl um einen Adligen, der in einer nahen Ruinenstadt einst herrschte. Dass er ein leidenschaftlicher Jäger war, schlossen wir bereits durch seine Grabzeichnungen. Mehr konnten wir leider nicht erfahren. Wir gingen schließlich ins Gasthaus zurück und wollten unsere Tat ein wenig feiern. Zu diesem Anlass besorgte uns der Wirt noch einige Portionen Weißwasser von einem Händler und schickte uns zur Unterhaltung noch den Sohn des Bäckers vorbei, der uns den Abend mit einigen Liedern verschönte. Irgendwann hatten wir alle soviel Weißwasser getrunken, dass ich nicht mal mehr weiß, wie ich heute Nacht zu Bett gelangt bin. Ich kann mich nur noch an einen seltsamen Traum erinnern, dass ich aufwachte und im Bett neben Golgari lag. Zum Glück ist das nicht in Wirklichkeit geschehen.

Gleich werde ich noch einen Händler aufsuchen, wo ich vielleicht ein neues Kleid für heute Abend erwerben kann. Schließlich will ich mich auf keinem Fest mit meinen inzwischen mehrmals geflickten Kleidern sehen lassen. Vor allem nicht, wenn die Feierlichkeit für uns veranstaltet wird.

5. Floar

Noch immer befinden wir uns in Jenin. Das Fest gestern Abend könnte man wohl eher als ein bäuerliches Saufgelage bezeichnen, aber wir alle hatten sehr viel Spass an diesem Abend. Da ich inzwischen eine große Vorliebe für das köstliche Weißwasser und seine Wirkung entwickelt habe, ließ ich mir von unserem Gastwirt noch einen kleinen Vorrat besorgen. Bevor wir abends auf das Fest gingen, zauberte ich für Sheerana aus Stoffresten noch ein winziges Kleidchen und machte ihr eine aufwendige Hochsteckfrisur mit welcher sie richtig hübsch aussah. Mitten in der Feier kam es jedoch auch zu einem Vorfall, der mir weniger gefiel. Der Bürgermeister lobte uns den ganzen Abend in den Himmel und die Dorfbewohner behandelten uns wie Helden. Das war anfänglich noch ganz amüsant, doch wurde es mit der Zeit immer lächerlicher. Aus Höflichkeit ließ ich aber alles über mich ergehen und blieb immer freundlich zu allen Leuten. Golgari hingegen war durch den Rummel, der um seine Person veranstaltet wurde, wie im Freudenrausch. Er war so stolz auf sich und seinen neuen Ruf als Held. Dadurch gelang es dem Bürgermeister wohl auch ihn zu überreden, dass wir Jenin auch noch das Problem mit den Räubern vom Hals schaffen werden.

Ich war außer mir, zumal ich davon ausging, dass wir unseren Weg nach Trosk endlich fortsetzen könnten. Außerdem wollte ich nicht noch mehr Risiken eingehen, da wir alle noch verletzt waren. Ich werde das Geschehen aus sicherer Entfernung betrachten und nur im Notfall eingreifen, schließlich will ich ja auch nicht, dass Golgari oder Sheerana etwas zustößt. Gleich will er mit allen Männern von Jenin aufbrechen und das Versteck der Räuber suchen.

6. Floar

Endlich haben wir es geschafft Jenin zu verlassen. Ich konnte es kaum glauben, aber nachdem die Angelegenheit mit den Räubern erledigt war, konnten wir unseren Weg nach Trosk fortsetzen. Man sagte uns, dass wir schon in wenigen Tagesreisen unser Ziel erreichen könnten.

Wie vereinbart traf sich die Dorfbevölkerung gegen Mittag mit Golgari, vor unserer Gaststätte. Es erschienen tatsächlich alle Männer des Dorfes, welche in der Lage waren, sich zu verteidigen. Sie wählten Golgari zu ihrem Anführer und warteten auf seine Anweisungen. Man merkte, dass dies eine ungewohnte Situation für Golgari war, doch schaffte er es, das Versteck der Räuber mit Hilfe eines kleinen Jungen ausfindig zu machen. Ich begleitete alle, hielt mich jedoch sehr dezent im Hintergrund. Als wir dann das Versteck erreichten, teilte Golgari uns seinen Plan mit. Dabei hatte er mich schon mit eingerechnet und schließlich konnten sie mich dann doch dazu überreden ihnen zu helfen.

Das Räuberversteck war mitten im Wald gelegen und bestand aus drei Häusern. Wir teilten uns ebenfalls in drei Gruppen auf, in denen jeweils Golgari, Sheerana oder ich die Führung übernehmen sollten. Ich kam mir dabei ziemlich fehl am Platz vor, da ich wirklich keine Ahnung davon habe, wie man ein Haus einnehmen kann. Also beschloss ich, es mit einem Trick zu versuchen.

