Das Massaker von Lüderitz
Esgar von Kryllan möchte den Bericht als Mahnung verstanden wissen, dass man auch im Krieg nie sein Mitgefühl verlieren darf.
Am Tag des Angriffes auf die Stadt versteckte ich mich mit meiner Frau Holina und meinen zwei Kindern, dem 12jährigen Lugar und seiner 7jährigen Schwester Lioba in unserem Anwesen im Zentrum der Stadt. Wir hörten voller Angst die Luftangriffe und wie Explosionen von elementarem Feuer auf die Stadt herabregneten. Nach einer Weile wurden draußen die Luftschiffe ruhiger und meine Familie schöpfte Hoffnung.
Jedoch hörten wir dann plötzlich großes Geschrei von den Straßen und schließlich auch aus unseren Nachbarhäusern. Menschen riefen um Hilfe und plötzlich trat jemand bei uns die Tür ein. Unsere Leibwächter versuchten sich schützend zwischen meine Familie und die nun nahenden Angreifer zu stellen, wurden aber im Handumdrehen von den Eindringlingen abgeschlachtet. Zwei fremdländische Männer in schwarzen Uniformen kamen auf mich zu und ich wollte mich ihnen mit dem Schwert entgegenstellen. Sie waren jedoch bestens geschult und einer von ihnen entwaffnete mich problemlos. Er trat mich anschließend auf dem Boden solange brutal zusammen, bis ich mich vor Schmerzen krümmte und nicht mehr fähig war, Widerstand zu leisten. Der andere Eindringling hatte inzwischen meine Frau Holina an ihren kunstvoll hochgesteckten Haaren brutal aus der Ecke gezogen, in welche sie sich mit den Kindern gekauert hatte, und hielt ihr einen Dolch an die Kehle. Ich wurde unsanft wieder auf die Beine gezogen und dann wurde mir und meiner gesamten Familie in gebrochenem Barsavisch befohlen, mitzukommen.
Wir wurden auf dem großen Marktplatz von Loderis gebracht, wo bereits andere Familien des loderiser Adels zusammengepfercht und gefesselt auf dem Boden lagen und von einem thyrnischen Trupp mit Schwertern in Schach gehalten wurden. Meine Familie und ich wurden ebenfalls gewaltsam zu Boden gestoßen und gefesselt, wobei sich die kleine Lioba verletzte. Als sie laut weinte, wurde das arme Kind einfach geknebelt, wobei sie fast erstickte wäre.
Nach einiger Zeit lagen alle wichtigen Familien der Stadt bäuchlings in dieser demütigenden Haltung auf dem Boden des Marktplatzes und plötzlich sah ich, wie eine weitere Person hinzukam, bei der es sich offensichtlich um den Anführer der thyrnischen Truppe handelte. Er trug die berühmt berüchtigte Rüstung mit der Schädelmaske und alle auf dem Marktplatz verstummten bei seinem einschüchternden und furchterregenden Anblick. Uns war bewusst, dass wir es hier mit dem gnadenlosen Principus Mortis zu tun haben, und wir konnten bereits erahnen, was uns nun für ein Schicksal blühen würde. Seine Männer salutierten ihm diszipliniert zu und machten ihm gehorsam Platz. Principus Mortis näherte sich mit herrischen Schritten den gefesselten Familien und baute sich bedrohlich vor ihnen auf. Dann erhob er das Wort und begann seine Ansprache an den Adel der Stadt. Er drohte ihnen mit einer scharfen und gefühlskalten Stimme auf fließendem Barsavisch, dass ihnen allen ein unvorstellbares Leid bevorstehen würde, wenn sie sich weigern den Aufenthaltsort der Magier preiszugeben.
Um zu demonstrieren, dass er keine leeren Worte von sich gab, schnappte er sich nebenher den gefangenen Ratsherrn von Herdasch aus der Menge und bog diesem seinen gefesselten Arm so weit zurück, bis alle ein lautes Knacken hörten, als dessen Armknochen dabei brachen. Dann schmiss er den vor Schmerz schreienden Mann wieder achtlos und gleichgültig zur Seite und sagte, dass dies nur der erste Knochen ist, der heute gebrochen wird, falls niemand kooperiert. Er gab den Gefangen eine sehr kurze Bedenkzeit und nachdem alle Adeligen schwiegen, setzte er seine Drohungen umgehend in die Tat um. Unsere Beteuerungen, dass wir nichts über den Aufenthaltsort der Magier wüssten, wollte er nicht glauben. Also ließ er als nächstes seine Männer mit Peitschen auf die gefesselte Menge los und sie schlugen wahllos auf die Familien ein, wobei sie keine Rücksicht nahmen, ob sie auch Frauen und Kinder dabei trafen.
Nach erneutem Schweigen seiner Gefangenen befahl Principus Mortis seinen Männern, die Kinder von ihren Eltern zu trennen und sie als Gruppe zu ihm bringen zu lassen. Er sagte uns, dass es unsere Zungen vielleicht lösen würde, wenn wir Eltern sehen, welches Schicksal unsere Kinder erwartet. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er meinen Sohn Lugar zu sich aus der Gruppe der Kinder heran und hielt dessen rechte Hand demonstrativ hoch in die Luft. Principus Mortis blickte mit seiner starren Totenkopfmaske in meine Richtung und begann schweigend und ganz langsam Lugars zukünftige Schwerthand mit einer derartigen Kraft mit seiner eigenen, schwer gerüsteten Hand zu quetschen, dass alle Knochen darin zermahlen wurden. Bis heute kann Lugar seine Hand nicht mehr richtig bewegen und hat es nie geschafft, den Schwertkampf zu erlernen, was für einen adeligen Spross eine große Schande darstellt. Dann ließ Principus Mortis die verängstigten Kinder fortbringen, wobei sie von seinen Männern wie Vieh vor sich her gescheucht wurden.
Danach wandte sich Principus Mortis wieder den Eltern zu und ließ ein weiteres, beliebiges Ratsmitglied zu sich bringen, diesmal traf es Usgin von Marken. Der Mann wurde auf seinen Befehl durch zwei Männer entfesselt, der Oberkörper wurde entkleidet und dann wurde er von ihnen an den Armen festgehalten. Die Männer richteten ihren Gefangenen so aus, dass alle einen guten Blick auf seinen nackten Rücken erhielten. Dann schritt Principus Mortis auf den Mann zu und zog seinen Dolch. Er schnitt dann von Markens Rücken auf und trennte mit geübten Schnitten beidseitig die Rippen von der Wirbelsäule. Dabei ließ er sich extra viel Zeit und nahm sich Rippe für Rippe vor. Der noch lebende Ratsherr schrie dabei entsetzlich und versuchte sich erfolglos gegen das Martyrium zu wehren. Als Principus Mortis sein Werk vollendet hatte, befahl er einem weiteren seiner Männer, die abgetrennten Rippen seines Opfers, von innen nach außen zu klappen, so dass die Rippen wie Flügel zu den Seiten abstanden. Der arme Mann litt noch eine kurze Weile unvorstellbare Qualen, bis er schließlich unter Erstickungskrämpfen starb, da seine Lungen nach der Öffnung des Rückens zusammengefallen waren. Principus Mortis ließ den toten Mann dann wieder achtlos neben dessen entsetzt klagende Gattin werfen, die dabei zwangsläufig von dem Blut ihres eigenen Mannes übergossen wurde. Unser Entsetzen war unbeschreiblich und nachdem immer noch niemand redete, ließ Principus Mortis die Gefangenen in die Kerkerzellen ihrer eigenen Stadt sperren, wobei er die Männer von ihren Frauen trennte und sie separat einsperren ließ.
Diese Szene auf dem Marktplatz war aber nur ein Auftakt für das, was sich in den nächsten Tagen ereignen sollte. Principus Mortis führte noch etliche weitere Folterungen an den adeligen Herren durch und an jedem Tag, an dem er nicht erfuhr, was er hören wollte, ließ er ein weiteres Ratsmitglied auf dem Marktplatz grauenvoll hinrichten. Ich hatte Glück zu überleben, da beinahe der gesamte Adel der Stadt bei den Verhören ausgelöscht wurde. Jedoch kann ich bis heute nicht mehr laufen, da Principus Mortis Männer mir mehrmals die Beine brachen und mich mit Nägeln folterten. Die Verhöre wurden so lange fortgesetzt, bis auch Principus Mortis schließlich einsah, dass die Ratsmitglieder von Loderis im Unklaren über den Verbleib ihrer Magier waren. Wir Adeligen waren jedoch erst wieder außer Gefahr, als Principus Mortis die Stadt verließ und unter Insidiaes Befehl nach Süden reiste. Wäre er nicht abkommandiert worden, hätte nach meiner Einschätzung nicht ein einziges Ratsmitglied überlebt.
Die Stadt blieb anschließend in thyrnischer Hand, und die wenigen überlebenden Adeligen wurden wieder auf freien Fuß gesetzt. Fortan waren wir gezwungen, als Vasallenherrscher dem thyrnischen Imperium zu dienen. Jedoch konnten wir unsere Kinder und Frauen wieder in die Arme schließen, die glücklicherweise von Principus Mortis nur eingesperrt und nicht weiter geschädigt wurden. Trotzdem hinterließen die Folterungen große Spuren bei allen, sowohl am Körper wie in der Seele, und es verloren so viele Unschuldige ihr Leben, wie bei sonst keinem anderen Angriff der Thyrner.