Mir waren vier bewaffnete Dorfbewohner zugeteilt. Wie wir zuvor von Sheerana erfahren hatten, befand sich nur ein erkennbarer Dieb in dem Haus, welches wir uns vornehmen sollten. Also postierte ich meine „Soldaten“ rechts und links vor der Eingangstür und klopfte an. Der Dieb öffnete schließlich und fragte, was denn los wäre. Ich versuchte so verzweifelt wie möglich zu wirken und flehte ihn an mir zu helfen, da ich einen Unfall mit meinem Pferd gehabt hätte. Jenes würde jetzt verletzt auf dem Weg in der Nähe liegen. Anscheinend war er darauf reingefallen, da er sagte, dass er mitkäme und nach dem Pferd sähe. Kurz nachdem er aus der Tür trat, erwarteten ihn schon die Dörfler, die den überraschten Räuber mit ihren Knüppeln zusammenschlugen. Anscheinend waren die anderen auch erfolgreich gewesen. Alle Diebe waren besiegt, doch da rief mir ein Dorfbewohner zu, dass Golgari schwer verwundet sei. Sofort lief ich zu ihm hin und fand ihn schon ohnmächtig vor. Er hatte den Bolzen einer Armbrust in den Oberkörper bekommen. In seiner Unwissenheit hatte er diesen einfach herausgerissen, was natürlich das Falscheste war, was er hatte machen können. Nun war er am Verbluten und es war schwer, die Verletzung abzubinden. Mit großer Mühe gelang es uns, Golgari wieder nach Jenin zu bringen, wo ich ihn weiter versorgen konnte.

Nachdem ich alles für ihn getan hatte, zog ich mich auf mein Zimmer zurück. Bei Golgaris Zustand würde es uns unmöglich sein, am nächsten Tag diesen Ort zu verlassen. Doch damit wollte ich mich nicht zufrieden geben. Da fiel mir wieder der Heiltrank ein, den ich von zu Hause mitgenommen hatte. Ohne großartig zu überlegen, flößte ich diesen dem immer noch bewusstlosen Golgari ein. Wie erwartet war seine Wunde heute Morgen verheilt und endlich konnten wir weiterreisen. Die Dorfbewohner versammelten sich alle, um uns zu verabschieden. Manche bettelten uns sogar an hierzubleiben, was natürlich überhaupt nicht in Frage kam. Abends erreichten wir dann das Dorf Tafilah und mieteten uns ein Zimmer.

7. Floar

Heute sind wir bis nach Ramallah gekommen. Dies ist eine größere Handelsstadt, in welcher man so einiges erwerben kann. Ich habe mir bereits zwei silberne Haarspangen gekauft und Golgari eine neue Scheide für sein Schwert. Sheerana hat sich heute Abend wieder Arbeit in einer Kneipe besorgt und diesmal klappte ihr Tanz auch ganz gut. Zum Glück hatte sie vorher geübt. Aus der Gruft in Jenin hatten wir noch die Rüstung und das Schwert von dem Helden Aenas mitgenommen. Da jene anscheinend magische Gegenstände sind, versucht Golgari im Moment Zugang zu diesen zu erhalten, um ihre Magie nutzen zu können. Zu diesem Zweck muss er einige Informationen über die Waffen erfahren und verbrachte den heutigen Tag deswegen in der Bibliothek. Währenddessen versuchte ich, Sheerana das Lesen beizubringen. Es war ein starkes Stück Arbeit, aber zumindest kennt sie jetzt schon ein paar Wörter. Den restlichen Tag verbrachten wir einfach auf dem Marktplatz und besahen die Stände. Es ist jetzt schon spät am Abend und erst eben haben wir uns in dieser Gaststätte einquartiert.

8. Floar

Golgari und ich befinden uns in einem kleinen Dorf namens Bat Yam. Wie wir hier ohne Sheerana hingekommen sind, ist auch wieder eine merkwürdige Geschichte. Alles hat damit angefangen, dass wir auf dem Weg von einem Räuber überfallen wurden. Er stellte sich vor uns hin und verlangte unser Geld. Da er noch nicht einmal bewaffnet war, amüsierten wir uns bloß über ihn und wollten einfach weiterreisen. Plötzlich begann es jedoch überall im Gebüsch zu rascheln und der Dieb meinte, dass dies seine Freunde seien. Sheerana konnte seinen Schwindel jedoch durchschauen, da sich hinter den Büschen nur zwei Affen befanden, welche durch Stricke, an denen sie zogen, das gesamte Buschwerk bewegen konnten. Als der Dieb merkte, dass sein Trick aufgeflogen war, floh er in die Büsche. Golgari und Sheerana verfolgten ihn, um ihm zumindest noch eine Lektion zu erteilen. Ich wollte mich dafür nicht anstrengen und beschloss, auf die Pferde zu achten. Mehrere Stunden saß ich allein am Wegesrand, bis endlich Golgari wieder auftauchte. Er sagte, dass ich mitkommen solle und führte mich zu einer Erdhöhle. Als er dann erklärte, dass dort jemand wohnen würde, der uns zum Tee eingeladen hätte, war ich zuerst ziemlich stutzig. Trotzdem betrat ich die Höhle und erkannte sofort den Dieb wieder. Zu meinem Erstaunen entschuldigte sich dieser für sein Verhalten und bot mir ein Kissen als Sitzgelegenheit an. Wir verbrachten noch etwas Zeit dort, bis es schließlich anfing zu dämmern. Sheerana erklärte uns, dass sie die Nacht gerne bei diesem Dieb verbringen würde, da dieser ihr versprochen hatte, etwas Neues beizubringen. Ich beschloss dann mit Golgari zusammen, dass wir uns im nahe gelegenem Dorf ein Zimmer suchen werden. Es gab nur einen Gasthof, deren Wirt überrascht war, Gäste für die Nacht zu haben. Es gab auch nur ein Zimmer, welches ich mit Golgari teilen muß. Hier befinde ich mich nun und habe endlich Gelegenheit zum Schreiben. Morgen früh werden wir Sheerana abholen und dann unseren Weg fortsetzen.